Für Ungeimpfte wird es in der Arbeitswelt ungemütlich. In Ländern wie Italien und Griechenland werden Mitarbeitende im Gesundheitswesen schon seit Wochen suspendiert, wenn sie keinen Impftermin wahrnehmen.

Google und Facebook sagen: Wer aus dem Homeoffice zurück ins Büro will, muss ein Impfzertifikat vorweisen.

Am Google-Standort in Zürich gilt diese Regel zwar vorerst nicht. Aber man kann doch davon ausgehen, dass ein Schweizer Google-Mitarbeiter, der für eine Geschäftsreise in die USA fliegen will, vorher gefragt wird, ob er geimpft ist.

Wenn er es nicht ist, wird Google – durchaus nachvollziehbar – wohl einen Geimpften auswählen. Auch Roche-Chef Severin Schwan sagte, er würde seine Mitarbeitenden in der Schweiz gerne fragen, ob sie geimpft sind. Genauso wie in den USA. Das darf Severin Schwan aber bisher in der Schweiz nicht.
 

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Geschäftsreisen für Ungeimpfte werden eine Seltenheit

Der Bundesrat hat den Arbeitsplatz als «grünen Bereich» definiert, in dem das Covid-Zertifikat nicht eingesetzt werden darf. Daher sind Impfpflichten, Impfrückfragen und Impfsanktionen im beruflichen Umfeld bei uns grundsätzlich nicht erlaubt.

Eine Impfung kann im Einzelfall nur angeordnet werden, wenn trotz allen ergriffenen Schutzmassnahmen (Masken, Trennwänden, Desinfektionsmittel) eine konkrete, verhältnismässig hohe Gefährdung vorliegt. 

Was hoch und was verhältnismässig ist, werden Gerichte in ein paar Monaten befinden.

Fakt ist aber, dass Firmen jetzt entscheiden müssen: Wie werden die Büros zumindest teilweise wieder gefüllt? Wie laufen die analogen Prozesse ab? Wer darf zum Verkaufstermin?
Konzerne und KMU müssen sich irgendwie zur Spaltung der Gesellschaft und Arbeitnehmerschaft in Geimpfte und Ungeimpfte verhalten.

Die Vorstellung beispielsweise, dass Schweizer Firmen blind ungeimpfte Geschäftsreisende in alle Welt schicken und dort wochenlang in Quarantäne versauern lassen, ist weltfremd. Genau das aber müssten sie, weil das Impfzertifikat in der Arbeitswelt keine Rolle spielen darf.

Der Arbeitgeberverband will deshalb auch eine Hochstufung des Arbeitsplatzes in die orange Zone. Dann könnte das Covid-Zertifikat etwa als Zugangsvoraussetzung genutzt werden. Daneben müsste ein Artikel der Covid-Verordnung entsprechend ergänzt werden. Das kann dauern.
 

Der informelle Impfzwang ist unfair – aber kaum zu vermeiden

Realistischer ist, dass sich ziemlich schnell so etwas wie ein informeller Impfzwang entwickelt. Die Firmen werden sich selbst helfen, Teams werden sich selber in Ungeimpfte und Geimpfte sortieren, Geschäftsreisen dürfen nur mehr jene machen, die auf der offiziell nicht existenten grünen Liste stehen.

Das alles ist unfair. Das Misstrauen zwischen Impfskeptikern, Firmen und Geimpften wird zunehmen. Es ist aber ein Ergebnis der Illusion, dass die Impffrage in der vernetzten Schweizer Arbeitswelt keine Rolle spielt, nur weil sie keine Rolle spielen darf.

Stefan Mair
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