Viele Banken suchen derzeit frische Ideen und neue Lösungen für digitale Finanzdienstleistungen. Im Vergleich mit anderen Wirtschaftsbereichen liegen die Geldhäuser zurück. Am Donnerstag, 11. September, findet in Luzern die dritte Swiss Digital Finance Conference statt. Dort trifft sich die Branche und tauscht sich über kommende Technologietrends aus. David Kauer ist bei Postfinance verantwortlich für digitale Geschäftsmodelle und tritt an der Digital Finance Conference in Luzern auf.

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Im Gegensatz zum Detailhandel, wo in den letzten Jahren viel in die Digitalisierung investiert wurde, scheint die Finanzbranche noch hinterher zu hinken. Weshalb?

David Kauer: Die Finanzbranche ist derzeit aufgrund der laufend steigenden regulatorischen Anforderungen und der Umsetzung von Infrastrukturvorhaben stark mit sich selbst beschäftigt. Einzelinteressen verlangsamen die Einführung multibankfähiger Lösungen und führen zu einer starken Fragmentierung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Im Gegensatz zu den neuen Mitbewerbern verfügen die Banken zudem über eine historisch gewachsene, kostenintensive Informatik-Infrastruktur.

Sie halten an der Digital Finance Conference einen Vortrag zum Thema Digitale Revolution. Was meinen Sie damit?
Technologische Entwicklungen haben dazu geführt, dass Unternehmen aus dem Nichts entstanden sind, mit Produkten, die vor kurzem noch gar nicht existierten. So genannte digitale Disruptoren integrieren heute Produkte in ihr Geschäftsmodell, die früher von anderen Unternehmen angeboten wurden. Dies hat die Branchen und Märkte komplett verändert und zu neuen Wettbewerbssituationen geführt. Es ist ein Wandel von einem klassischen, wenig online-affinen Kundenparadigma hin zu dem der Digital Natives festzustellen.

Was heisst das?
Die Generation der nach 1980 Geborenen betrachtet digitale Kanäle als integralen Lebensbestandteil. Sie fordern von den Unternehmen nicht nur eine digitale Präsenz, sondern auch bessere Erreichbarkeit sowie höhere Mobilität und Flexibilität in der Produktnutzung. Die neue digitale Kundengeneration erwartet von den Banken entsprechend eine medienbruchfreie und einheitliche User Experience sowie den Abbau von Authentifizierungshürden. Durch die Digitalisierung werden die Eintrittshürden zu neuen Geschäftsmodellen viel niedriger, was viele Innovationen und neue Start-ups hervorgebracht hat. Die digitalen Disruptoren verfügen nicht nur über die richtige Einstellung, sondern auch über die entsprechenden Tools. So verschmelzen heute in einem schier grenzenlosen Wachstum virtuelle mit realen Welten und es ist noch nicht absehbar, in welche Richtung die digitale Revolution führen wird.

Wo wird die Digitalisierung in der Finanzbranche nun Einzug halten oder wo hat sie es bereits getan?
Die Finanzbranche bietet ihren Kunden bereits seit geraumer Zeit digitale Zahlungslösungen wie E-Banking, E-Trading und Smartphone-Apps an. Dadurch können die Kunden ihre Finanzen rund um die Uhr selbstständig verwalten. PostFinance ist punkto Zahlungsverkehr eine Innovationsleaderin. Wir waren eine der ersten Banken mit E-Banking. Wir haben als erste das Zahlen mit dem Handy getestet und dabei wertvolle Erfahrungen gesammelt. Und wir haben als erste Geldüberweisungen von Konto zu Konto per SMS oder in der App lanciert.

Wie geht es weiter?
Potenzial sehen wir beispielsweise im Bereich der digitalen Güter. Wir sind zur Zeit das einzige Schweizer Finanzinstitut, bei dem die Kunden in der App und an den Postomaten digital Goods wie iTunes-Gutscheine, Sony-Playstation- und Microsoft-X-Box-Codes kaufen können. Dieses Angebot wollen wir in Zukunft weiter ausbauen.

Was ist die Motivation der Banken? Geht es darum Kunden zu halten oder neue Kunden anzuziehen?
Da kann ich nur für Postfinance sprechen. Wir sind die Nummer eins im Schweizer Zahlungsverkehr und wollen diese Position auch halten. Dafür müssen wir dem Umbruch im Zahlungsverkehr mit neuen Geschäftsmodellen aktiv begegnen und den Mitbewerbern mit Innovationen die Stirn bieten oder mit ihnen kooperieren.

In welchen Bereichen läuft derzeit viel?
Die digitale Revolution erfasst sämtliche Bereiche und Unternehmen. Nebst zahlungsbezogenen Initiativen beobachten wir Entwicklungen im Bereich der digitalen Treueprogramme und der digitalen Marktplätze. Die Macht der neuen Geschäftsmodelle liegt in der Wertschöpfung der Schlüsselpartner und im Wachstum entlang der Wertschöpfungskette.

Wo kann die Branche aufholen?
Banken verfügen über langjährige Finanzexpertise und hohes Kundenvertrauen. Die Kunden nutzen zwar Angebote von digitalen Disruptoren intensiv für «Nicht-Geldgeschäfte», vertrauen ihr Geld jedoch immer noch lieber einer etablierten Bank mit persönlichen Beratern vor Ort an. Dies gilt es zu nutzen.

Was unternimmt Postfinance konkret?
Wir werden unseren Privatkunden ab April 2015 im E-Finance gezielt vergünstigte Angebote von Drittanbietern aufschalten. Per Sommer 2015 planen wir die Einführung einer kontaktlosen Debitkarte. Ausserdem haben wir mit  Monexio eine Tochtergesellschaft gegründet, die Angebote im Bereich digitale Zahlungslösungen entwickeln und betreiben wird.