Wie die inländischen TV-Sender werden neu auch globale Streamingdienste einen Teil ihres Umsatzes in das Schweizer Filmschaffen investieren. Ab Anfang 2024 müssen sich Unternehmen wie Netflix oder Disney+ per Gesetz mit vier Prozent ihres in der Schweiz erwirtschafteten Umsatzes an Schweizer Film- und Serienproduktionen beteiligen.

Diesem Ansinnen in der sogenannten "Lex Netflix" hat der Souverän nun seinen Segen gegeben. Die Gegner der Vorlage, das von den Jungparteien von FDP, SVP und GLP angeführte Referendumskomitee, sind mit ihren Argumenten gegen die von Bundesrat und Parlament vorgeschlagene Änderung des Filmgesetzes knapp gescheitert.

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Es sei finanziell für die Konsumierenden um sehr wenig gegangen, deshalb sei für die Stimmbevölkerung die Wertfrage wichtiger gewesen, ob man in die Wirtschaftsfreiheit eingreifen wolle, sagte Urs Bieri von gfs.bern im Schweizer Radio SRF. Insgesamt sei die Bevölkerung in dieser Frage "relativ mittig gespalten". Die Zustimmung dürfte damit eher knapp ausfallen.

Im europäischen Trend

Inländische Fernsehsender sind seit Jahrzehnten verpflichtet, vier Prozent ihres Umsatzes in das Schweizer Filmschaffen zu investieren. Schätzungen zufolge fliessen durch die Erweiterung der Investitionspflicht jährlich 18 Millionen Franken zusätzlich in das Schweizer Filmschaffen.

Mit der Gesetzesänderung wird in erster Linie der bestehende Wettbewerbsnachteil der Schweiz gegenüber den europäischen Ländern beseitigt, wie die Befürworter der Vorlage argumentierten. Stand heute kennen 19 europäische Länder entweder eine Investitionspflicht, eine direkte Abgabe oder beides.

Durch die Ausweitung der Investitionspflicht auf inländische und ausländische Streamingdienste entsteht nach Ansicht der Befürworter für - oft global tätige Unternehmen - ausserdem ein zusätzlicher Anreiz, Schweizer Filme und Serien zu produzieren. Diese Argumente verfingen offenbar bei der Mehrheit der Stimmberechtigten.

Angst vor steigenden Preisen

Das Referendumskomitee argumentierte vergeblich, die neue Investitionsverpflichtung sei eine "unnötige Filmsteuer", weil das Schweizer Filmschaffen bereits heute jährlich mit weit über 120 Millionen Franken subventioniert werde. Auch schade es dem Wirtschaftsstandort Schweiz, wenn künftig die schweizerischen Privatsender stärker zur Kasse gebeten würden.

Zudem würden die Streamingdienste wegen der geplanten Gesetzesänderung wahrscheinlich ihre Preise erhöhen, befürchteten sie. Schliesslich ist es nach Ansicht der Gegner auch ungerecht, wenn Streamingdienste dreissig Prozent ihres Programms für europäische Filme zur Verfügung stellen müssen. Die Freiheit der Konsumentinnen und Konsumenten werde durch die vorgesehene Gesetzesänderung eingeschränkt und falle einer "ungerechten EU-Filmquote" zum Opfer.

Hängige Abstimmungsbeschwerden

Der Abstimmungskampf verlief sehr animiert. Beide Lager warfen sich regelmässig Falschaussagen vor. So bezeichneten die Befürworter die von den Gegnern erwartete Erhöhung der Abopreise als Angstmacherei. Umgekehrt wehrten sich die Schweizer Privatfernsehsender gegen die Aussage des Ja-Komitees, wonach sich für Schweizer Stationen nichts ändern werde. Die Vorlage sei vielmehr eine "massive Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit".

Für Wirbel sorgten auch fehlerhafte Angaben zur Vorlage im Abstimmungsbüchlein, namentlich zu einer Karte über europäische Länder mit einer Investitions- oder Abgabepflicht für Streamingdienste. Das Referendumskomitee reichte deshalb Beschwerden ein, mit denen sich nun das Bundesgericht in Lausanne zu befassen hat. Die Bundeskanzlei präzisierte und korrigierte unterdessen die Angaben in der Onlineversion.

Knapper Ausgang erwartet

Die Vorlage stand laut Umfragen bis zuletzt auf des Messers Schneide, wobei das Nein-Lager zulegte, je näher der Abstimmungstermin rückte.

Wäre Mitte April abgestimmt worden, hätten 49 Prozent der Befragten der sogenannten "Lex Netflix" laut Abstimmungsumfrage im Auftrag von Tamedia und "20 Minuten" zugestimmt, 47 Prozent hätten die Vorlage abgelehnt. In der Erhebung im Auftrag der SRG von Ende Januar standen sich 49 Prozent Nein- 46 Prozent Ja-Stimmen gegenüber. In der Umfrage von Tamedia und "20 Minuten" waren sogar 56 Prozent gegen die Vorlage und 42 Prozent dafür.

Von den grossen Parteien empfahlen SVP und FDP ein Nein zur Vorlage; auch Economiesuisse und Gewerbeverband sowie das Konsumentenforum und der Privatfernsehverband stellten sich gegen die "Lex Netflix". SP, Grüne, Mitte und GLP hatten die Ja-Parole ausgegeben.