Climeworks muss das Tesla der Direct Air Capture werden

Zu den ersten grossen Investoren von Climeworks gehört die Zürcher Kantonalbank. Mittlerweile sind die Geldgeber eine Nummer grösser, die internationale Finanzwelt klopft an. Letzte Woche beteiligten sich die Zuger Partners Group, der Singapurer Staatsfonds GIC und weitere klingende Namen. Climeworks ist ein interessantes Investment geworden, das Jungunternehmen könnte dereinst richtig viel Geld verdienen – und dadurch mithelfen, den Klimawandel einzudämmen. Doch gelingen die grossen Pläne? Dünger für Pflanzen, Baustoff für Beton Das Geschäftsmodell tönt simpel, die Technologie dahinter ist es nicht. Climeworks saugt mit riesigen Filteranlagen CO2 aus der Atmosphäre und speichert den Schadstoff unter der Erdoberfläche. Oder verwendet das Gas weiter, als Düngemittel für die Pflanzen in einem Gewächshaus beispielsweise, wie bei der Climeworks-Anlage im zürcherischen Hinwil. Den Vorgang finanzieren Privatpersonen und Unternehmen. Den Privaten verkauft Climeworks Abonnemente. Über 15’000 Menschen zahlen monatlich einige Dutzend Franken, um die Atmosphäre zu säubern. Mit den Kommerziellen geht Climeworks Partnerschaften ein, mit der Juwelierfirma Swarovski, dem Autoimporteur Amag, der Privatbank LGT und Dutzenden anderen. Ein bescheidener Beitrag zum Klimaschutz Das Startup hat Erfolg und die Idee begeistert. Doch die grosse Frage bleibt offen: ob es Climeworks schnell gelingt, die Kosten zu drücken und die Technologie massentauglich zu machen. Denn heute ist Climeworks’ Beitrag zum Klimaschutz sehr bescheiden. 4000 Tonnen CO2 saugt es mit seiner bislang grössten Anlage in Island jährlich aus der Atmosphäre. Der globale Ausstoss beträgt aktuell jährlich 4000 Milliarden Tonnen CO2. Climeworks-Co-Gründer Jan Wurzbacher traut seiner Firma aber zu, dereinst pro Jahr 1 Milliarde Tonne des Schadstoffs zu entfernen, in Verbund mit den anderen Unternehmen, die das sogenannte Direct Air Capture betreiben. «Tesla ist daran fast zugrunde gegangen» «Von 4000 auf 1 Milliarde ist ein grosser Sprung», sagt Reto Knutti, Klimawissenschafter an der ETH Zürich. «Die Technologie hat riesiges Potenzial. Aber es braucht Hunderttausende solcher Anlagen, um einen nennenswerten Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten.» Und weiter: «Es sind riesige Investitionen nötig. Und damit das Geschäftsmodell funktioniert, muss die internationale Politik einen Preis für den CO2-Ausstoss beschliessen.» Was Knutti so auch sagt: Die Partners Group und andere grosse Investoren wetten darauf, dass eine solche CO2-Abgabe beschlossen wird und dass es Climeworks gelingt, seinen Preis zu drücken. «Climeworks braucht ‹Economies of Scale› und muss seine Produktion um ein Vielfaches steigern. Dem E-Auto-Hersteller Tesla ist etwas Ähnliches gelungen. Aber das Unternehmen ist daran fast zugrunde gegangen», sagt Knutti. Die Finanzinvestoren möchten mit Climeworks Geld verdienen, das sagt auch Jan Wurzbacher, der Climeworks 2009 mit seinem Studienfreund von der ETH Zürich, Christoph Gebald, gegründet hat. «Wir sind ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Die institutionellen Investoren glauben an unser Geschäftsmodell und investieren langfristig. Sie haben erkannt, dass die Direct-Air-Capture-Technologie der Beginn einer neuen Industrie sein kann, von der Grösse der heutigen Öl- und Gasindustrie.» Zu einem späteren Zeitpunkt wird für das Zürcher Pionierunternehmen das geschäftliche Interesse in den Vordergrund rücken. Es wird den Beweis antreten müssen, dass seine Technologie besser ist als die von anderen Klimapionieren, die ähnliche Verfahren vorantreiben. «Climeworks ist vielleicht wie Tesla damals etwas schneller unterwegs als andere. Es gibt aber viele interessante Firmen auf diesem Feld», sagt Klimawissenschafter Knutti.Tesla – der Mythos und die Fakten Von der Silicon-Valley-Garage zum wertvollsten Automobil-Konzern der Welt in 15 Jahren. Kommt es dereinst zum Börsengang? Heute konzentriert sich Climeworks noch darauf, seine Technologie weiterzuentwickeln. «Mit unseren ersten Anlagen verdienen wir kaum Geld. Wir müssen unsere Verfahren skalieren, um richtig profitabel zu werden», sagt Jan Wurzbacher. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte für Climeworks möglicherweise auch ein Börsengang zum Thema werden, so der Unternehmer und Ingenieur. ETH-Wissenschafter Reto Knutti freut sich über Climeworks’ Erfolg. Und betont gleichzeitig auch die Grenzen solcher Technologien. «In den nächsten zehn Jahren werden sie gar nichts zum Klimaschutz beitragen. Aber innerhalb dieses Zeitraums muss die Menschheit ihren CO2-Ausstoss halbieren, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden.» Direct Air Capture und ähnliche technische Verfahren seien wichtig, dürften aber nicht als alleinige Lösung verstanden werden. «80 bis 90 Prozent der Emissionen müssen durch Einsparungen vermieden werden. Technologien, die CO2 aus der Atmosphäre entfernen, dienen nur als Lebensversicherung», sagt Reto Knutti.

Climeworks muss das Tesla der Direct Air Capture werden

Schafft Climeworks das Kunststück von Elon Musk?