Ein Lehrstück darüber, wie Anlegerinnen eine Aktie mit verstecktem Wert finden

Wer Probleme mit dem Firmencomputer hat, kennt Teamviewer. In vielen Unternehmen gibt die Software dem Support Zugriff auf die Computer von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. So können IT-Probleme besser eruiert und gelöst werden. Teamviewer ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Göppingen, knapp 40 Kilometer von Stuttgart entfernt. Es ist an der Börse 2,3 Milliarden Euro wert. Aber es könnte viel mehr sein, glaubt der aktivistische Investor Petrus Advisers, der gemäss eigenen Angaben knapp unter 3 Prozent der Aktien erworben hat. Der Aktivist will, dass die Firma einige Massnahmen ergreift. Dazu kommen wir gleich, aber zuerst ist wichtig zu wissen, dass die Aktien von Teamviewer derzeit nicht sehr beliebt sind: Nur ein Drittel der Analysten sehen die Titel als Kauf. Kein Wunder, denn seit dem Börsengang der Firma im September 2019 hat sich der Aktienkurs halbiert. Der Absturz der Aktie hat unter anderem damit zu tun, dass das Management im Jahr 2021 mehrfach die Erwartungen der Investoren enttäuschte. Dreimal hintereinander machte das Unternehmen weniger Gewinn als erwartet. Gemäss Petrus Advisers belaste das auch die Glaubwürdigkeit des CEO, Oliver Steil. Er war früher Chef der Telekomfirma Sunrise in der Schweiz. 71 Millionen Euro für den CEO, der vorher bei Sunrise war Steil war in seiner Zeit bei Sunrise wegen seines Millionensalärs in den Medien. Kurz nach Amtsantritt im Jahr 2010 hat er 2 Millionen Franken erhalten. Aber das ist nichts im Vergleich zum Salär, das er bei Teamviewer bezogen hat, wo er nicht nur CEO, sondern auch Vorstandsvorsitzender ist: Über 40 Millionen Euro waren es 2019. Noch mehr sollen es 2020 gewesen sein: 190’000 Euro pro Tag, also rund 71 Millionen Euro. Das ist mehr als bei jedem anderen Manager eines Deutschen oder Schweizer Unternehmens.So viel verdienen Schweizer Chefinnen und Chefs Boombranchen, Topregionen, lukrative Positionen: Die Höhen und Trends bei den Kader- und Managementsalären in der Schweiz lesen Sie hier. Das ist nicht nur aussergewöhnlich viel im Vergleich zu anderen, viel grösseren Unternehmen, sondern auch mehr als Teamviewer an Gewinn erwirtschaftet. 2021 hat die Firma 50 Millionen Euro geschafft, und gemäss Analystenschätzungen sollen es dieses Jahr etwa 66 Millionen Euro werden. Nicht nur das Salär des CEO ist sehr hoch im Vergleich zum Gewinn, sondern auch die Ausgaben für Sponsoring sind es. 70 Millionen Euro gibt das Unternehmen pro Jahr aus, für Verträge mit Manchester United (ManU) und Mercedes-Formel-1. Alleine als Trikot-Sponsor bei ManU soll die Firma gemäss Analysen der UBS rund 55 Millionen Euro pro Jahr ausgeben. Das ist der drittgrösste Sponsoren-Deal im Fussball überhaupt. Nur bei Real Madrid soll die Fluggesellschaft Fly Emirates mit 70 Millionen Euro mehr bezahlen. Zudem hatte Chevrolet einst bei ManU 68 Millionen Euro pro Jahr bezahlt (siehe Tabelle unten). Die grössten Fussballsponsoren aller Zeiten Bemerkenswert ist, dass es sich bei den anderen Sponsoren um viel grössere Konzerne als Teamviewer handelt. Die Grösse des Sponsorings zeigt sich auch darin, dass das gesamte Marketingbudget von Teamviewer vorher 39 Millionen Euro betrug. Das Sponsoring von ManU macht also 143 Prozent dieses Budgets aus, während es bei keiner anderen der Grosssponsoren in der Tabelle mehr als ein Drittel ist. Zudem sind unter den grossen Sponsoren praktisch ausschliesslich Firmen, die sich an die breite Masse der Konsumenten richten, wie Fussball an sich eben auch. Darunter sind Fluggesellschaften, Autokonzerne, Versicherungen und Reifenhersteller. Dagegen richtet sich Teamviewer nicht direkt an die breite Masse der Konsumenten, sondern an Firmeneinkäufer, die Software bestellen. Wer Werbung auf den Trikots von ManU sieht, bestellt kaum Software – also gibt es hohe Streuverluste, wie das im Marketingsprech genannt wird. Das Management von Teamviewer dachte, in die hohe Sponsoringsumme hineinwachsen zu können. Aber diese Erwartungen wurden inzwischen mehrfach enttäuscht. An einen Ersatzsponsor verkaufen Während das Management von Teamviewer der Meinung ist, dass das Sponsoring den Markenwert steigern soll, sieht man das bei Petrus Advisers als Geldverbrennung und will, dass diese Ausgaben so schnell wie möglich gestrichen werden sollen. Teamviewer will zwar mit ManU verhandeln. Aber abrupt aus dem Vertrag auszusteigen, dürfte schwierig sein. Anderseits wäre es möglich, den Vertrag an einen Dritten zu verkaufen, selbst wenn dies zu einem geringeren Betrag stattfinden würde. Anstatt zu 55 Millionen zu 40 Millionen Euro. So könnte Teamviewer noch immer 120 Millionen Euro über drei Jahre sparen und den jährlichen Gewinn stark erhöhen, um rund 60 Prozent. Das würde die Bewertung von Teamviewer signifikant verbessern, etwa gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis. So könnte die Aktie plötzlich für breitere Investorenkreise attraktiv werden. Günstige Bewertung Zum prognostizierten Gewinn von 66 Millionen Euro kämen 40 Millionen dazu, woraus ein addierter Gewinn von 116 Millionen Euro resultieren würde. Verglichen mit der Marktkapitalisierung von 2,3 Milliarden Euro entspricht dies einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von rund 20. Das scheint nicht teuer für eine Firma, deren Gewinn vom Jahr 2021 auf 2022 um 32 Prozent gewachsen ist – und die weiter Wachstumspotenzial hat. Petrus Advisers will sogar Aktienrückkäufe kombiniert mit steigenden Dividenden. Dafür sei genügend Kapital vorhanden. Zudem findet man beim aktivistischen Investor, dass die Aktie derzeit sowieso günstig sei, was Aktienrückkäufe besonders sinnvoll machten.

Ein Lehrstück darüber, wie Anlegerinnen eine Aktie mit verstecktem Wert finden

Der Sponsor von Manchester United könnte Gold wert sein