Das ist eine Erfolgsgeschichte: Interessante Produktideen, eine zeitgemässe Marketingstrategie, kreative Öffentlichkeitsarbeit und eine beispielgebende Qualitätsoffensive haben aus dem einstigen Mauerblümchen Zenith, dessen kostbarstes Gut bisher der 1969 lancierte El Primero-Chronograph war, einen Stern gemacht, der am Uhrenhimmel unaufhaltsam nach oben steigt. Nicht ohne Grund: Schliesslich trägt die 1865 vom damals 22-jährigen Georges Favre-Jacot gegründete Manufaktur der Haute Horlogerie einen Stern im Firmenlogo.

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Retrospektiv betrachtet bleibt lediglich die Feststellung, dass die Dixi-Gruppe als Ex-Eigentümerin ihre seit 1978 betriebene Uhrenaktivität eher als Cashcow denn als Marke mit Wachstumspotenzial betrachtet hatte. Geht man mit den Vorgängern ins Gericht, muss man gar behaupten, sie hätten die früher blühende Marke heruntergewirtschaftet. Das Management trug nicht viel dazu bei, diesen Zustand nachhaltig zu ändern. Man beliess es bei der Philosophie, «brave Uhren» mit gutem Manufakturwerk und wenig Sexappeal zu attraktiven Preisen anzubieten. Dieses Denken und Handeln bescherte Zenith eine vergleichsweise kleine, aber extrem eingefleischte Fangemeinde, die zum überwiegenden Teil aus maskulinen Mechanik-Freaks bestand. Beliefert wurden zudem Luxusmarken wie Rolex oder Panerai, der eigene Brand hingegen wurde mehr oder weniger vernachlässigt..

«Diamantenschleifer» Nataf in der Rolle als Geburtshelfer

Dann kam der Glücksmonat Oktober des Jahres 1999, der die Übernahme durch die börsenkotierte, französische Gruppe Louis Vuitton Moët Hennessy (LVHM) zu einem Schnäppchenpreis von schätzungsweise 75 Mio Fr. brachte und ab dem 11. Juni 2001 den studierten Telekom- sowie MBA-Ingenieur Thierry Nataf als neuen Chef. Der konstatierte spontan ein gerüttelt Mass an Sanierungs-, Erweiterungs- und Innovationsbedarf. Seiner Meinung nach wurde Zenith übrigens nicht gekauft, sondern als höchst willkommenes Mitglied in die Gruppe «aufgenommen». In Natafs blumiger Sprache heisst das dann so: «Zenith joined LVMH».

Für den dynamischen LVMH-Statthalter, den ehemaligen Vizepräsidenten des Champagnerhauses Veuve Clicquot Ponsardin (gehört ebenfalls zu LVMH), war Zenith von Anbeginn wie ein Diamant. Nataf: «Ein Rohdiamant, um es ganz genau zu sagen. Einer, der noch einen Schliff benötigt, um zum Brillanten zu werden.» Dabei spielte der prestigeträchtige Manufakturcharakter natürlich eine entscheidende Rolle.

Zum Geist einer richtigen Manufaktur gehört nach Auffassung Natafs «nicht Masse, sondern das Bestreben, die perfekte Uhr herzustellen». Deshalb schweigt sich der ausgesprochen polyglotte Franzose, der sich in nicht weniger als acht Sprachen ausdrücken kann, über Stückzahlvorgaben und Umsatzerwartungen beharrlich aus. Ebenso über den interessanten Aspekt, ob, wann und in welcher Grössenordnung die Zahl jener schätzungsweise 66000 Zeitmesser überschritten werden soll, welche Zenith vor dem LVMH-Engagement produzierte. Gegenwärtig fertigt Zenith jährlich 36000 El-Primero-Exemplare mit den Bezeichnungen 4xxx und dazu die Automatik-Familie Elite 6xx.

Ungeachtet dessen wollte und will der 40-Jährige mit seiner gründlich restrukturierten und deutlich aufgewerteten Kollektion unter anderem Emotionen hervorrufen. «Uns geht es gegenwärtig in erster Linie um eine hohe Qualität, innen wie aussen, sowie Authentizität. Letztlich möchten wir unter Einbeziehung eines hohen Anteils an Handarbeit durchweg einmalige Stücke schaffen, Uhren zum Weitergeben an die Kinder und Enkel», setzt der Chef der Manufaktur in Le Locle die mittelfristigen Ziele.

