Airbnb in Kritik: Warum die Ferienplattform für Apartments Mitschuld an der Wohnungsnot haben soll

Die Zuger Simon Ruckstuhl und Lukas Wartmann hatten 2017 eine Geschäftsidee. Sie wollten Immobilienfirmen und Hausverwaltungen dabei helfen, ihre Wohnungen auf Airbnb zu vermieten. Aus der Vision der Jugendfreunde entstand die Firma Airhosted. Etwa fünfzig Kunden aus der Schweiz zählt das Startup derzeit; für sie wickelt es die Vermietung über Airbnb und andere Ferienwohnungsplattformen ab. Und darum haben die beiden Jungunternehmer jetzt ein Problem. Denn die US-Plattform ist in der Kritik, und gar der Ruf nach einem Verbot wird laut. Airbnb steht in Luzern im Gegenwind Anschaulich zeigt sich die Kontroverse in der Stadt Luzern. Hier werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger kommendes Wochenende über eine Initiative der SP entscheiden, wonach Wohnungen ausserhalb der Tourismuszone nur noch neunzig Tage pro Jahr an Kurzaufenthalterinnen und Kurzaufenthalter vermietet werden dürfen. Der Gegenvorschlag des Stadtrats sieht vor, Business- und Ferienwohnungen in bestimmten Quartieren zu begrenzen. Luzern ist damit nicht alleine – in vielen beliebten Tourismusstädten weltweit will die Politik der Verbreitung von Businessapartments und Airbnb-Unterkünften Schranken setzen. Zürich, Bern und Genf haben die Kurzzeitmiete bereits reguliert. Der Gegenwind ist also nicht neu, aber er gewinnt an Kraft, weil nach den Jahren der Pandemie jetzt wieder mehr Unterkünfte in Airbnb-Bleiben verwandelt werden. SP-Politikerin Badran fordert Verbot Hinzu kommt in der Schweiz ein neues Problem: Es gibt immer weniger freie Wohnungen, die Mieten steigen stark. Und Airbnb soll daran eine Mitschuld haben. So sieht es zumindest die Zürcher SP-Politikerin Jacqueline Badran. Die Nationalrätin fordert eine viel stärkere Regulierung oder sogar ein Verbot der US-Plattform auf nationaler Ebene sowie eine Verbannung von Businessapartments aus Wohnquartieren. «Dadurch würden auf einen Schlag etwa 20’000 Wohnungen frei», sagt Badran. «Das Geschäft mit der Kurzzeitmiete verknappt den Wohnraum und sorgt für überteuerte Mieten.» «Eine von hundert Massnahmen» Die Politikerin sieht ihre Forderung aber nicht als Allheilmittel, um die drohende Wohnungsnot zu entschärfen, sondern nur als «eine von hundert Massnahmen». Ohnehin ortet Badran das Hauptproblem darin, dass viele Vermieter überrissene Rendite erzielten und zu viel ausländisches Kapital in den Immobilienmarkt fliesse. «Der Schweizer Immobilienmarkt ist zunehmend von Anlegenden dominiert, die einer Logik der Kapitalverwertung folgen und die Bilanzwerte der Immobilien maximieren, was enorm preistreibend wirkt. Die vom Bundesgericht definierte Limite bei der Rendite wird systematisch missachtet.»Airbnb in der Schweiz Airbnb gibt nicht bekannt, wie viele Schweizer Unterkünfte auf der Plattform inseriert werden. 2021 schätzte der Tourismus-Professor Roland Schegg vom Walliser Tourismus Observatorium das Angebot auf knapp 41’000. Vor der Pandemie lag die Zahl deutlich höher, und sie dürfte seit 2021 auch wieder gestiegen sein. In der Pandemie stellte Airbnb bei den Gästen ein neues Verhalten fest: Sie blieben länger, kamen in grösserer Zahl aus der Schweiz und nutzten die Apartments häufig als Homeoffice. Eine weitere Verschiebung: Adressen auf dem Land und in Tourismusgebieten waren gefragt, städtische Wohnungen blieben häufiger leer. Ob diese