Manchmal ist Zugfahren schwer zu ertragen. Ein Baby schreit, der Gegenüber telefoniert lauthals und die Mitreisende eine Reihe weiter hinten hat die nervigen «Pings» ihrer Whatsupp-Konversation nicht leise gestellt. Kein Problem, dafür hat man ja theoretisch Kopfhörer, um sich in seine Lieblingsmusik einlullen zu lassen und die böse Welt auszublenden.

Aber: Der Akku ist leer, das iPhone muss erst mal aufgeladen werden. Bis zum iPhone 7 wäre das auch kein Problem gewesen: Kabel des Aufladeräts in die Steckdose und Kopfhörer in die Ohrmuschel - und los geht's. Aber jetzt? Fehlanzeige!

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Mit dem neuen Apple-Gerät kann man eben nicht nicht gleichzeitig Handy laden und Musik hören, denn Ladekabel und Kopfhörer haben denselben – und nur einen einzigen - Eingang. Also werden die Ohren erst mal eine ganze Zeit lang weiter mit dem Lärm der nervigen Mitreisenden beleidigt, bevor sie in David Bowies Stimme zu versinken. Wenn das Steve Jobs wüsste...

Firlefanz unwürdig für Apple

Warum Apple das so kompliziert macht, ist klar: Sie wollen für den Bluetooth-Kopfhörer «AirPods» für 179 Schweizer Franken verkaufen, mit dem beides gleichzeitig möglich ist. Wer das nicht ausgeben möchte, der muss für die guten alten Kopfhörer einen Miniadapter nutzen: Ein etwa fünf Zentimeter langes Kabel, das man immer mithaben muss, wenn man Musik hören möchte. Meistens ist dieser kleine Adapter nervigerweise nicht aufzufinden, wenn er dringend gebraucht wird.

Eigentlich ist solcher Firlefanz unwürdig für Apple. Zu Lebzeiten hat sich Steve Jobs schon über unpraktische Erfindungen der Konkurrenz wie den Stylus lustig gemacht «Nur über meine Leiche», sagte er 2007. «Man muss ihn rausholen, man muss ihn verstauen, man verliert ihn. Yuck. Niemand möchte einen Stylus». Wenige Jahre nach seinem Tod brachte Apple einen Stylus heraus. Was Steve Jobs heute von diesem kleinen Kabel zwischen Kopfhörern und iPhone gehalten hätte, ist nur Spekulation. Aber «yuck» wäre sicher eines der benutzten Vokabeln gewesen.


Warum kann Siri nicht zweisprachig?


Aber es gibt noch mehr Probleme: Siri beispielsweise ist gerade zur Winterzeit ein absolut hilfreicher Sprach-Assitent. Wer dick eingepackt mit Handschuhen und Winterjacke unterwegs ist, muss das Smartphone gar nicht nicht mehr aus der Tasche holen.

Das Problem geht los, wenn man das iPhone auch parallel beispielsweise auf Englisch und Deutsch nutzen will, weil aus beruflichen Gründen ein großer Teil der Kontakte englischsprachig sind, dazu kommen Twitter und US-Nachrichtenportale. Siri kann dann deutsche Nachrichten nicht verständlich vorlesen und macht dadurch den iPhone-Assistenten für die Hälfte der Kommunikation unbrauchbar. Ist bilinguale künstliche Intelligenz wirklich zu viel verlangt?

 

Dieses Mal enttäuscht Apple seine Fans. Unter Steve Jobs als Konzernchef war die Mission des Unternehmens noch «To make a contribution to the world by making tools for the mind that advance humankind.» Sein Motto: Die Produkte sollen einfach zu bedienen sein - Kinder sollten sie in Klassenzimmern benutzen können. Kein Stylus, keine unnötigen Extras, sondern eine Erweiterung der menschlichen Sinne und Fähigkeiten. Genau richtig für Leute, die von Technik nicht viel verstehen - sie aber trotzdem gerne nutzen.

ein Produkt ist natürlich perfekt - aber bewusst getroffene Fehl-Entscheidungen sind nervig. Es wirkt so, als ob Apple plötzlich die Handlichkeit seiner Produkte egal geworden wäre. Vielleicht sollte sich das Unternehmen wieder auf die Zeiten unter Jobs zurückbesinnen. Eingefleischte Fans wären jedenfalls glücklicher, wenn sie endlich wieder stundenlang Musik hören können, ohne vorher aufladen zu müssen.

Dieser Text erschien zuerst bei «Business Insider Deutschland» unter dem Titel «Ein Monat iPhone 7: Ganz ehrlich, Apple, wie scheiße bist du eigentlich?».