Einher ging mit dieser Forderung die Anpassung der Preise. Der Durchschnitts-Verkaufspreis dürfte heute nahe bei 10000 Fr. liegen; bei Natafs Amtsantritt war er um die 7000-Fr.-Marke gependelt.

Thierry Nataf nutzt das Erbe der Vorfahren geschickt als Plattform für seine ambitionierte Zukunftsstrategie, in der Frauen eine immer grössere Rolle spielen. Hohe emotionale Anmutung und Produkte mit absolut femininem Anspruch haben den Umsatzanteil bei Damenuhren auf heute stolze 35% klettern lassen. «Als ich bei Zenith eintrat, lag der Anteil bei nahezu null.» Der smarte Manager nimmt die ewige Weiblichkeit in der Tat sehr ernst. Seiner Auffassung nach geht es nicht an, Frauen mit Quarzuhren abzuspeisen, deren Gehäuse und Bänder mit Edelsteinen besetzt sind: «Das ist mir zu wenig. Es gibt genug Frauen, die nach echter Uhrmacherei verlangen.»

Für sie zeigte Zenith Anfang Februar dieses Jahres ein Damen-Tourbillon, dessen Gehäuse und Zifferblatt 230 Diamanten bester Qualität mit insgesamt 9,8 Karat zieren. Einen Chronographen (Stoppuhr) besitzt das Automatikkaliber 4029 auch, samt den Totalisatoren für Stunden und Minuten. Allein das Ablesen Letzterer dürfte sich extrem schwierig gestalten, denn Nataf, der in seinem Hause neben seiner präsidialen Führung auch die Designherrschaft ausübt, lässt anstelle der gewohnten Zeiger kleine Sterne rotieren.

Dreimal im Jahr werden die Kollektionen aufgepeppt

Zur neuen Philosophie gehört die Tatsache, dass der Zeitraum zwischen Produktpräsentation und Präsenz bei den Konzessionären - davon 45 in der Schweiz - extrem geschrumpft ist. «Wir produzieren neun Monate lang vor und können dann, wenn ein neues Modell vorgestellt wurde, innerhalb von zwei Wochen liefern.» Künftig wird es jedes Jahr drei Order-Lancements für den Fachhandel geben: Im Februar, zur «BaselWorld» im April und ein weiteres Mal im Herbst. Immer mit hohem Aufmerksamkeitswert, den herausragende Neuentwicklungen hervorrufen sollen.

Mit der Produktoffensive geht ein Investment in Höhe von 28 Mio Fr. einher, welches überall im Haus seine Spuren hinterlässt. Nicht ohne Stolz berichtet Thierry Nataf davon, dass die Werkekomponenten mit Ausnahme des Assortiments und der üblicherweise zugekauften Komponenten nun aus eigener Produktion stammen. «Auf diese Weise haben wir die Qualität durchweg unter Kontrolle.»

Natürlich war die Beendigung der Kooperation mit langjährigen Zulieferanten und die Umstellung auf eigene Fertigung mit hohen Anlaufkosten verbunden, aber die Anschaffung eines hochmodernen Maschinenparks rechnet sich schon jetzt. Er gestattet es dem dynamischen Zenith-Chef, über das «Normale» hinaus zu wachsen. Die Frage, ob Zenith gewinnbringend arbeite, lässt Nataf hingegen unbeantwortet. Wahrscheinlich noch nicht. Lieber spricht Nataf von der Investitionsphase.

Strategieplan gehörte sehr rasch zum Altpapier

Hervorstechendes Beispiel für das angestrebte Wachstum sowie die Innovationskraft ist die Open, bei der sich das Schwing- und Hemmungssystem vor den Augen des Betrachters präsentiert. «Sehr zur Verwunderung der Mitbewerber ist das heute unsere bestverkaufte Produktlinie. Bei Männern und Frauen.» Letztendlich hat der markante «Chronograph mit dem offenen Herzen» massgeblich dazu beigetragen, dass Zenith unter der Regie von Thierry Nataf fast dreimal schneller gewachsen ist als im Strategieplan vorgesehen.

