Ich staune immer wieder, wie sehr sich Wirtschaft und Politik in der Schweiz inzwischen auseinandergelebt haben. Da wird nach dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga allen Ernstes darüber diskutiert, ob ein Bundesrat ohne Bernerin oder Berner überhaupt vertretbar sei.

Gleichzeitig herrscht in Basel, immerhin das zweitwichtigste Wirtschaftszentrum der Schweiz, in Sachen Bundesrat seit mittlerweile fast sechzig Jahren Sendepause. Zur Erinnerung: Der letzte Basler Bundesrat hiess Hans Peter Tschudi, auch bekannt als «Vater der AHV». Das war in den sechziger Jahren. 

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Ich weiss, ich weiss: Bei Bundesratswahlen muss einiges zusammenkommen, damit es klappt: die richtige Person aus der richtigen Partei, mit dem richtigen Geschlecht und dem richtigen Alter, aus dem richtigen Kanton und mit der richtigen Muttersprache. Und das Timing muss auch noch stimmen. Da kann es schon mal vorkommen, dass eine Region für längere Zeit aussen vor bleibt. Und ich weiss auch: Das zweisprachige Bern spielt eine wichtige Rolle als Brückenkanton zwischen der Deutschschweiz und der französischsprachigen Romandie.

Die Basler Dauerabsenz im Bundesrat ist ein Unding

Richtig ist auch: Die Basler und die Baslerinnen sind an diesem Zustand nicht ganz unschuldig. Kaum eine andere Region macht einen derart miserablen Job, wenn es darum geht, die eigenen Interessen in Bern zu vertreten. Kaum eine andere Region fällt derart oft zwischen Stuhl und Bank, wenn es darum geht, Infrastrukturprojekte auf den Weg zu bringen.

Trotzdem, die Basler Dauerabsenz im Bundesrat ist ein Unding. Dazu ist die Region schlicht und einfach wirtschaftlich zu wichtig. Die Pharmaindustrie ist die mit Abstand wichtigste Industrie der Schweiz, vor der Finanzindustrie und Welten vor der Maschinenindustrie. Rund die Hälfte aller Schweizer Exporte gehen mittlerweile auf ihr Konto, ein Konzern, Roche, stemmt allein mehr als 10 Prozent aller Exporte. Und in Sachen Marktkapitalisierung macht den beiden Basler Pharmakonzernen ohnehin nur noch Nestlé etwas vor. 

Der Bundesrat braucht mehr urbane Perspektive

Es geht nicht darum, dass Basel beim Bundesrat nun einfach mal «dran» ist. Es geht darum, dass die Perspektive eines urbanen Zentrums mit einer international orientierten Industrie dem Bundesrat guttun würde. Nichts gegen Bundesräte, die, wie Wirtschaftsminister Guy Parmelin, Weinbauer im Waadtland waren, bevor es sie nach Bern verschlug. Nichts gegen Bundesrätinnen wie die Walliserin Viola Amherd, die aus Regionen stammen, die wirtschaftlich weniger auf Rosen gebettet sind als Zürich, Zug oder eben Basel. Doch auch erfolgreiche Industriekantone wie Basel-Stadt sind Teil der Schweizer Erfolgsgeschichte.

Ein Basler Bundesrat, eine Basler Bundesrätin wäre eine Chance, Wirtschaft und Politik wieder näherzubringen. Und mit der Basler Ständerätin Eva Herzog steht diesmal womöglich auch die richtige Person zur Verfügung. Sie ist nicht nur Sozialdemokratin und Frau, sie hat auch einen ausgezeichneten Leistungsausweis als Exekutivpolitikerin. Als ehemalige Finanzdirektorin des Stadtkantons weiss sie zudem, anders als viele andere Politikerinnen und Politiker, dass der Wohlstand zuerst erarbeitet werden muss, bevor er verteilt werden kann.

Jetzt muss sie sich nur noch für eine Kandidatur entscheiden.