Lange war das Geschäft mit Diamanten und Edelsteinen ein zwielichtiges Geschäft. Die Herkunft der Steine war kaum deklariert, die Spuren verloren sich von Verkauf zu Verkauf. Insbesondere der Diamantenhandel ist eine delikate Angelegenheit, weil viele Player aus Schwellenländer involviert sind und sich dabei kaum in die Karten blicken lassen. Bis ein Diamant über die Ladentheke verkauft wird, durchläuft er viele Stationen.

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An der Edelsteinmesse in Tucson wurde nun die erste Blockchain für Farbedelsteine vorgestellt, die das Schweizer Traditionshaus Gübelin vor einem Jahr angekündigt hat (die «Handelszeitung» berichtete). Die sogenannte Provenance Proof Blockchain ermöglicht es, die Reise eines Edelsteins von der Mine bis zum Endkonsumenten nachzuverfolgen. Jede Transaktion und jede Übergabe führt zu einem Eintrag in der Blockchain.

Blockchain ist für Diamantenhändler wie geschaffen 

Mit der dezentralen Speicherung können alle Merkmale zu jedem einzelnen Stein erfasst werden. Deshalb ist Blockchain für Edelstein- und Diamantenhändler geradezu prädestiniert: Sie kann der Branche mehr Transparenz und Durchblick verschaffen und sie von Vorurteilen – Stichwort «Blutdiamanten» – befreien. Deshalb mag die Diamanten-Industrie die aufkommende Blockchain-Technologie besonders gerne, wie auch die amerikanische Zeitschrift «Fortune» in einem Artikel schrieb.

Seit den 1920er-Jahre betreibt Gübelin Labore

Die boomende Blockchain-Technologie macht sich auch Gübelin mit seiner über 160-jährigen Geschichte zunutze. Um die Herkunft von Edelsteinen zu prüfen, betreibt Gübelin seit Anfang des 20. Jahrhunderts selbständige gemmologische Labore in Luzern, Honkong und New York, dem Haupthandelsplatz von Diamantenhändlern. Die Labore von Gübelin erstellen Analysen von Diamanten, farbigen Edelsteinen und Perlen – und sind bekannt für ihre Kompetenz im Bereich der Farbedelsteine. Um die Transparenz zu erhöhen, hat die Luzerner Gübelin-Gruppe die «Provenance Proof»-Initiative gestartet.

Londoner Startup Everledger schafft Abhilfe 

Zusammen mit dem Londoner Startup Everledger wurde die Provenance Proof Blockchain entwickelt. Everledger nutzt die Unveränderbarkeit der Blockchain, um eine zuverlässige Geschichte und Authentizität von Schmucksteinen zu gewährleisten.

Die Einträge in der digitalen Aufzeichnung enthalten Dutzende von Merkmalen für jeden Diamanten, einschliesslich der Farbe, Karat und Zertifikatsnummer, die per Laser auf der Krone oder dem Gürtel des Steins beschriftet werden können. Nun hat Everledger dieses Know-how und die Technologie auch auf Edelsteine ausgeweitet. Weine und Kunst sollen folgen. 

Zum Gemeinschaftsprojekt mit Gübelin gehört eine digitale, dezentralisierte Datenbank, in der die Informationen über den Lebenszyklus von Edelsteinen entlang der gesamten Lieferkette gesammelt werden – von der Mine bis zum Endkunden. Ganz im Sinne der «Provenance Proof»-Initiative werden dabei von den Minengesellschaften über Händler, Schleifer, gemmologische Labore, Grosshändler, Juweliere und Detailhändler bis hin zum Endkunden alle am Werdegang eines Edelsteins involvierten Parteien miteinbezogen.

Lang erwünschte Transparenz möglich

Leanne Kemp, Gründerin und CEO von Everledger, sagte 2018 zur Zusammenarbeit mit Gübelin: «Durch das Zusammenführen unserer Technologie kann in der Edelsteinindustrie eine neue Stufe der Transparenz geschaffen werden». Blockchain kommt für Edelsteinhändler wie gerufen – die Herkunft jedes einzelnen Steins kann leichter geprüft werden. Doch es geht nicht nur darum, die Geschichte eines Edelsteins zu verfolgen, sondern dem Kunden auch Sicherheit über die verantwortungsvolle Herkunft der Steine geben zu können. 

Nach erfolgreicher Umsetzung der Lösung von Everledger in der Diamantenindustrie sei es ein nächster logischer Schritt, dass die Anwendung nun auf die farbigen Edelsteine erweitert werde, sagt Kemp. CEO Raphael Gübelin erklärt: «Blockchain macht aus einem undurchsichtigen und vertrauensbasierten Geschäft eines, das auf Transparenz aufbaut».

Fairer Handel

Die Zusammenarbeit mit Everledger ebne für das Luzerner Unternehmen auch den Weg für völlig neuartige Geschäftsmodelle, so Gübelin, der das Traditionshaus in der sechsten Generation führt. «Es eröffnet Chancen zur Etablierung besonders nachhaltiger und fairer Praktiken.» 

Diese neue «Kette» ist für Luxushändler wie Gübelin aber nur der Anfang. Blockchain kann als ein Teil eines neuen Handels bei noch viel mehr Rohstoffen eingesetzt werden. Die Technologie verspricht schnellere und sicherere Lieferwege – und das Vertrauen der Verbraucher. Das ist ein unbezahlbarer Luxus für ein etabliertes Unternehmen in der Schmuckbranche wie Gübelin.

Dieser Text wurde in einer ersten Version am 10. Januar 2018 publiziert und am 8. Februar 2019 aktualisiert.