Beim Optimieren macht niemand Magdalena Martullo-Blocher etwas vor. Ist die Ems-Chefin und SVP-Nationalrätin im Parlament gefordert, flitzt sie von ihrem Berner Ems-Büro ins Bundeshaus, tritt ans Rednerpult oder drückt den Abstimmungsknopf. Anschliessend gehts zurück ins Chef-Büro, wo sie sich wieder um Polymere und Klebgarne kümmert.

Auch beim Vorausplanen ist die Unternehmerin Spitze. Anfang 2018 befürchtet sie eine Verlangsamung der Konjunktur; bevor sich diese in Zahlen niederschlug, gab sie Gegensteuer. Mehr Innovation und  mehr Effizienz, lautete ihre Vorgabe an die Belegschaft. Heute, da die Abschwächung vor der Türe steht, konstatiert sie: «Weltweit setzen wir zur Zeit in der Ems-Gruppe 470 Effizienz-Massnahmen durch.»

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Passion für Effizienz und für Neues sind die Markenzeichen der Ems-Patronne. Es sind Leistungen, die auch die Leserschaft der «Handelszeitung» beeindrucken. Sie haben deshalb Martullo-Blocher zum zweiten Mal in Folge zur «Unternehmerin des Jahres» gewählt.  Die Industrielle hat es heuer mit ihrem Sieg in den erlauchten Kreis der Mehrfachsieger im Ranking geschafft, der bislang mit Peter Spuhler (vierfacher Sieger) und Nick Hayek (zweifacher Sieger) ein Männerclub war.

Politischer Einsatz als Nationalrätin

Martullo-Blochers Leistung ist beeindruckend. Ems hat zwar jüngst – wie andere konjunktursensible Titel – an der Börse gelitten, doch das operative Fundament ist intakt. Neue Rekorde sind in Griffweite. Nettoumsatz und Betriebsgewinn auf Stufe Ebit liegen über Vorjahr. Bereits früher hat die Truppe die Marken ständig nach oben getrieben. Doch Martullo-Blocher will mehr. So ist 2018 der Entscheid gefallen, verstärkt das Wachstumspotenzial Amerika anzupeilen. Zudem wird am Standort im bündnerischen Domat/Ems weiter tüchtig investiert.

Das tut Martullo-Blocher, zumindest zeitlich, auch in Bern. Da kämpft sie für weniger Bürokratie und die Steuerreform, wenig hält sie dagegen vom Rahmenabkommen. Die Übernahme von EU-Recht würde nicht nur den Lohnschutz aufheben, sondern auch die Steuerhoheit in den Kantonen unterbinden und eine Flut an Regulierung mit sich bringen. Kurzum: «Der Standort Schweiz würde geschwächt.» Um dies zu ändern, fordert sie das Prinzip «One in, two out» ein. Das heisst: Mit jedem neuen Bundeserlass müssten alte Erlasse mit doppelt so hohen Regulierungskosten ausser Kraft gesetzt werden. Es ist abzusehen, dass diese «Bürokratie-Bremse» auf wenig Gegenliebe stossen wird. Doch unsere Unternehmerin des Jahres lässt sich nicht so schnell bremsen.

Nick Hayek auf zweitem Platz

Hinter ihr auf den zweiten Platz im Ranking kommt dieses Jahr Uhren-Guru Nick Hayek zu liegen. Er löste ein mittleres Erdbeben in der Branche aus, als er den Rückzug von der Messe Baselworld ankündigte, bei der die Swatch Group bisher grösster Aussteller war. «Etwas arrogant, etwas versnobt und nicht in der Lage etwas Neues zu tun», lautete sein vernichtende Urteil über den Event. Die Folge: 50 Millionen Franken und 18 Marken weniger für die Baselworld. Messe-Chef René Kamm nahm nach dem Hayek-Diktum seinen Hut, die Messe ist seither orientierungslos – und koordiniert sich ab 2020 mit den Langzeit-Rivalen aus Genf.

Im ersten Halbjahr 2018 erzielte Hayeks Swatch Group den besten Umsatz ihrer Geschichte, nämlich 4,27 Milliarden Franken, ein Plus von 14,7 Prozent – und dies trotz gleichbleibender Verkaufsflächen. Wie recht hatte der Uhren-Zampano der Schweiz, als er trotz Umsatzrückgang seine Uhrenmacher an Bord hielt und nun mit voller Crew in die Zukunft segeln kann!

BKW-Chefin Suzanne Thoma – die zweite Frau auf dem Podest

Respekt zollten die Leserinnen und Leser der Handelszeitung in diesem Jahr auch BKW-Chefin Suzanne Thoma und wählten sie auf Platz 3 – die erste klassische Managerin nach den Unternehmern Martullo-Blocher und Hayek. Thoma hat die BKW durch die Energiewende geführt und den Atomausstieg vorgespurt. Das AKW Mühleberg soll nur mehr bis Ende 2019 laufen. Eine Mammutaufgabe fürs Energieunternehmen. Die Stillegung kostet insgesamt 927 Millionen Franken, die Lagerung des Atommülls 1,4 Milliarden. Die Mittel dafür seien durch Fonds und Rückstellungen gedeckt, erklärte Thoma.

Den Entscheid das Atomkraftwerk nach 47 Betriebsjahren vom Netz zu nehmen hatte BKW 2013 unter der damals recht neuen Konzernleiterin Thoma gefällt. Im Interview mit der «Handelszeitung» erklärte sie, dass sie es nie bereut habe, den Chef-Posten der BKW übernommen zu haben: «Was eigentlich erstaunlich ist, wenn man die Monstrosität der Herausforderungen betrachtet.» Dazu gehören eine hohe Verschuldung und keine Idee, wie man mit neuen Geschäftsmodellen wachsen kann. Wie die Firma heute dasteht ist zum grossen Teil Thomas Verdienst. Was zum erfreulich ist: Neben Martullo-Blocher und Thoma haben in diesem Jahr weitere starke Wirtschaftsfrauen den Sprung in die Top 10 geschafft – darunter Unternehmerin Barbara Artmann vom Schuhhersteller Künzli und Gabriela Manser vom Getränkehersteller Goba.
 

Stefan Mair
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