Nach dem Ende der Corona-Massnahmen kommt die Euphorie

In wenigen Tagen könnte der Bundesrat weitreichende Lockerung in Sachen Corona-Regeln verkünden (siehe Box unten). Damit würde es einen grossen Schritt Richtung Normalität gehen – nach rund zwei Jahren mit zum Teil erheblichen Einschränkungen. Auch wenn einiges noch unklar ist, viele Menschen bereiten sich längst auf die grosse Öffnung vor, nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. In vielen Ländern hat eine umfangreiche Öffnung bereits stattgefunden, auch wenn manche Wissenschafter und Mediziner vor einer zu raschen Beendigung der bisherigen Massnahmen warnen. Die Stimmung vieler Menschen sowie die wirtschaftlichen Aussichten in vielen Branchen haben sich erheblich aufgehellt. Nach dem Motto: Corona neigt sich dem Ende zu. Doch wird bald alles schnell wieder gut? Welche Beispiele und Folgen gibt es für ein Raus-aus-der-Krise? Und in welchen Bereichen gilt eher ein New Normal als eine Rückkehr zum Gewohnten? Anfang März wieder eine Fasnacht Einen ersten Schritt in Richtung Normalisierung hat jedenfalls die Basler Regierung mit dem längst erwarteten Entscheid zur Fasnacht gemacht. Erstmals seit 2019 kann Anfang März wieder eine Fasnacht stattfinden, wenn auch nicht ganz im normalen Ausmass. In Basel war dieser Entscheid wie kein anderer herbeigesehnt worden. In vielen Wohnungen ertönten spontane Piccolo-Klänge nach dem offiziellen Ja zur Fasnacht. Regierungspräsident Beat Jans kündigte allerdings eine Fasnacht «für die Aktiven» an. Zwar wird das Musizieren und Umherziehen in der Stadt rund um die Uhr erlaubt sein, gleichzeitig versucht die Basler Regierung jedoch, Auswärtige vom Besuch abzuhalten. So wird es keine Extrazüge oder Trams an den Morgenstreich geben, für Restaurants gilt eine Sperrstunde um ein Uhr morgens und die beliebten Cliquenkeller dürfen nur eigene Mitglieder bewirten. Auch einen offiziellen «Cortège», den organisierten Umzug an Montag- und Mittwochnachmittag, wird es an der Fasnacht 2022 nicht geben, was insbesondere die Wagencliquen mit ihren Waggiswagen trifft. Was die Regeln in den Details bedeuten, lässt sich derzeit in vielen Punkten noch nicht abschätzen. Wie viele Besucher werden trotzdem an die Fasnacht kommen? Kommt es zu einem Schnitzelbank-Stau vor den verbleibenden Restaurants? Auch ist unklar, wie sehr die Basler Regierung bei weiteren Erleichterungen auf Bundesebene auf ihre Entscheide zurückkommen wird. Gesundheitsminister Lukas Engelberger, als eher vorsichtig bekannt, machte an der Pressekonferenz diesbezüglich nicht allzu grosse Hoffnungen.Darüber entscheidet der Bundesrat am 16. Februar 2022 Zur Debatte stehen zwei Varianten: die Aufhebung aller Massnahmen in einem Schritt oder in zwei Schritten. In einem Schritt hiesse, dass ab Donnerstag, dem 17. Februar die Zertifikatspflicht für Freizeit- und Kulturbetriebe, die Maskentragepflicht im öffentlichen Verkehr, in Läden und in allen öffentlich zugänglichen Innenräumen fallen würden. Treffen unter Freunden und in der Familie wäre wieder uneingeschränkt erlaubt. Heute gilt immer noch die Höchstzahl von dreissig Personen und die 2G-Pflicht. Auch die Bewilligungspflicht für Grossveranstaltungen wäre aufgehoben. In zwei Schritten hiesse, dass zuerst der freie Zutritt zu Restaurants, Veranstaltungen, Freizeit- und Kulturbetrieben wieder möglich wäre. Zwei, drei Wochen später würden die übrigen Restriktionen fallen, so die Maskenpflicht, die 2G- und 2G-plus-Regel je nach Anwendungsfall und die Zertifikatspflicht für Grossveranstaltungen in Innenräumen. Bisher haben sich nur Zürich und Basel-Stadt eindeutig zur langsamen, zweistufigen Variante bekannt. Die übrigen Deutschschweizer Kantone bevorzugen die schnelle Öffnung, allerdings mit Untervarianten. Umstritten ist insbesondere die Aufhebung der Maskenpflicht in Zügen und Bussen. Daran festhalten wollen St. Gallen, Thurgau, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden, Luzern, Schwyz und Uri. Eine zweite Untervariante