So gefährlich ist die Bitcoin-Branche für die Schweiz

Während die einen den Bitcoin-Kurs auf null fallen sehen, glauben andere, dass er bis zum Jahr 2030 auf 1 Million Dollar steigt. Wieder andere finden, der Bitcoin setze viel kriminelle Energie frei – vor allem in der Schweiz. Letzteres fasst einen Text etwas überspitzt zusammen, der in der «Financial Times» erschienen ist. Aber der Reihe nach. Der Bitcoin-Kurs hat sich seit seinem Allzeithoch im Herbst halbiert. Dieser Trend werde sich, so denken die einen, bis zur Wertlosigkeit fortsetzen, weil sich die Währung kaum irgendwo als Zahlungsmittel durchgesetzt hat und auch sonst keine Bedeutung in der «realen» Wirtschaft erlangen konnte. Bitcoin soll auf 1,36 Millionen Dollar steigen Gleichzeitig hat das Research-Team rund um Cathie Wood einen Bericht veröffentlicht, der den Bitcoin-Kurs bis zum Jahr 2030 auf 1,36 Millionen Dollar steigen sieht. Wood hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen als überaus erfolgreiche Tech-Investorin gemacht. Zeitweise war sie die beste Investorin der Welt. Inzwischen ist sie mit den Tech-Titeln abgestürzt, aber ihr Flaggschiff-Fonds ist immerhin seit seiner Lancierung noch gleichauf mit Berkshire Hathaway, dem Investmentvehikel von Warren Buffett, dem Übervater aller Investmentgurus. Wenn 1 Bitcoin 1,36 Millionen Dollar kosten würde, wären alle Bitcoins zusammen 28,5 Billionen Dollar wert, also 28’500 Milliarden Dollar. Dieser Marktwert ist gemäss Woods Analyse eine Addition verschiedener Funktionen, welche die Kryptowährung künftig einnehmen soll. Als digitales Gold soll Bitcoin die Hälfte der Marktkapitalisierung von Gold erreichen, was 5,5 Billionen Dollar entspräche. Zudem sollen die grössten 500 Unternehmen in den USA, die im Aktienindex S&P 500 sind, 5 Prozent ihrer Liquidität in Bitcoin halten, was 4,2 Billionen entspräche. Dazu werden Investitionen von institutionellen Anlegern addiert (4,1 Billionen, das sind 2,55 Prozent ihrer Assets), ausserdem 5 Prozent des Anlagevermögens der Superreichen weltweit (4 Billionen Dollar) und 1 Prozent der Reservewährungen von Staaten (3,8 Billionen Dollar). Hinzu kommen 6,9 Billionen Dollar dank Investitionen von Banken und Schwellenländern und dank der Verwendung von Bitcoin für Überweisungen. Die Studie wurde erst kürzlich präsentiert und löste auf Twitter sowohl Beifall als auch sehr böse Reaktionen aus. Die Leute schienen sich ähnlich gut zu mögen wie Impfgegner und -befürworter. «Financial Times» sieht Gefahr einer Wiederholung der düsteren Vergangenheit Diese zwei Lager gibt es bei Bitcoin schon lange. Und lange gibt es auch schon zwei verfeindete Lager, wenn über den ethischen Wert der Kryptowährung diskutiert wird. Die einen finden, Bitcoin sei die Erlösung – die anderen denken, dass damit das Tor zur Hölle aufgemacht wird. Mit Blick auf die Schweiz schreibt die «Financial Times» (FT): Die Krypto-Branche im Crypto Valley (genannt wird hier immer wieder die Stadt Zug) sei für viele Compliance-scheue Finanzberaterinnen und Finanzberater, die in den letzten Jahren aus den skandalumwitterten Schweizer Privatbanken geflogen seien, zur ersten Anlaufstelle geworden (hier ist der Text aus der FT bei Swissinfo nachzulesen). Viele der Kunden und Kundinnen von Vermögensverwaltern im Zuger Crypto Valley seien offenbar politisch exponierte Personen, die aus Angst vor Wirtschaftskriminalität aus den Büchern der Banken «gestrichen» worden seien. In Zug scheine daher die strahlende Zukunft der Kryptowährung Gefahr zu laufen, eine Wiederholung der düsteren finanziellen Vergangenheit der Schweiz zu werden. Es ist nicht das erste Mal, dass die FT den Ruf des Schweizer Finanzplatzes anzweifelt. Weil die FT in London beheimatet ist, dessen Finanzplatz mit der Schweiz in Konkurrenz steht, müssen diese Berichte mindestens auch vor diesem Hintergrund betrachtet werden. Bitcoin kann wohl für Geldwäsche verwendet werden. Doch es gibt viele andere Möglichkeiten, Geld zu waschen: Bargeld, Kunst, Luxusuhren, Restaurants oder weitere Betriebe, bei denen viel Umsatz nichts Ungewöhnliches ist. Alle diese Methoden haben Vor- und Nachteile. Ein Nachteil von Bitcoin ist sicher, dass die Transaktionsdaten alle für immer öffentlich verfügbar bleiben, wenn auch mit Pseudonym. Ist die Kryptobranche in der Schweiz so viel wert wie Novartis und Roche zusammen? Aber um die Frage zur Ethik in Bezug auf Bitcoin hier abzuschliessen: Jede neue Technologie bringt neue Risiken. Bevor das Auto erfunden wurde, gab es keine Autounfälle. Bevor es Bitcoin gab, war keine Geldwäsche damit möglich. Jetzt, da es Bitcoin gibt, muss die Kryptowährung reguliert werden, wie es auf den Strassen Regeln für Autofahrende gibt. Der Text in der FT greift eine Studie auf, die nicht nur die Anzahl Firmen und Mitarbeitenden in der Blockchain-Branche im Crypto Valley gezählt, sondern auch den Wert aller Firmen dort berechnet hat. Die von der Zuger Risikokapitalgeberin Crypto Valley Venture Capital (CV VC) publizierte Studie zählt 1128 Firmen, die 6002 Personen direkt beschäftigen und zusammen 611,8 Milliarden Dollar wert sind. Das ist deutlich mehr, als die beiden Schweizer Pharmagiganten Roche und Novartis zusammen wert sind, die zusammen rund 200’000 Mitarbeitende beschäftigen. Dieser Vergleich könnte ein Hinweis darauf sein, dass sehr viel Zukunft in den Wert der Blockchain-Branche und den Kurs von Bitcoin hineingerechnet ist.