Pensionskassen: Vom einst beliebten Vorsorgesystem zu einer teuren Umverteilungsmaschine

Am 27. Februar beginnt in Bern die Frühlingssession. Dann gibts wieder Mais im Bundeshaus. Die Parlamentarier streiten, diskutieren und fällen Entscheide zu verschiedensten wichtigen und weniger wichtigen Themen. Traktandiert sind etwa Diskussionen um vergünstigte Tageskarten für Schulklassen und dass Vermieterinnen bei Eigenbedarf den Mieterinnen schneller kündigen können sollen. Im Nationalrat wird es auch um die Revision der beruflichen Vorsorge gehen. «Das Ziel des Bundesrates ist es, Massnahmen zu ergreifen, die das Rentenniveau sichern, die Finanzierung stärken und die Absicherung von Teilzeitbeschäftigten – und damit insbesondere von Frauen – verbessern», heisst es in der Ankündigung der Session. Der Ständerat hatte schon in einer früheren Session darüber diskutiert und will unter anderem den Umwandlungssatz im obligatorischen Teil der beruflichen Vorsorge senken, von 6,8 auf 6 Prozent. Damit würde ein angespartes Kapital von 100’000 Franken in der Pensionskasse nicht mehr in eine jährliche Rente von 6800 Franken umgewandelt, sondern nur noch in eine von 6000 Franken. Weniger Rente Die Leistungen werden also geringer. Das betrifft vor allem die rund 15 Prozent der wenig verdienenden Beschäftigten, die nur einen obligatorischen Teil bei der Pensionskasse ansparen konnte. Alle anderen – also 85 Prozent der Beschäftigten – haben auch einen überobligatorischen Teil, und ihre Pensionskasse macht damit eine Mischrechnung. Das bedeutet, dass die Vermögen im überobligatorischen Teil schlechter verzinst und mit tieferen Umwandlungssätzen in eine Rente umgewandelt werden, um damit den obligatorischen Teil zu finanzieren. Konkret sind die Umwandlungssätze im überobligatorischen Teil bei den meisten Pensionskassen schon unter 5 Prozent. Rechnerisch Begabte könnten jetzt folgende Schlussfolgerung ziehen: Ohne die hohen Umwandlungssätze und die Mindestverzinsung im obligatorischen Teil könnten die Vermögen im überobligatorischen Teil höher verzinst und mit einem besseren Satz umgewandelt werden. Aber das dürfte kaum passieren, weil der Bundesrat nicht das Ziel hat, die Mischrechnung zu unterbinden. Er will die Finanzierung stärken, weil die Menschen immer älter werden und die Renten dafür nicht ausreichend finanziert sind. Die Mischrechnung mit den tieferen Umwandlungssätzen im obligatorischen Teil dürfte bleiben. Das betrifft die 85 Prozent der Beschäftigten, die ein Überobligatorium haben. Kommt hinzu, dass das Pensionskassensystem auch nach der Revision für alle Versicherten ineffizient bleibt. Teures Pensionskassensystem Das lässt sich anhand der Vermögensverwaltungskosten im Pensionskassensystem zeigen. Die Vermögensverwaltung ist ein Geschäft, in dem die Kosten mit zunehmender Grösse einer Pensionskasse kaum steigen. 1000 Milliarden Franken zu verwalten, muss kaum mehr kosten, als 1 Milliarde Franken zu verwalten. Das gilt allerdings nur, wenn das Geld nur von einer Pensionskasse verwaltet würde, aber in der Schweiz gibt es über tausend. Sie alle zusammen verwalten rund 1200 Milliarden Franken, und das kostet 5,3 Milliarden Franken pro Jahr. Das ist sehr viel, wie Vergleiche mit anderen Institutionen zeigen, die ähnlich viel Geld verwalten. Dazu gehört die Schweizerische Nationalbank (SNB). Gemäss ihrem Geschäftsbericht gibt sie für ihren gesamten Betrieb rund 0,4 Milliarden Franken aus. Darin ist die Vermögensverwaltung ein sehr kleiner Teil, der nicht exakt ausgewiesen wird. Fazit: Die SNB verwaltet einen ähnlich hohen Betrag wie alle Pensionskassen zusammen, aber zu weniger als einem Zehntel der Kosten. Die Vermögensverwaltungseinheit der Grossbank UBS verwaltet auch rund 1000 Milliarden Franken, und die gesamten Kosten der Einheit liegen bei 1,4 Milliarden Franken. Das ist nicht mal ein Drittel der Kosten der Pensionskassen. Dabei gilt zu bedenken, dass in den Kosten der UBS-Geschäftseinheit auch Posten enthalten sind, die bei einer Pensionskasse nicht anfallen. Zum Beispiel für das Marketing der Anlageprodukte. Und noch ein weiterer Vergleich über die Landesgrenzen hinaus, und zwar mit dem norwegischen Staatsfonds. Sein Ziel es ist, die künftigen Pensionsansprüche der norwegischen Bevölkerung zu finanzieren – es ist also im Kern eine Pensionskasse. Der Staatsfonds verwaltet über 1000 Milliarden Franken und gibt rund 400 Millionen Franken für die Vermögensverwaltung aus. Auch in diesem Vergleich ist das Schweizer Pensionskassensystem zwölfmal teurer. Einst beliebt, heute ein Gefängnis Die zweite Säule ist also eher teuer. Zudem wird von den aktiv Versicherten zu den Rentnern Geld umverteilt. Gleichzeitig sind die Versicherten dem System hilflos ausgeliefert, ausser sie nutzen eine Lücke im System. Ansonsten können sie die Pensionskasse nicht wechseln, wenn sie unzufrieden mit ihrer Kasse sind. Anstatt über die Umwandlungssätze und das Rentenalter zu streiten, sollte die Politik besser Wege finden, wie das Pensionskassensystem effizienter wird. Etwa, indem den Versicherten die Möglichkeit gegeben wird, die Pensionskasse selber zu wählen, wodurch wahrscheinlich viele kleinere Anbieter verschwinden würden. Oder die Politik begrenzt die Zahl der Kassen auf regulatorischem Weg, im Extremfall auf eine einzige Einheitskasse, wie bei Suva und AHV, der ersten Säule des Schweizer Vorsorgesystems. Die Pensionskassen wurden in einer Abstimmung über das Drei-Säulen-System im Jahr 1972 eingeführt. Damals stimmten 75 Prozent der Bevölkerung zu. Es dauerte bis 1985, bis die zweite Säule umgesetzt wurde. Damals war es ein leistungsfähiges System, bei dem die meisten gerne dabei waren. Das ist heute nicht mehr so. Deswegen ist es Zeit, die zweite Säule wirklich zu reformieren. Sonst werden wohl immer mehr Leute aus dem System fliehen wollen. Hier finden Sie alles darüber, wie die lukrative Flucht aus dem Pensionskassensystem funktioniert: - Die lukrative Flucht aus dem Pensionskassensystem

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