Der Schweizerische Pensionskassenverband Asip will die Vermittlerprovisionen in der zweiten Säule verbieten. Müssen die Vorsorgeeinrichtungen mit diesem Modell den Brokern zu viel bezahlen?

Markus Lehmann: Nein, die Courtagen – nicht Provisionen – sind eine Entschädigung für die Dienstleistung, welche die ungebundenen Versicherungsvermittler für die Vorsorgeeinrichtungen und die Versicherten erbringen. Würden Courtagen verboten, müssten Sammelstiftungen und Versicherer ihren eigenen Beratungsapparat hochfahren, was entsprechend hohe Kosten nach sich ziehen würde. Oder, anders gesagt, die Kosten blieben im System der zweiten Säule.

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Welche Folgen hätte ein Courtageverbot im Vorsorgegeschäft für die Branche?

Nun, das ist schwer abzuschätzen. Es wird ja ein Verbot der Entschädigung in der zweiten Säule verlangt, das heisst, es betrifft neben den Brokern auch den Aussendienst der Versicherungsgesellschaften und Sammelstiftungen. Honorarmodelle werden zum Nachteil der KMU – siehe Ausland – mit Beratungsdefiziten installiert. Selbsternannte BVG-Experten, die sich schon heute im Markt tummeln, sind dann erst recht nicht mehr kontrollierbar.

Was bedeutet das für Arbeitgeber und Versicherte in der beruflichen Vorsorge?

Das Courtageverbot hat insbesondere negative Folgen für KMU und ihre Angestellten. Der Arbeitgeber ist gemäss BVG verpflichtet, seine Mitarbeitenden zu versichern. Er hat das Ziel, möglichst wenig bezahlen zu müssen, das heisst, er sucht die für ihn günstigste und nicht die für die Mitarbeitenden beste Lösung. Die neutrale Beratung in Bezug auf Produkte und Anbieter fehlt ihm gänzlich. Alternativ engagiert er einen Broker auf Honorarbasis, was ihn aber teurer zu stehen kommt als der minimale Courtageanteil in der Risikoprämie. Courtage ist wie eine Versicherung in der Versicherung – der Beratungsaufwand wird von allen Beteiligten für diejenigen getragen, die ihn benötigen.

«Bei der Revision des VAG unterstützt die Siba die Verschärfung der Transparenz.»

Eine Studie des Versicherungsinstituts der Universität St. Gallen kommt zum Schluss, dass es beim Courtagemodell zumindest Optimierungsbedarf in Sachen Transparenz gebe. Kann das mit verschärften Offenlegungspflichten bei der aktuellen Reform des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) und des Bundesgesetzes über die berufliche Vorsorge (BVG) erreicht werden?

Es besteht ein anerkannter Optimierungsbedarf. Siba, der führende Interessenverband für Versicherungsbroker in der Schweiz, unterstützt neben der Offenlegungspflicht auch die Aus- und Weiterbildung im BVG. Dazu wird derzeit eine Berufsprüfung lanciert. Bei der Revision des VAG unterstützt die Siba die Verschärfung der Transparenz und wünscht sich, dass auch BVG-relevante Kontrollen entweder über das VAG (Art. 48k BVV2) oder zusammen mit einer neuen Aufsichtsorganisation für alle Broker gelöst werden könnten.

Erschienen im Special Unternehmensversicherungen der Handelszeitung Nr. 17 vom 23.4.20.