Das neueste der Open-Modelle, der ChronoMaster Open Retrograde mit dem neuen Kaliber 4023, dessen Datumszeiger am Ende des Monats zur 1 zurückspringt, wird seinen Teil dazu beitragen, dass diese markante Uhrenlinie im Gespräch bleiben wird. Dies in den USA, in Japan und in China, den drei stärksten Märkten für Zenith mit zweistelligen Wachstumsraten, natürlich in Europa und besonders auch in der Schweiz, wo Zenith trotz harzendem Tourismus eine blendende Figur abgibt.

LVMH

Luxus ist und bleibt gefragt

Blendende Geschäfte in Asien und den USA haben dem weltgrössten Luxusgüterkonzern Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) im vergangenen Jahr einen Milliardengewinn beschert. Der Überschuss stieg um 40% auf 1,01 Mrd Euro. Der operative Ertrag hat um 11% auf 2,42 Mrd Euro zugenommen. Der Umsatz mit Champagner und Cognac, Mode und Leder, Parfüm und Kosmetika, Schmuck und Uhren (mit den Marken TAG Heuer, Zenith, Chaumet, Vuitton und Dior) wuchs um 6% auf 12,62 Mrd Euro. Bei konstanten Rahmenbedingungen entspricht dies einem Anstieg um 11%. LVMH schlägt eine Erhöhung der Dividende um 11,76% auf 0,95 Euro je Aktie vor. Die Nettoverschuldung fiel von 57 auf 50% des Eigenkapitals. Für das laufende Jahr erwartet LVMH weiter zunehmende Gewinne, ein zweistelliges Umsatzwachstum und einen Ausbau seiner Führung auf dem Weltmarkt.

Weil wie in dieser Branche üblich die Ergebnisse der einzelnen Marken nicht transparent gemacht werden, ist anzunehmen, dass Zenith mit einem geschätzten Umsatz von gegen 100 Mio Fr. nichts zum LVMH-Gewinn beitragen konnte. Nach wie vor wird viel in die Marke mit dem Stern investiert, zudem liegen die Marketingkosten gemäss Schätzungen zwei- bis dreimal höher als bei anderen Brands, also zwischen 10 und 25% des Umsatzes.

Star Tourbillon

Die mechanische Verführung und 230 Diamanten, die um die Wette glänzen

Präsentiert Zenith-CEO Thierry Nataf sein erstes Tourbillon El Primero für Frauen, gerät er blumig ins Schwärmen: «Die Uhr ist der wahre Star unter den Stars. Ihre Eleganz, ihre unübertreffliche Anmut, ihr ultimativer Luxus verkörpern die Quintessenz des Ruhmes. Sie ist einfach ». In seinem atemberaubenden Gewand sei das Tourbillon die grösstmögliche Uhrenkomplikation. Nataf: «Eben ein Stern, der alle anderen Sterne überstrahlt.» Und seinen Preis hat: Genau 375000 Fr. kostet Natafs uhrmacherische Verführung.

Dieses Meisterwerk der Uhrmacherei vereint gleich zwei technische Kunststücke: Das El-Primero-Werk, den weltweit einzigen Chronographen, dessen Herz mit 36000 Halbschwingungen pro Stunde schlägt und so die Messung einer Zehntelsekunde ermöglicht, und das Tourbillon, das den Einfluss der Schwerkraft ausgleicht. Das Hemmungssystem ist auf ein Drehgestell gesetzt, welches sich um seine eigene Achse dreht und somit die Uhr von den Gesetzen der Schwerkraft der Erde befreit.

Aber Träume entstehen weit jenseits der Technik. Das weiss auch Nataf. Deshalb wird die Tourbillon-Brücke durch einen Stern aus Diamanten ersetzt, der sich auf der Krone wiederholt. Während das 40-mm-Gehäuse reich mit 117 Diamanten im Baguetteschliff besetzt ist, verzieren weitere 112 runde Diamanten das Zifferblatt. Auf dem Zifferblatt aus Perlmutt werden die Ziffern, die untereinander und miteinander verschlungen sind, zum Leben erweckt. Befreit von ihren Totalisatoren werden die Chronographen-Anzeiger zu Sternen und bewegen sich, als wäre die Zeit frei und beginne zu fliegen. Dank der Diamanten, die feinfühlig auf dem oszillierenden Rotor eingepasst sind, wiederholt sich die poetische Kreativität auch auf der Rückseite der Uhr.