Das Geschäftsmodell Hörgeräte Misenso von Migros

Wer neu eine Brille oder ein Hörgerät bei Migros kaufen will, muss zuerst durch die Obst- und Gemüseabteilung. Vorbei an Fenchel, Lattich und Bananen, an Waschmittel und Shampoo, gleich neben der Spielwarenabteilung steht er: der Misenso-Stand. Für knapp 12 Millionen Franken wurde der Migros-Supermarkt im Bahnhof Baden im Aargau renoviert. Und bei der Gelegenheit gleich ein Verkaufsstand für Brillen und Hörgeräte der noch jungen Migros-Marke Misenso installiert. Das Ladenfinish ist in Holz gehalten. Im Untergeschoss befindet sich Shop-in-Shop das neue Angebot des orangen Riesen für Hör- und Sehhilfen. Aus dem Lautsprecher tönt ein Sonderangebot für Schweinekoteletts. Am Misenso-Stand sind vier Optiker postiert, die internationale Brillenmarken verkaufen. Laut Auskunft einer Misenso-Optikerin zu Preisen teilweise unter jenen in Deutschland, «um damit den Einkaufstourismus nach Deutschland weniger attraktiv zu machen». Gläser aus EuropaDie Gläser kommen aus Europa, konkret aus Deutschland, wie die Verkäuferin sagt. Aktionsgläser kommen aus Asien. Von offizieller Migros-Stelle heisst es nur, zu Preisen von Mitbewerbern äussere man sich grundsätzlich nicht. Für den Brillen-Auftritt hat sich Misenso den ehemaligen Geschäftsleiter der Fielmann-Filiale an der Zürcher Bahnhofstrasse, Hans-Dieter Haas, in die Führung geholt. Bei Misenso kann er nun sein Know-how über die Preispolitik seines früheren Arbeitgebers ausspielen. Ab 199 Franken gibt es das erste Markenbrillengestell. Angeboten wird fast alles. Von Daniel Hechter über Adidas bis Bogner, Tom Ford und Hugo Boss. Misenso will dennoch mit «günstigen Preisen» punkten. Nach oben hin ist die Preisgrenze freilich offen. Teurere Modelle gibt es auch für deutlich mehr als 1000 Franken. Verrechnungen mit der Krankenkasse sind sowohl für Brillen als auch für Hörgeräte möglich. Eierlegende Wollmilchsau?Das Brillen- und Hörgeräte-Angebot von Misenso wirkt wie eine eierlegende Wollmilchsau, wie der Versuch, gleichzeitig gegen sämtliche etablierten Konkurrenten wie Fielmann und Visilab, Amplifon, Audika und Neuroth anzutreten. Hörgeräte plus Brillen, Markenware zu einem sehr tiefen Preis. Von Fachkräften betreut, erhältlich zu den Öffnungszeiten der Migros-Supermärkte, wo die neuen Brillen- und Audiologie-Standorte unter der Misenso-Marke positioniert werden. Sogar Misenso-gebrandete Lederetuis hat der Brillenhändler im Regal. Marke, Produkt, Logo, Dienstleistung – alles aus einer Hand, zusätzlich zum Einkauf im Supermarkt, ausgerichtet auf Convenience. Und Teil des Migros-Loyalitätsprogramms Cumulus. Beim Hörgeräte-Angebot könnte Misenso noch eins drauflegen. Immerhin hat die Chefetage der Firma beste Kontakte zu Sonova, repräsentiert durch Misenso-Präsidentin Sarah Kreienbühl, die seit 2018 in der Generaldirektion des Migros-Genossenschafts-Bundes sitzt. Und davor die Markenentwicklung bei Sonova geleitet hat. Sonova-Hörgeräte bei MisensoAn ihrer Seite bei Misenso: David Resch, der Marketing und Retail bei Sonova angeführt hat. Bei den guten Verbindungen zum Hörgerätehersteller aus Stäfa möchte man glauben, dass die Regale bei Misenso voll seien mit Sonova-Produkten. Sind sie aber nicht. Ohnehin blitzen die Hörgeräte nur zwischen Dutzenden von Brillen aus der Regalwand hervor. Und zur A-Klasse gehören die Hörgeräte bei Misenso auf den ersten Blick ebenfalls nicht. Zwei Marken stellt der Migros-Ableger aus: Vista – ein Privat-Label von Unitron, das wiederum ein B-Brand von Sonova ist. Sowie Hörgeräte von Philips, ebenfalls ein B-Brand, aber vom Sonova-Konkurrenten William Demant. «Wir verkaufen Hörgeräte der neusten Generation von führenden Herstellern und vertreiben zusätzlich Marken, die es im Schweizer Markt bis anhin nicht gegeben hat», sagt Migros-Sprecher Marcel Schlatter. Und fügt an, dass auf ausdrücklichen Kundenwunsch auch andere Marken bestellt werden könnten. KampfpreiseDafür gibt es die ausgestellten Geräte im Laden zu Kampfpreisen, die von 755 bis 2845 Franken reichen. Eine Ansage an die Konkurrenz. Denn Schweizer Preise für Hörgeräte sind global spitze, was der Preisüberwacher bereits Anfang Jahr monierte. In dessen Studie zum Schweizer Hörmittelmarkt steht, der Höchstpreis ab Werk – noch ohne Handelsmarge – liege bei 2792 Franken. Misenso liegt beim Endpreis nur knapp darüber.

Das Geschäftsmodell Hörgeräte Misenso von Migros

Hörgeräte von Migros: Wie funktioniert das Konzept?