ist eine Empfehlung statt einer generellen Pflicht zum Maskentragen. Diese bringen Graubünden und Glarus ins Spiel. Zürich macht sich zudem dafür stark, dass ab nächster Woche an Arbeitsplätzen keine Maskentragepflicht mehr besteht. Event-Branche weiterhin unter Druck Was für die Basler Fasnächtler gilt, hat so wohl auch seine Richtigkeit für alle anderen, die im Event-Bereich tätig sind. Selbst wenn sich hier die Regelungen lockern, wird es seine Zeit brauchen, bis Teilnehmer und Gäste wieder den Mut haben, sich unters dichtgedrängte Volk zu mischen. Wer Festivals aller Art plant, Sport-Arenen oder Kleinkunstsäle füllen will, hatte und hat in der Corona-Krise gleich zweimal schlechte Karten. Event-Unternehmerinnen und -Unternehmer gehörten zu den Ersten, die die Pandemie zu spüren bekamen. Und sie gehören wohl auch zu den Letzten, die zu einem – wie auch immer gearteten – Courant normal zurückkehren können. Besser sieht es aktuell für Schweizer Reiseveranstalter aus. Schon der bundesrätliche Entscheid, dass genesene und geimpfte Rückkehrende aus dem Ausland bei der Einreise in die Schweiz seit 22. Januar keinen PCR-Test mehr vorweisen müssen, hat als Gamechanger gewirkt. Derzeit ziehen bei Hotelplan, Kuoni und Co. die Buchungen für den Sommer 2022 stark an und erreichen vereinzelt schon wieder das Niveau von 2019. Hunderttausende Schweizerinnen und Schweizer, die in den Sommern 2020 und 2021 notgedrungen in der Schweiz blieben, zieht es nun nach Griechenland, Zypern, Spanien und in die USA. Für das Ferienland Schweiz muss das nicht unbedingt eine schlechte Nachricht sein. Die touristischen Landesvermarkter gehen davon aus, dass sie den Wegfall von Schweizer Gästen mit solchen aus dem nahen europäischen Umland wettmachen können. Erste positive Signale gebe es dabei auch von Fernmärkten wie den USA und den Golfstaaten. Bis aber der einstige chinesische Incoming-Boom wieder einsetzt, dürfte es noch länger dauern. Titlis, Jungfrau und andere Schweizer Trophäenberge sollten also im Sommer 2022 noch nicht wieder vom Overtourism befallen sein. Arbeitsmarkt läuft gut Derweil hat eine weitere Öffnung für den Grossteil des Arbeitsmarkts nur eine untergeordnete Bedeutung. Denn dort hat sich die Lage schon seit längerem wieder stark gebessert. Im Jahresverlauf vom Januar 2020 bis zum Januar 2021 stieg die Arbeitslosenquote in der Schweiz von 2,6 Prozent um einen ganzen Prozentpunkt auf den Maximalwert der Krise von 3,7 Prozent an. Seither ist diese Quote fast jeden Monat gesunken und belief sich im Januar mit 2,6 Prozent exakt wieder auf dem Vorkrisenniveau. Dass die Arbeitslosigkeit in der Schweiz trotz der Schwere der Krise nicht deutlich stärker in die Höhe geschossen ist, liegt an der Kurzarbeit, die in einem Ausmass eingeführt wurde, wie noch nie in der Geschichte dieses Instruments. Für den Lockdown-Monat April 2020 wurden Kurzarbeitsentschädigungen für rund 1,4 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer abgerechnet, was rund 30 Prozent der gesamten Arbeitsbevölkerung entsprach. Seither hat sich diese Zahl laufend reduziert. Im November 2021 wurden noch entsprechende Kurzarbeitsentschädigungen an rund 45’000 Personen ausbezahlt. Wegen der Voranmeldungsfrist von drei Monaten sind neuere Zahlen noch nicht verfügbar. Doch kann davon ausgegangen werden, dass die Zahl seither weiter gesunken ist. Dafür sprechen eine Reihe von Indikatoren, die einen deutlichen Wirtschaftsaufschwung beschreiben, der bereits im letzten Jahr eingesetzt hat. Und die meisten Prognosen bleiben auch für das laufende Jahr optimistisch. Gesamtzahlen verschleiern allerdings, dass die Krise einige Bereiche der Arbeitswelt besonders hart getroffen hat. Ein Beispiel ist das Gastgewerbe. Dort hat die Arbeitslosenquote zweistellige Werte erreicht. Auch sie ist mittlerweile wieder deutlich gesunken, aber mit 5,8 Prozent gemäss letzter Messung noch immer deutlich überdurchschnittlich. Im Zuge der künftigen Öffnungen dürfte auch sie deutlich weiter sinken.