Die Business-Idee

Rechnungen, Auftragsbestätigungen und Lieferscheine abgleichen, Zahlungseingänge kontrollieren – der administrative Aufwand in Unternehmen schluckt viel Zeit und Geld. Und je grösser die Firma, desto höher der Aufwand. Ein mittelständisches Unternehmen mit 20 Millionen Jahresumsatz bearbeitet im Schnitt 22’000 Lieferschein- und Rechnungsdokumente jährlich, ein grosser Krankenversicherer in der Schweiz sogar etwa 13 Millionen.

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Ressourcenplanungssoftware, sogenannte ERP-Systeme wie beispielsweise SAP, hilft heutzutage dabei, das Papierchaos zu bändigen und alle Prozesse zu verwalten. «Aber viele Dokumente, die nicht einheitlich gestaltet sind, müssen immer noch manuell von Mitarbeitenden abgetippt und abgeglichen werden», weiss Tim Beck, Mitgründer des Startups BLP Digital, das im Zürcher Technopark daheim ist. «Wir haben eine künstliche Intelligenz entwickelt, die Dokumente jeglicher Form auslesen kann – und auf diese Weise viele Prozesse vollautomatisiert», erklärt Beck. Die Vision: «Menschen von sich wiederholenden und mühsamen Arbeiten zu befreien und ihnen zu ermöglichen, sich auf sinnvollere und kreativere Aufgaben zu konzentrieren.»

Die Gründer

Tim Becks Bruder Sven Beck ist Mitgründer. Er hat seinen Master an der ETH in Robotics, Systems and Control gemacht. «Im Forschungslabor in Zürich sind die Algorithmen entstanden – daher sind wir ein ETH-Spin-off», so Tim Beck. Weil die Eltern der beiden in Deutschland Hersteller einer ERP-Lösung sind, waren sie bereits mit dem Thema vertraut. Gemeinsam mit Ex-Google-Datenextraktions-Leiter Pedro Marques sowie weiteren ETH- und EPFL-Absolventen trainierten sie die Maschine mit vielen Dokumenten und entwickelten die Software, die auf Bild- und Spracherkennung basiert. Im September 2019 gründeten sie eine Aktiengesellschaft. 2021 stiessen Business-Development-Expertin Sabrina Schenardi, zuvor bei SIX und SRF tätig, und Finanzexperte Thore Harmuth, zuvor bei Microsoft aktiv, als Mitgründer dazu. Seit rund einem Jahr ist das Produkt auf dem Markt, 14 Mitarbeitende sind bei BLP Digital beschäftigt.

Der Markt

Zahlreiche Unternehmen weltweit suchen nach Lösungen, um administrative Prozesse zu vereinfachen und Dokumente samt Kleingedrucktem und Tabellen mithilfe künstlicher Intelligenz automatisiert auszulesen. Auch in der Schweiz gibt es weitere Startups zum Thema, wie etwa die Cloud-Lösung Parashift aus Sissach oder Acodis aus Winterthur.

Das Problem: Für Unternehmen, die die digitalen Lösungen nutzen könnten, ist es schwierig, Unterschiede auszumachen und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Lösungen abzuwägen. «Diese Aufklärungsarbeit ist für uns die grösste Herausforderung», sagt Tim Beck, «unsere Software kann mehr Zeit einsparen als die meisten Lösungen und läuft mit jedem ERP-System.» Während andere schnelle Rennpferde anbieten würden, kämen sie mit einem modernen Auto daher.

Die Startup-Serie «Upbeat» wird Ihnen von der Credit Suisse präsentiert.

Das Kapital

Die Implementierung der Software kostet die Kunden wenige tausend Franken, danach zahlen sie bei der Nutzung je nach Anzahl automatisierter Dokumente. «Bis nächstes Jahr wollen wir unseren siebenstelligen Umsatz auf einen achtstelligen bringen», sagt Tim Beck.

Noch ist BLP Digital selbstfinanziert. Unterstützt werden die Gründer im Rahmen des Bridge-Programms von Innosuisse und dem Schweizerischen Nationalfonds sowie von der Klimastiftung Schweiz und vom Accelerator-Programm Mass Challenge Switzerland.

Die Chance

Lösungen des Papierproblems sind global gefragt. Bisher erst in der Schweiz und Deutschland im Einsatz, hat BLP Digital noch enormes Steigerungspotenzial. «Langfristig möchten wir unser Produkt so einfach machen, dass bestehende ERP-Systeme es als Partner integrieren können», so Tim Beck, «dann können wir uns auf die Softwareoptimierung konzentrieren und externe Ressourcen skalieren lassen.»

«Upbeat» – die Schweizer Startup-Serie

Unsere Startup-Serie «Upbeat» porträtiert jede Woche ein Schweizer Jungunternehmen multimedial in Print, Audio und Video. Daneben kommen die wichtigsten Investoren und Akteure der Innovationsszene zu Wort. Bleiben Sie dran, im Format Ihrer Wahl: Text, Bild und unterhaltsame Videos finden Sie jede Woche auf handelszeitung.ch/upbeat oder in den sozialen Netzwerken. Den Podcast mit vielen Tipps für Menschen, die selber in der Startup-Welt durchstarten möchten, finden Sie auf Apple Podcasts und Spotify – und überall da, wo Podcasts zu Hause sind.

Stefan Mair
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