Trends nach Corona Bestand haben, muss sich weisen. «Scheinlösung für ein vermeintliches Problem» Falls das Geschäft mit Airbnb in Luzern beschränkt wird, trifft dies auch die Firma Airhosted. Zwei Wohnungen vermietet das Startup im Stadtzentrum. Von der Initiative hält Co-Chef Simon Ruckstuhl nicht viel. «Es ist eine Scheinlösung für ein vermeintliches Problem. Man geht auf diejenigen los, die keine Lobby haben.» Nur 390 Apartments in Luzern sind Touristenunterkünfte, was 0,8 Prozent aller Wohnungen entspricht. «Der Anteil ist viel zu klein, um einen Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu haben», findet Ruckstuhl. «Luzern ist nicht Venedig» «Der Markt reguliert sich von selbst. Wenn es zu viele Airbnb-Apartments gibt, sinken die Preise. Luzern ist nicht Barcelona, wo die Nachfrage immens ist.» Überhaupt sei das Geschäft gar nicht so lukrativ, wie oft behauptet würde. «Klar, kann man gut verdienen. Aber es steckt auch eine Heidenarbeit dahinter», sagt der Unternehmer. Airhosted konzentriert sich seit der Pandemie auf Kunden ausserhalb der Städte. «Wenn wir in den Zentren fast ein Berufsverbot erhalten, gehen wir halt aufs Land. Dort werden wir mit offenen Armen empfangen, die Leute sind froh, wenn nicht so viele Wohnungen leer stehen», sagt Ruckstuhl. Verbot «geht zu weit» Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, hält den Einfluss der Kurzzeitmiete auf den Wohnungsmarkt für gering. Die Forderung nach einem Verbot geht im «viel zu weit». «Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer würden dadurch in ihren Eigentumsrechten beschnitten», sagt Neff. Das Problem seien nicht die «bösen» Airbnb-Vermieter. «Uns droht vielmehr eine Wohnungsnot, weil wir die Nachfrage wachsen lassen, aber nicht bereit sind, das Angebot zu erhöhen.» «Genug Platz für mehr Wohnraum» Neff weist auf die starke Zuwanderung und soziodemografische Faktoren wie den steigenden Flächenbedarf und den Trend zu kleineren Haushalten hin, welche viel zusätzliche Nachfrage schaffen würden. Das Angebot sieht der Ökonom durch die Raumplanung und eine strenge Baugesetzgebung beschränkt, welche die Bautätigkeit hemmten. «Wenn die Schweiz wachsen will, wird sie nicht darum herumkommen, auch mehr Bauland einzuzonen und die Regulierung neu zu überdenken.» Neff spricht sich insbesondere dafür aus, weniger Einsprachen zuzulassen. «In der Schweiz hat es eigentlich noch genug Platz für neuen Wohnraum. Es braucht aber den politischen Willen, den Bau dieser Wohnungen zu ermöglichen und die Verdichtung ernsthaft voranzutreiben.»Der Nationalrat will das Mietrecht verschärfen - auch wegen Airbnb Am Dienstag hat sich der Nationalrat für zwei Verschärfungen im Mietrecht ausgesprochen. Unter anderem sollen Mieterinnen und Mieter künftig eine schriftliche Einwilligung der Vermieter einholen müssen, wenn sie die Wohnung untervermieten wollen. Und für die Untermiete soll eine Maximaldauer von zwei Jahren gelten. In der Debatte wurde auch mit Verweis auf Airbnb für strengere Regeln argumentiert. Meist gegen das Wissen der Vermieter gebe es eine «starke Tendenz» zu Airbnb-Untervermietungen, sagte der Walliser Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy. Die Vorlage schaffe eine «Schutznorm». (mbü, mit Material der Agentur Keystone-Sda).

Airbnb in Kritik: Warum die Ferienplattform für Apartments Mitschuld an der Wohnungsnot haben soll

Wegen der Wohnungsnot verschärft sich Kritik an Airbnb