Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt angesichts abebbender Inflation und schwächelnder Konjunktur die Zinsen unverändert. Die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag auf ihrer letzten geldpolitischen Sitzung im laufenden Jahr, den Leitzins bei 4,5 Prozent zu belassen.

Der am Finanzmarkt massgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bleibt weiter auf dem Rekordniveau von 4,0 Prozent. «Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden», erklärten Lagarde & Co.

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Auf dem Zinsgipfel angekommen

Die Euro-Wächter sind auf ihrem im Sommer 2022 eingeleiteten Straffungskurs im Kampf gegen die hohe Inflation aller Voraussicht nach auf dem Zinsgipfel angekommen. Bereits auf ihrer geldpolitischen Sitzung im Oktober in Athen hatten sie an den Schlüsselsätzen nicht gerüttelt. 

EZB-Chefin Lagarde hatte im November die Erwartung ausgesprochen, dass es bei den Sätzen voraussichtlich in den nächsten Quartalen keine Änderung geben werde. Ähnlich hatte sich auch Frankreichs Notenbank-Chef Francois Villeroy de Galhau geäussert.

Zinsanhebungen zeigen Wirkung

Das Stakkato von zehn Zinsanhebungen seit Juli 2022 zeigt inzwischen deutlich Wirkung. Im Oktober schrumpfte die Kreditvergabe der Banken an Firmen sogar erstmals seit acht Jahren wieder. Die Inflation ist im November auf 2,4 Prozent zurückgegangen - das ist das niedrigste Niveau seit Juli 2021.

Das Inflationsziel der EZB von 2 Prozent rückt damit mehr und mehr in Reichweite. Bei der Zinsentscheidung dürften auch Konjunktursorgen eine Rolle gespielt haben. Von Juli bis September war die Wirtschaftsleistung im Euroraum im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent geschrumpft. Und eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Die EZB muss daher aufpassen, dass sie die Wirtschaftsaktivitäten nicht komplett abwürgt.

Zinssenkung schon im März?

Am Finanzmarkt spriessen bereits die Zinssenkungsfantasien ins Kraut. Aus den Notierungen am Geldmarkt geht hervor, dass Investoren dort bereits auf eine erste Zinssenkung schon im März 2024 wetten. Ein Schritt nach unten im April ist sogar bereits zu 100 Prozent in den Kursen enthalten.

In der jüngsten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters waren 57 Prozent der befragten Volkswirte davon ausgegangen, dass die EZB 2024 mindestens einmal vor ihrer Juli-Zinssitzung die Zinsen senken wird.

(reuters/gku)