Russland ist zahlungsunfähig – die wichtigsten Antworten zum faktischen Staatsbankrott

Seit Sonntag ist eine Zahlungsfrist für Russland in der Höhe von 100 Millionen Dollar ausgelaufen. Es geht dabei um Zinsen für zwei Staatsanleihen. Für diese Zahlung hatte Russland bereits eine Schonfrist erhalten. Dass die Gläubiger ihr Geld nicht erhalten haben, bedeutet faktisch, dass der russische Staat sich im Status Zahlungsunfähigkeit oder «Default» befindet, was für einen Staatsbankrott steht. In dieser Lage befindet sich das Land zum ersten Mal seit 2018 wieder. Damals blieben Zahlungen in Rubel aus. Gewöhnlich sind es die internationalen Rating-Agenturen, die formell die Zahlungsunfähigkeit – oder eben den Default – feststellen. Doch weil auch sie ihre Abdeckung von Russland eingestellt haben, entfällt diese Möglichkeit. Eine formelle Zahlungsunfähigkeit können gemäss «Bloomberg» auch Gläubiger feststellen, wenn sie insgesamt einen Viertel der am Sonntag geschuldeten russischen Schulden auf sich vereinen. Doch daran haben sie möglicherweise aktuell gar kein Interesse. Damit wird es möglich, dass trotz faktischer Zahlungsunfähigkeit eine solche gar nicht festgestellt wird. Was bedeutet die Zahlungsunfähigkeit für einen Staat generell? Ein Staat wird als zahlungsunfähig oder «in default» eingestuft, wenn er Zinsen oder Rückzahlungen für seine Schulden nicht mehr fristgerecht leistet. Bekannt ist dieses Problem aus südamerikanischen Ländern, wenn ein Land über seine Verhältnisse lebt. Aber auch in der Euro-Krise war die Gefahr gross, dass vor allem Griechenland zahlungsunfähig wird. Das grösste Problem im Fall eines Staatsbankrotts besteht darin, dass sich ein Land darauf kaum mehr im Ausland verschulden kann – und wenn, dann nur noch zu extrem hohen Zinsen. Russland hätte das Geld – warum kann es nicht zahlen? Trotz den Kosten für den Krieg in der Ukraine verfügt Russland nach wie vor über grosse finanzielle Mittel vor allem durch Einnahmen aus Rohstofflieferungen – insbesondere Erdöl und Erdgas. Trotz Sanktionen kann Russland nach wie vor von diesen Einnahmen zehren, welche weiter in die Staatskasse fliessen, auch weil deren Preise massiv gestiegen sind. Daran ändert auch nichts, dass russisches Erdöl nur zu einem Abschlag verkauft werden kann. Beim Verkauf von Rohstoffen erhält Russland Devisen. Ein weiterer Fakt ist, dass die Schuldenquote von Russland mit knapp 20 Prozent am Bruttoinlandprodukt (BIP) deutlich niedriger liegt als in den meisten westlichen Ländern. Selbst die Quote der Schweiz – im internationalen Vergleich ebenfalls tief – ist mehr als doppelt so hoch wie jene von Russland. Warum zahlungsunfähig, wenn die Mittel vorhanden sind? Die Sanktionen des Westens sind der Grund für die Unfähigkeit Russlands, Zahlungen zu leisten. Die Sanktionen untersagen es westlichen Banken, die Devisenzahlungen der Russen entgegenzunehmen und sie den Gläubigern gutzuschreiben. Das bedeutet konkret: Russland verfügt über genügend Geld, kann aber keine Zahlungen mehr für seine Anleihen leisten. Auch wenn die Russen zahlen wollen, erreichen die Gelder die Gläubiger nicht. Wie kann Russland Gegensteuer bieten? Russland ist seit Kriegsbeginn seinen Verpflichtungen nachgekommen, aber durch die Sanktionen verunmöglichen die Banken dem Land die Zahlungen. Russland kann seine Verpflichtungen nicht mehr in Dollar oder Euro leisten. Deshalb möchte Putin nun in Rubel über die Korrespondenzbanken zahlen. Zinsen und Schuldenrückzahlungen müssen aber laut den meisten Schuldverträgen in Dollar oder Euro geleistet werden. Das heisst, Zahlungen in Rubel verhindern einen Staatsbankrott nicht. Zahlungsausfall: Wie Russland jetzt ohne US-Banken auskommt Russland ist vom globalen Zahlungsverkehr verbannt, US-Banken haben sich zurückgezogen. Der Kreml sucht Wege, um den Staatsbankrott abzuwenden. Welche Bedeutung hat Russlands Zahlungsausfall? Russlands Zahlungsausfall ist einzigartig, weil es dem Land wie erwähnt nicht an Geld mangelt, sondern weil Zahlungen durch die Sanktionen verunmöglicht worden sind. Der Zahlungsausfall von Russland hat aber aktuell vor allem symbolische Bedeutung, weil das Land ohnehin keine Schulden mehr auf dem internationalen Markt aufnehmen kann. Wegen seiner Öl- und Gasverkäufe und der Erlöse daraus ist Russland vorerst ohnehin kaum darauf angewiesen. Internationale Gläubiger können jetzt allerdings eine sofortige Rückzahlung aller Schulden verlangen. Wie die britische «Financial Times» schreibt, sind die Gläubiger aber nicht sonderlich daran interessiert, da die Russen angesichts der Sanktionen überhaupt kein Geld zurückzahlen können. So ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass die Gläubiger zuwarten, bis sich die Rahmenbedingungen für Russland wieder geändert haben. Was bedeutet das für den internationalen Finanzmarkt? Russlands Zahlungsausfall hat wenig Einfluss auf den internationalen Finanzmarkt. Die Beteiligten haben bereits damit gerechnet, dass es zu diesem Ausfall kommt, seit die Amerikaner keine russischen Zahlungen mehr erlauben. Deshalb wurden die russischen Staatsschulden bereits mit einem massiven Abschlag an den Märkten gehandelt.

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Russlands Staatsbankrott ist faktisch eingetreten – was das bedeutet