«Hall of Shame»: Die Firmen auf dieser Liste machen weiter Geschäfte in Russland

Eine Liste sorgt für Aufsehen in der Firmenwelt, in den USA und in anderen Ländern, auch in der Schweiz. Diese Liste dokumentiert die beispiellose Flucht von Unternehmen aus Russland. Und zeigt in einer «Hall of Shame», wer noch immer vor Ort geschäftet. Die Liste wurde zusammengetragen von Yale-Professor Jeffrey Sonnenfeld. Er war schon Spezialist für Corporate Governance, als der Begriff in den Chefetagen der meisten internationalen Konzerne noch ein Fremdwort war, und zählt laut dem Magazin «Businessweek» zu den zehn einflussreichsten Wirtschaftsprofessoren. Amazon bis Prada – 450 Firmen kehren Russland den Rücken Die Liste von Sonnenfeld wurde insbesondere in den USA zum Katalysator für Abgänge von Corporate America aus dem Riesenreich. Nach der Publikation der ersten Version Ende Februar beschleunigten sich die Abgänge aus Russland. Innert weniger Tage gaben McDonald’s und Starbucks ihr Aus in Russland bekannt. 450 international tätige Unternehmen haben Putins Russland mittlerweile den Rücken gekehrt; Rolls-Royce liefert keine Karossen mehr nach Russland, ebenso wie Mercedes-Benz und Renault. Für die 144 Millionen Russinnen und Russen gibt es kein Netflix und kein Spotify mehr und keine Lieferungen von Amazon. Auch verzichtet Rolex darauf, Uhren zu exportieren, und in den Filialen von Chanel und Prada bleiben die Rollläden unten. Wer Putin die Treue hält Doch das ist nur die eine Seite. Andere widersetzen sich dem zunehmenden Druck der öffentlichen Meinung und halten an ihrem Russland-Geschäft fest. In der «Hall of Shame» haben Jeffrey Sonnenfeld und sein Kollege Steven Tian die Namen derjenigen zusammengetragen, die Putins Russland die Treue halten. Sie differenzieren dabei zwischen Unternehmen, die geschäften wie eh und je, solchen, die Investments zurückhalten, und etlichen, die begonnen haben, ihre Aktivitäten in Russland auch zu reduzieren. Putins langer Arm: Das droht Schweizer Firmen Zur ersten Kategorie zählt Alibaba. Der chinesische Internetriese ist in Russland noch immer mit Aliexpress unterwegs, als gäbe es keinen Krieg in der Ukraine. Die Handelsplattform macht es kleinen Unternehmen möglich, ihre Produkte international anzubieten. Auch Emirates schert aus. Anders als die westlichen Fluggesellschaften, für die der russische Luftraum tabu bleibt, fliegt die Airline Moskau und andere Destinationen in Russland noch immer an, ebenso die Turkish Airlines aus dem Land von Putins Autokratenfreund Recep Tayyip Erdogan. Die chinesischen Smartphone-Hersteller Huawai und Xiaomi sind, anders als ihr amerikanischer Gegenspieler Apple, ebenfalls weiterhin vor Ort. Koch Industries und Subway Doch es sind nicht nur die Unternehmen aus China, die das Rad in Russland auf Laufen halten. Auch die schwerreiche Industriellenfamilie Koch in den USA hält an ihrem Russland-Geschäft fest, ihre Mitglieder bekanntermassen Sympathisanten von Donald Trump und Unterstützer von Rechtsaussenpolitikern. Guardian Industries, eine Tochter von Koch Industries, betreibt in Moskau zwei Glasfabriken mit 600 Angestellten. «Wir werden unsere Angestellten nicht im Stich lassen», sagte David Robertson, Präsident und CEO von Koch Industries, der «Los Angeles Times». Der Fast-Food-Anbieter Subway verzichtet auf den Exit mit der Begründung, man arbeite mit Franchisern und habe deshalb gar nicht die Handhabe, die Filialen zu schliessen. Das Unternehmen hat aber immerhin weitere Investments in Russland gekappt. Heidrick & Struggles geht, Egon Zehnder bleibt Auch einige Schweizer Unternehmen haben das zweifelhafte Vergnügen, sich in der «Hall of Shame» wiederzufinden. Etwa Egon Zehnder, eine der ersten Adressen für Executive Search. Die Headhunter von Chefin Jill Ader nehmen zwar keine neuen Aufträge mehr von Personen an, die von den USA, der EU, von Grossbritannien, Kanada, Japan und Australien mit Sanktionen belegt wurden. Man arbeite auch nicht von Büros ausserhalb der EU aus für Oligarchen, die von der EU sanktioniert wurden, «selbst wenn das von den internationalen Sanktionen her erlaubt wäre». Von einer Schliessung des Moskauer Büros aber sehen die Partner ab, anders als Konkurrent Heidrick & Struggles. Dazu muss man wissen: Egon Zehnder hat, ähnlich wie der Nahrungsmittelkonzern Nestlé, eine lange Tradition, möglichst auf die Schliessung von Büros zu verzichten. Der Verbleib vor Ort selbst unter widrigsten Umständen ist Teil der DNA der Edel-Headhunter aus Zürich. Allerdings hat Nestlé-Chef Mark Schneider sein Geschäft in Russland auf Überlebenswichtiges wie Kindernahrung und medizinische Lösungen reduziert. Alle anderen Geschäfte hat man nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine beendet. Bei Egon Zehnder hat man die Abwägung offenbar anders vorgenommen. Auch die Credit Suisse findet ihren Namen auf der Liste wieder, zumindest aber hat die Grossbank Investments in Russland gekappt und begonnen, ihr Geschäft zu reduzieren. Glencore will raus, kann aber nicht Bleibt, als letzte Schweizer Firma auf der Liste ist Glencore in der «Hall of Shame» gelistet. Dies aufgrund seiner Anteile am russischen Erdölkonzern Rosneft und dem Aluminiumgiganten EN+. Das Problem: Gary Nagle, Nachfolger des langjährigen Glencore-Dirigenten Ivan Glasenberg, findet schlicht keinen Käufer für die Firmenanteile. Nicht einmal in China oder im Mittleren Osten finden sich Abnehmer, es droht ein Abschreiber von 1,3 Milliarden Dollar. Disclaimer: In einer ersten Version dieses Textes wurde die Société Générale in einem Zusammenhang genannt, der nicht korrekt war. Der Absatz wurde darum entfernt.

«Hall of Shame»: Die Firmen auf dieser Liste machen weiter Geschäfte in Russland

«Hall of Shame»: Diese Firmen machen weiter Geschäfte in Russland