Für eine Nacht war Uitikon-Waldegg im Januar 2018 der Nabel der Softdrink-Welt. Coca-Cola hatte ins kleine Nest bei Zürich geladen und gab in der Event-Location Giardino Verde eine rauschende Party.

Vor rund 200 Gäste erschall der Schlachtruf des US-Getränkeriesen: Europa, wir kommen. Mit einem eigenen Eistee. In der Schweiz musste der amerikanische «Fuzetea» dann zwar aus naheliegenden Gründen als «Fusetea» lanciert werden.

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An der Stossrichtung aber änderte das nichts: Mit einer gewaltigen Werbeschlacht wollte Coca-Cola sein Produkt den Europäern schmackhaft machen.

Brüttisellen gegen Vevey

Kaum war die hochrangige Brausewasser-Delegation wieder aus Uitikon-Waldegg abgerauscht, wurde der Eistee-Gefechtsstand Brüttisellen ZH aktiv. Dort, am Schweizer Sitz von Coca-Cola, wurde der Rollout von Fuzetea in 27 europäischen Ländern orchestriert.

Ein Jahr später zeigt sich: Der Marketing-Paukenschlag ist geglückt. In einer Reihe von europäischen Ländern, die zuvor für Coca-Cola Eistee-Niemandsland waren, konnten sich die US-Amerikaner quasi aus dem Stand etablieren (siehe Tabelle). Zweite Erkenntnis: Der Fuzetea-Push geht zulasten des Nestlé-Produktes Nestea.

Aus einem Friend wurde ein Frenemy

Für die Schweizer ist das besonders schmerzhaft – denn jahrelang war Coca-Cola ein Partner für Vertrieb und Vermarktung von Nestea. Im gemeinsamen Joint Venture Beverage Partners Worldwide traten Nestlé und Coca-Cola seit dem Jahr 2001 als gemeinsame Streitkräfte für Nestea auf.

Die Position der Schweizer war stark; immerhin kann sich Nestlé auf die Fahne schreiben, schon 1948 Eistee industriell produziert und lanciert zu haben. Lange bevor der grosse Boom der kühlen Zuckerbombe weltweit an Fahrt aufnahm. 16 Jahre lang arbeiteten Coca-Cola und Nestlé in ihrem 50-50-Gemeinschaftsunternehmen zusammen; Ende 2017 dann wurde das Joint-Venture aufgelöst. «Nestlé denkt, dass es Zeit ist, die Entwicklung von Nestea unabhängig voranzutreiben», liess die Firma verlauten.

Coca-Cola konnte erben

Tatsächlich war es wohl eher so, dass Coca-Cola mehr Potenzial darin sah, mit einer eigenen globalen Marke vorwärtszumachen. Ein Schritt, den man nun als strategische Marketing-Meisterleistung würdigen muss: Jahrelang betrieben die US-Amerikaner zusammen mit dem Schweizer Multi den Aufbau einer ganzen Getränkekategorie, um danach auf guter Flughöhe selber einzusteigen und damit einen besseren Teil der Marge einzustreichen.

Zwar hält Coca-Cola seit dem Ende des Joint Venture mit Nestlé weiterhin die Nestea-Lizenz für Produktion und Vertrieb in gewissen Ländern wie Portugal, Andorra, Rumänien und Bulgarien. Knacknuss Deutschland Die wirklich grossen Märkte aber rollt Coca-Cola seit 2018 mit der eigenen Marke Fuzetea auf.

Nestea kam in Deutschland unter die Räder

Wie stark der US-Riese dabei powert, zeigt sich exemplarisch in Deutschland. Dort rutschte der Detailhandel-Marktanteil von Nestea gemäss den Zahlen der Marktforscher von Euromonitor in einem Jahr von 4,3 auf 2,1 Prozent ab. Coca-Cola derweil kam aus dem Eistee-Nichts schon im ersten Fuzetea-Jahr auf eine Marke von 2,4 Prozent und überflügelte den einstigen Freund Nestlé damit aus dem Stand.

Im wichtigen Markt Deutschland hatte Nestlé 2018 gleich mit zwei Widerwärtigkeiten zu kämpfen. Nachdem die Schweizer dem Brauerei-Unternehmen Krombacher den Vertrieb von Nestea übertragen hatten, brach in den sozialen Medien ein veritabler Shitstorm aus. Krombacher wurde übelst beschimpft, mit Nestlé gemeinsame Sache zu machen.

Coca-Cola wuchs im Windschatten

Ebenfalls wenig hilfreich waren die Konflikte, die Nestlé 2018 mit einer Gruppe um den Detailhandelsriesen Edeka auszufechten hatte. Edeka & Co. nahmen Nestlé-Produkte, darunter auch Nestea, eine Zeitlang aus dem Regal, um bessere Einkaufskonditionen durchzubringen. Was den Händlern schliesslich auch gelang.

Abseits dieser Streitereien konnte Eistee-Markennovize Coca-Cola Fahrt aufnehmen. «Coke machte derweil mit viel Aufwand auf die eigene Eistee-Marke Fuze aufmerksam und belegte teils die Regalplätze von Nestea», schreibt die deutsche «Lebensmittelzeitung».

Dazu kam anderes, das Nestlé zu schaffen machte. Auch Lipton gibt sich noch lange nicht geschlagen und investiert ins Marketing, auch lokale Spieler machen immer mehr Boden gut. Nestlé Waters spricht von einem «erfolgreichen Relaunch von Nestea», räumt aber ein, dass «das volle Potenzial noch nicht erreicht» sei; es seien aber «grosse Anstrengungen geplant, um die Performance in den nächsten Monaten zu verbessern».

Andreas Güntert
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