Martine Clozel

«Wir wissen genau, wo wir in fünf Jahren sein wollen»

Karen Merkel-Gyger
Von Karen Merkel-Gyger
am 22.08.2018 - 06:02 Uhr

Martine Clozel: Erfolgreiche Co-Gründerin von zwei Unternehmen.

Quelle: Fotostudio Alex

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Martine Clozel zählt zu den erfolgreichsten hiesigen Gründerinnen. Sie spricht über den Neustart mit Idorsia und ihre ehrgeizigen Pläne.

Es war ein Exit der Superlative, als Pharmariese Johnson & Johnson 2017 für 30 Milliarden Dollar Actelion kaufte. Knapp 20 Jahre, nachdem die Biotech-Firma von vier ehemaligen Roche-Mitarbeitern gegründet worden war, gelang ihnen einer der grössten Firmenverkäufe der Schweizer Geschichte.

Profitiert haben von Übernahme auch Mitgründer Jean-Paul und Martine Clozel. Das Ehepaar hatte Actelion geprägt und zu dem gemacht, was es war. Doch statt sich mit ihrem Anteil von 1,5 Milliarden Dollar zurückzuziehen und das schöne Leben zu geniessen, legten die beiden gleich von vorne los. Denn der Deal mit Johnson & Johnson war geschickt ausgehandelt: Die Clozels übernahmen die Forschung und Entwicklung von Actelion und gründeten daraus ein neues Unternehmen – Idorsia. Seit dem Start an der Börse im Juni 2017 hat sich der Aktienkurs von ursprünglich 13,65 Franken mehr als verdoppelt. Auch wenn der Kurs in den vergangenen Wochen nachgegeben hat: Anleger glauben offenbar an das Vorhaben.

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Bei Idorsia übernahm Jean-Paul Clozel wie zuvor die Rolle des CEO, Martine die des Chief Scientific Officer. Die Chef-Wissenschaftlerin – ursprünglich Kinderärztin – widmet ihr Leben der Forschung. Anders als ihr Mann ist sie selten präsent auf der öffentlichen Bühne, gibt wenige Interviews. Mit der Handelszeitung sprach sie an einer Investorenkonferenz von Axa Investment Managers darüber, wie sie und ihre Mitarbeiter Idorsia zum neuen Actelion entwickeln wollen. Elf Wirkstoffe sind in der Pipeline, mehrere sollen in weniger als fünf Jahren auf den Markt kommen.

Bekommen Sie immer noch viele Briefe von Patienten?
In der Zeit bei Actelion habe ich viele bekommen, vor allem von Patienten mit Lungenhochdruck, also pulmonaler Hypertonie. Die grösste Anzahl Briefe erreichte mich, nachdem wir das erste Medikament gegen diese schwere Krankheit auf den Markt gebracht hatten, welches man oral einnehmen kann. Das hat das Leben von vielen Kindern und jungen Erwachsenen verändert. Mit dem Start von Idorsia musste ich allerdings einen Schnitt in meinem Leben machen.

Warum?
Alle Medikamente, die wir in Zusammenhang mit Lungenhochdruck entdeckt haben, gehören Actelion. Jetzt konzentrieren wir uns darauf, mit Idorsia neue Entdeckungen zu machen. Ich träume von dem Tag, an dem Patienten an Idorsia schreiben und uns für die Medikamente danken, die wir entdeckt haben.

Idorsia ist so etwas wie das Herz von Actelion: Sie haben das neue Unternehmen aus der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des vorherigen gegründet. Wie war der Übergang?
Für uns war es befriedigend, dass kein Mitarbeiter durch die Spaltung des Unternehmens seinen Arbeitsplatz verloren hat, und dass unsere Forschung weitergehen konnte. Das war wirklich fantastisch. Was die Abspaltung selbst betrifft: Es bedeutete für alle, die ihre Zeit dem Übergang gewidmet haben, enorm viel Arbeit.

Hatten Sie Zweifel am Verkauf von Actelion?
Natürlich hatten wir gehofft, Actelion selbstständig weiter auszubauen – wir standen kurz vor dem 20-jährigen Jubiläum. Aber Johnson & Johnson ist ein gutes Unternehmen und verfügt über die Hebelwirkung, viel für unsere früheren Medikamente zu tun. Wir vertrauen darauf, dass der Deal sowohl für Patienten gut ist, die heute ihre Medikamente von J&J bekommen, als auch für das Potenzial, mit Idorsia neue Medikamente zu entdecken. Der Deal ist gut für Mitarbeiter, Patienten und Aktionäre.

Er muss eine Herausforderung gewesen sein.
Die Aufspaltung war sehr kompliziert durchzuführen. Es gab viele Strukturen, die dupliziert wurden und funktionieren mussten, sowohl bei Johnson & Johnson als auch in Idorsia. Aber es lief gut und ich bin sehr glücklich darüber. Jetzt arbeitet Idorsia als eigenes Unternehmen.

Wie oft trinken Sie noch einen Kaffee mit jemandem bei Actelion?
Eigentlich nicht so häufig. Wir sprechen manchmal, die Gebäude der Firmen sind nahe beieinander, was schön ist. Beide Unternehmen sind aber auch sehr unabhängig.