Post geht ins Pop-up-Geschäft: Es gibt Verkaufsflächen für KMU in Schweizer Post-Filialen

Post-Chef Roberto Cirillo hat viele Baustellen. Was den Capo des gelben Riesen unter anderem fordert: Gewinnrückgang beim gelben Riesen, sinkende Brief- und Paketmengen, Kritik an Zukäufen und sinkende Frequenzen in den 800 Postfilialen. Jetzt will die Post mit einer neuen Offensive dafür sorgen, dass ihre Filialen attraktiver werden. Das Unternehmen öffnet sich für Firmen aller Art, die auf eigens dafür vorgesehen Pop-up-Flächen ihre Produkte und Dienstleistungen vorstellen und dort auch Verkäufe tätigen können. 760 der 800 Filialen machen mit «Es geht uns beim Programm Pop-up-Promo um eine verbesserte Flächennutzung, wir wollen KMU eine Chance geben, von unseren Frequenzen zu profitieren – und natürlich kann die Post so zusätzliche Einnahmen generieren, die dem Erhalt des Filialnetzes dienen», sagt Jedidja Inhelder, Leiter Ergänzungsmärkte PostNetz bei der Schweizerischen Post. Der Begriff «Pop-up» bedeutet im Detailhandelsgeschäft, dass Händler auf leerstehenden Flächen per Zwischennutzung provisorisch einen Laden nur für eine gewisse Zeit eröffnen. Das Prinzip ist speziell auch für kleinere Anbieter interessant, weil sie so zu meist geringen Beträgen zu einer Präsenz für sich und ihre Produkte kommen. Kaum allerdings je so kurz wie im neuen Programm der Post. Hier können Händler ihren Auftritt auf wenige Tage oder auch auf nur einen Tag beschränken (siehe Box). Im Herbst leise lokal gestartet, jetzt breit ausgerollt Was die Post erst vor wenigen Wochen zunächst leise und auf kleiner Flamme erprobt hatte, sei nun im ganzen Land verfügbar, sagt Inhelder: «Nach einem Pilotversuch im Herbst 2022 können wir das Angebot nun schweizweit ausrollen. Von den 800 posteigenen Filialen sind jetzt 760 Standorte buchbar.» Das Prozedere sei dabei denkbar einfach. Eine Pop-up-Fläche könne online oder am Schalter sehr kurzfristig gebucht werden, es brauche dafür nur zwei Tage Vorlaufzeit. Der Branchen-Fächer ist dabei relativ weit offen, ausgeschlossen seien nur Angebote wie beispielsweise Alkohol, Tabak oder anstössige Inhalte (welche die Post nicht näher bezeichnen will). Für die Anbieter, so heisst es bei der Post, falle nur die Miete an, es werde keine Umsatzkommission erhoben. Verkaufsstand und Payment-Methode müssen die Pop-up-Kurzzeitanbieter selber mitbringen. Online-Spezialist als Partner Strategischer Partner der Post ist das Zürcher Unternehmen Spacewise mit CEO Chalid El Ashker, über dessen Plattform Popupshops die kurzfristigen Pop-up-Flächen in 760 Schweizer Postfilialen gebucht werden können. El Ashker ist zwar selbst Online-Unternehmer, aber überzeugt von physischen Flächen: «Die Konkurrenz ist online grenzenlos, zielgerichtete Werbung wird aufgrund des Cookie-Wegfalls schwieriger, Google-Ads werden immer teurer.» Die Geschäftsmodelle funktionierten online nicht mehr so einfach und kostengünstig wie früher – «und das macht eine Präsenz in der Offline-Welt wieder attraktiver». «Garantiert Eyeballs» Aktuell werden in den 800 Schweizer Postfilialen rund 300’000 Kundengeschäfte pro Tag getätigt. Das ist zwar weniger als früher, vergleicht sich aber in etwa mit der Zahl der Gäste, die täglich eines der 175 Schweizer McDonald’s-Lokale aufsuchen. Wer denkt, dass in Postfilialen nur noch die Generation AHV zu sehen ist, bekommt es von Spacewise-Chef El-Ashker anders gesagt: «Auch viele junge Leute, die beispielsweise ihre Zalando-Pakete zurückbringen, benutzen die Postfilialen.» Dazu passt, dass Schweizerinnen und Schweizer bezüglich Retouren von Online-Bestellungen als Europameister gelten. El-Ashkers Post-Pitch geht so: Wer in der Post mit Pop-ups aktiv wird, «hat garantierte Eyeballs zu einem attraktiven Preis». Oder zu Deutsch: kann sich zu guten Bedingungen einer hohen Aufmerksamkeit sicher sein. Post verspricht: Keine «kioskartige» Atmosphäre Bereits früher versuchte die Post, mehr aus ihren Filialen herauszuholen. Woraus ein Durcheinander von externen Angeboten resultierte, das oft für Ärger sorgte. Weil die Postfilialen so als unübersichtliche Basare empfunden wurden: «Von der Badekugel bis zum Abfallsack: Die Poststelle als Gemischtwarenladen», zürnte das Konsumentenmagazin «Saldo» vor zehn Jahren. Als auch Politiker gegen den «Krimskrams» der Post aktiv wurden, reduzierte die Post das externe Angebot. Mit ihrem erneuten Anlauf, die Poststellen-Quadratmeterumsätze zu optimieren, will die Post nicht wieder in die Basar-Falle tappen, sagt Inhelder. Man habe die Sortimente in den letzten Jahren stark verringert, das «Kioskartige» sei verschwunden: «Durch eine klare Signaletik bieten wir bei den Pop-up-Promotionen eine gute Übersicht. In der Regel ist nur eine Pop-up-Fläche pro Tag und Filiale zugelassen.» Die Zielsetzung für den postalische Pop-up-Jahrgang 2023 sind noch eher tief angesetzt, sagt Inhelder: «Im ersten vollen Jahr wollen wir so mindestens 5 Prozent der freien Flächen auslasten.» Aufpoppen ab 70 Franken pro Tag Preisbestimmend für die jeweilige kurzzeitige Mietpräsenz, heisst es bei der Post, sei ein Mix aus Passantenfrequenz, Anzahl Kundengeschäfte, Anzahl Bewohner und Arbeitnehmende in der Gegend sowie der Distanz zum Bahnhof. Demnach gliedert das Unternehmen seine Filialen in verschiedene preisliche Cluster. Am günstigsten fahren Mieter in einer der Top-800-Filialen, wo 1 Quadratmeter pro Tag 70 Franken kostet; der Wochenpreis beträgt 200 Franken. Am teuersten sind die Top-30-Filialen (200 Franken pro Quadratmeter und Tag). Zu den Top-30-Filialen gehören Standorte wie Basel St. Clara, Glattzentrum Wallisellen ZH oder Schaffhausen Bahnhof. Die Pop-up-Offensive kann auch als Massnahme gesehen werden, das Postnetz zu rentabilisieren und so einen möglichst grossen Teil der Filialen zu bewahren. Dazu passt, dass die Post schon seit Herbst 2022 in ihren Filialen Platz macht für externe Anbieter wie Cornèr und Migros Bank – dies zum Ärger der Post-Tochter Postfinance, die nun in den konzerneigenen Liegenschaften konkurrenziert wird.

Post geht ins Pop-up-Geschäft: Es gibt Verkaufsflächen für KMU in Schweizer Post-Filialen

Post startet Pop-up-Offensive in der ganzen Schweiz