Die neusten Erhebungen zu den Präsidentschaftswahlen sind eindeutig: Der demokratische Herausforderer Joe Biden erreicht aktuell gemäss der Statistik- und Daten-Nachrichten-Site «FiveThirtyEight» über alle Umfragen hinweg eine gewichtete Zustimmungsrate von 51,1 Prozent. Präsident Donald Trump liegt mit 41,5 Prozent deutlich zurück. Noch Mitte April lieferten sich die beiden Kandidaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen. 

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Joe Biden im Weissen Haus: Das hätte starke Implikationen für die Finanzmärkte. So will der frühere US-Vizepräsident bei einem Wahlsieg die Unternehmenssteuern auf 28 Prozent anheben und damit die Trumpsche Steuerreform von 2017 beerdigen. Ebenso will Biden die vorhandenen privaten Krankenversicherungen um eine staatliche Option ergänzen und den Mindestlohn auf 15 Dollar anheben.

Auswirkungen auf die Bewertungen

Allein die Anhebung der Unternehmenssteuern würde gewichtige Auswirkungen für die Bewertung von Aktien bringen. Denn die Unternehmensgewinne würden sich dadurch deutlich langsamer von der Corona-Krise erholen.

Es mag reine Spekulation sein, doch seit Anfang Juni geht den amerikanischen Aktienmärkten allmählich der Schnauf aus. So stieg der Dow Jones Index im Juni nur noch 2 Prozent und zeigte in den letzten drei Wochen eine leicht negative Tendenz. Ist hier schon der Biden-Effekt ersichtlich?

Dow Jones juli 2020

Die Performance des Dow Jones in den letzten 12 Monaten.

Quelle: HZ

Manche Investoren setzen daher schon aktiv auf einen Ausverkauf nach den Wahlen im November. Sie antizipieren dabei einen vollumfänglichen Wahlsieg der Demokraten: Präsidentschaft und beide Kammern des Parlaments. Diese Positionierungen sind anhand der Preisentwicklung von Puts oder Optionen auf den S&P 500 ersichtlich. Deren Preise sind für den Zeitraum November und Dezember 2020 gestiegen.

Nicht nur das: Entscheidungsträger der Wall Street bereiten sich aktiv auf das Biden-Szenario vor. 

Kriegen die Demokraten auch den Senat?

Einige Wall-Street-Unternehmen warnen ihre Klienten sogar, dass der Aktienmarkt tauchen könnte. Die Grösse des Einbruchs wird gemäss der vorherrschenden Meinung einzig davon abhängen, ob die Demokraten auch die Kontrolle des Senats erlangen.

Goldman Sachs warnt etwa, dass ein vollständiger Sieg der Demokraten die Profitabilität und die Dividenden gefährde, was einen durchschnittlichen Rückgang von 12 Prozent des Gewinns pro Aktie im S&P 500 zur Folge hätte. Die Credit Suisse differenziert: Während die höheren Steuern Gegenwind für den Aktienmarkt darstellten, könnten andere Programme der Demokraten die Wirtschaft stützen.

«Kein Unternehmen sollte in einer Position sein, wo keine Steuern gezahlt und gleichzeitig Milliarden verdient werden.»

Joe Biden

Biden plant neben einer Unternehmenssteuererhöhung auch einen Minimalsteuersatz von 15 Prozent. «Kein Unternehmen – es ist mir egal, wie gross diese sind – sollte in einer Position sein, wo keine Steuern gezahlt und gleichzeitig Milliarden verdient werden», sagte Biden im Mai bei CNBC. Zur Erinnerung: Amazon erhielt in den Jahren 2017 und 2018 Steuergutschriften und zahlte 2019 nur eine Milliarde Staatssteuern. Mit Biden könnte diese Praxis endgültig vorbei sein.

Biden-Effekt bei Pharma-Titeln?

Ein weiterer Hinweis auf einen einsetzenden Biden-Effekt lässt sich in der Gesundheitsbranche ausmachen. Der weltgrösste Gesundheits-ETF «Health Care Select Sector SPDR ETF» verzeichnete im Juni einen Rekord-Geldabfluss von 2,6 Milliarden Dollar und verlor 3 Prozent seines Werts. 

Klar ist, dass ein demokratischer Wahlsieg für die Pharma-Branche negativ wäre. Es besteht das Risiko, dass die Unternehmensgewinne in diesem Sektor zusätzlich zu höheren Steuern unter Druck kommen. Dieser Druck wird noch stärker ausfallen, wenn auch die Medikamentenpreise politisiert werden. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass in der Sektorperformance des Dow Jones Index die Gesundheitsbranche im Juni 2 Prozent verliert.

Sektoren Joe Biden

Die Performance des Dow Jones Industrials nach Sektoren.

Quelle: Bloomberg

Und auch der vergangene Präsidentschaftswahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump 2016 verheisst für die zweite Hälfte 2020 nichts Gutes für die Pharmawerte. Nachdem beide Kandidaten im Juli 2016 offiziell bestimmt waren, lag damals Hillary Clinton klar in Führung. Die Investoren positionierten sich dementsprechend. Der oben genannte ETF verlor zwischen Juli und November 2016, wie in der untenstehenden Grafik ersichtlich, 9 Prozent seines Werts. Nach dem überraschenden Wahlsieg von Trump setzte der ETF zu einem Rallye (+29 Prozent) an, das bis Anfang 2018 dauerte.

Und auch bei den Einzeltiteln setzt sich in der Gesundheitsbranche eine Bewegung ein. Beim Pharma-Schwergewicht Pfizer ist die Richtung offensichtlich. Nach einem Rally vom März-Tief bis Ende April und einer seitwärts Entwicklung im Mai geht es nun im Juni mit 11 Prozent herunter. Und auch die Aktien des Krankenversicherers UnitedHealth verlieren im Juni 3 Prozent. Zufall oder Biden-Effekt?

Biden als Blackbox für Big Tech

Doch auch für langährigen Erfolgssektor an der Börse könnte es ungemütlich werden: Big Tech. Biden ist bezüglich seiner Politik gegenüber dem US-Technologiesektor zwar noch eine Blackbox. In Interviews äusserte er jedoch seine Besorgnis darüber, dass in einer Reihe von Branchen das Kartellrecht nicht genügend durchgesetzt wurde. Und die Position und die Forderung des linken Flügels der Demokraten ist ohnehin klar: Big Tech verkleinern.

Eine stärkere Regulierung dieses Sektors hätte einen signifikanten Einfluss auf die Bewertung vieler Unternehmen im IT-Sektor. Zudem könnten Akquisitionen erschwert werden, was bis anhin für viele Firmen im Technologiesektor ein Schlüssel zum Wachstum war. 

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