Nach Angaben der Neuenburger Kantonspolizei sind keine Verletzten zu beklagen. Die vier Opfer haben einen Schock erlitten und werden von einem Spezialdienst betreut.

Ereignet hat sich die Geiselnahme in Le Locle am Donnerstagabend um zirka 18.00 Uhr. Bei dem betroffenen Unternehmen handelt es sich um die Firma Calçada, die auf das Polieren von Armbändern und Schmuck spezialisiert ist.

Im Januar 2018 hatten Gangster in La Chaux-de-Fonds NE die Familie eines Goldhändlers als Geisel genommen. Sie behielten die Familie auf der Flucht als Geisel. In der Gegend von Biaufond, an der Grenze der Kantone Neuenburg und Jura sowie Frankreichs, liessen sie sie zurück. Sechs Kriminellen gelang mit einer grossen Menge des Edelmetalls die Flucht nach Frankreich.

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Nachdem die beiden Verdächtigen vier Geiseln bei der in Le Locle ansässigen Schmuckveredelungsfirma Calçada festgehalten hatten, flüchteten sie in einem gestohlenen Auto ins benachbarte Frankreich. Sie wurden von der französischen Polizei, die von den Schweizer Behörden nach der Tat benachrichtigt worden war, entdeckt und verfolgt.

Die "kurze" Verfolgungsjagd endete in einer Sackgasse in der grenznahen Stadt Pontarlier, rund 40 Kilometer vom Tatort entfernt. Die Ganoven rasten daraufhin auf das Fahrzeug der Polizisten zu, die "mehrere Dutzend Mal" das Feuer eröffneten, ohne jemanden zu verletzen, wie die Polizei der französischen Nachrichtenagentur AFP sagte und damit eine Meldung der Tageszeitung "L'Est républicain" bestätigte. Die Täter hätten eine Waffe "zur Schau gestellt", aber nicht geschossen.

Angestellter aus Wohnung entführt

Die Neuenburger Polizei schilderte den Tathergang in einer Mitteilung vom Freitag so: Um 17.30 Uhr wurde ein Angestellter der Firma zusammen mit seiner Lebensgefährtin in seinem Haus in La Chaux-de-Fonds NE von zwei mit einer Pistole bewaffneten Personen als Geisel genommen.

Das Paar unter Drohungen gezwungen, sich zu der Fabrik im knapp zehn Kilometer entfernten Le Locle zu begeben. Vor Ort wurden zwei Angestellte, die soeben ihre Arbeit beenden wollten, ebenfalls als Geiseln genommen.

Stiller Alarm ausgelöst

Die Täter liessen sich mehrere Tresore des Unternehmens öffnen, in denen sich Edelmetalle befanden. Ein stiller Alarm wurde ausgelöst, der die Sicherheitsfirma des Standorts informierte. Der Alarm, der an die Neuenburger Polizei weitergeleitet wurde, löste eine gross angelegte Operation aus.

Die Ankunft eines ersten Sicherheitsbeamten, der den Tätern wahrscheinlich von externen Komplizen gemeldet worden war, vertrieb die im Gebäude befindlichen Personen, sodass die Beute nicht mitgenommen werden konnte, wie die Neuenburger Polizei schreibt.

Wenige Minuten später entwendeten die Täter ein Fahrzeug, das sich in der Nähe des Unternehmens befand. Die Fahrerin wurde dabei mit Gewalt aus dem Auto gezerrt, Die Täter flüchteten mit dem Auto, das um 19.10 Uhr in Pontarlier gesichtet wurde.

Geiseln unter Schock

Die vier Geiseln und die Fahrerin des gestohlenen Fahrzeugs standen unter Schock und wurden von einer Spezialeinheit betreut. Die Neuenburger Staatsanwaltschaft leitete eine Strafuntersuchung ein.

Zu ähnlichen Überfällen ist es im Jurabogen in jüngster Vergangenheit immer wieder gekommen. Meist war der Uhrensektor, der mit Edelmetallen arbeitet, im Visier der Kriminellen.

Etwa hatten im November letzten Jahres sechs Gangster in Bassecourt JU einen Firmenchef und seine gesamte Familie als Geiseln genommen und anschliessend grosse Mengen an Gold gestohlen. Das Edelmetall war in den Räumlichkeiten gelagert.

Die Täter flohen mit ihren Geiseln ins benachbarte Frankreich, indem sie eine Grenzsperre in Lucelle JU durchbrachen. Der Direktor und seine Familie wurden zusammen mit seinem Fahrzeug in einem Wald in der Nähe von Bourrignon JU zurückgelassen. Die Ganoven entkamen der Polizei.

Eine ähnliche Geiselnahme ereignete sich im Januar 2018 in La Chaux-de-Fonds. Damals wurde der Direktor der Firma Cendror von sechs Entführern gezwungen, ihnen eine Menge Gold zu übergeben, bevor sie ihn und seine ganze Familie in den Bergen von Biaufond NE aussetzten und in Richtung Frankreich flüchteten.