Nach monatelanger Ungewissheit ist die staatliche Rettung der Lufthansa vor einer Pleite wegen der Corona-Krise beschlossene Sache. Die Aktionäre gaben am Donnerstag auf einer ausserordentlichen Hauptversammlung grünes Licht für das bis zu neun Milliarden Euro schwere Finanzpaket des Bundes.

Sie genehmigten mit einer Mehrheit von 98 Prozent der Stimmen das Paket mit einer Kapitalerhöhung zum 20-prozentigen Einstieg des Staates und die milliardenschweren Stillen Einlagen. Die Lufthansa-Spitze hatte gewarnt, andernfalls drohe eine Insolvenz mit Totalverlust für die Aktionäre. «Wir haben kein Geld mehr», sagte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley zum Auftakt des virtuell abgehaltenen Aktionärstreffens am Donnerstag.

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Nun fliesst das Geld an Swiss und Edelweiss

Damit können nicht nur Lufthansa, sondern auch Swiss und Edelweiss Air die staatlichen Hilfen erhalten. Swiss und Edelweiss begrüssten den Aktionärsentscheid, teilten sie in einem Statement am Donnerstagabend mit. Die Liquidität sei damit gesichert. «Die nächsten Schritte werden nun mit der Lufthansa Group und den jeweiligen Behörden und Gremien abgestimmt. Im Anschluss daran werden die ersten Kredite an Swiss ausbezahlt.» Thomas Klühr, Chef von Swiss, sagte: «Der heutige Entscheid der Aktionäre gibt uns Planungssicherheit, um die Wiederaufnahme des Flugbetriebs weiter voranzutreiben und die Anbindung der Schweiz an die Welt sicherzustellen.»

Auch Grossaktionär Heinz Hermann Thiele stimmte dem Deal trotz seiner zunächst geäusserten Bedenken gegen einen Staatseinstieg bei der Lufthansa zu. Mit seinem Anteil von 15,5 Prozent hätte der Unternehmer, der die Verkehrstechnikfirmen Knorr Bremse und Vossloh kontrolliert, den Rettungsplan kippen können. Kurz vor dem Aktionärstreffen gab auch die EU-Kommission das Paket unter Auflagen frei. Konkurrent Ryanair kritisierte, Deutschland verstosse damit gegen EU-Recht.

Lufthansa-Aktien stiegen am Donnerstag um bis zu 20 Prozent auf Kurse bis 10,80 Euro, das Minus seit Jahresbeginn beträgt aber immer noch fast 40 Prozent. In dieser Woche stieg das Dax-Gründungsmitglied aus dem Leitindex in den MDax ab.

Schmerzhafte Massnahmen nötig

«Es ist ohne Zweifel ein historischer Moment für unser Unternehmen», beschrieb Lufthansa-Chef Carsten Spohr auf der Hauptversammlung die Tragweite der Entscheidung. Die Rettungsaktion sei so bedeutend wie die Gründung der Lufthansa 1953 und ihre Privatisierung 1997. Die Airline sei unverschuldet wegen des Geschäftseinbruchs durch die Corona-Pandemie in Existenznot geraten. Um nach der Krise zu alter Stärke als führende europäische Fluggesellschaft zurückzufinden, müsse die Lufthansa agiler und effizienter werden. Eine harte Restrukturierung sei für den Konzern mit seinen 138.000 Beschäftigten notwendig. «Auch schmerzhafte Personalmassnahmen werden wir umsetzen müssen», ergänzte Spohr.

Das Rettungspaket besteht aus bis zu drei Milliarden Euro Kredit der staatlichen Förderbank KfW, 5,7 Milliarden Euro an Stillen Einlagen sowie einem rund 300 Millionen Euro schweren, 20-prozentigen Aktienpaket.

Seit Wochen auch in der Politik umstritten war der Einstieg des Staates als künftig grösster Aktionär. Die Beteiligung wurde auf Druck der SPD beschlossen, Unionspolitiker waren gegen zu viel Einmischung. Der Münchener Unternehmer Thiele hatte seine Zustimmung zunächst offengelassen, dann aber am Vorabend der Hauptversammlung in der FAZ erklärt, er wolle nicht für eine Insolvenz der Lufthansa stimmen.

Drastischer Umsatzeinbruch

Die Corona-Krise mit ihren Einreiseverboten hat den Flugbetrieb der Lufthansa fast zum Stillstand gebracht und für einen drastischen Umsatzeinbruch gesorgt. «Wir werden den Restart nicht aus eigener Kraft erfolgreich fortsetzen können», sagte Spohr. «Das Stabilisierungspaket ist kein Geschenk.» Die Airline werde für die Rückzahlung hart arbeiten müssen. Auch Aufsichtsratschef Kley sprach von einer erheblichen Belastung für die Airline. «Für den Staat ist es ein lukratives Geschäft. Das freut uns für den Steuerzahler.»

Einige Aktionäre stellten die Frage, ob die Lufthansa als Alternative zur Staatshilfe nicht über den Kapitalmarkt oder private Geldgeber genug Mittel hätte aufnehmen können. Der Liquiditätsbedarf der Lufthansa übersteige mit neun Milliarden Euro bei weitem die Marktkapitalisierung, erklärte Spohr. «Eine ausschliessliche Finanzierung der Lufthansa über Fremdkapital hätte zu einer sehr hohen Verschuldung geführt.» Diese sei dank der Stillen Einlage deutlich geringer.

Aktionäre kritisierten auch den niedrigen Einstiegspreis des Bundes von 2,56 Euro je Aktie. Vorstand Michael Niggemann erklärte, dies spiegele das Verhandlungsergebnis mit der Regierung wider. Zu bedenken sei, dass bei der ohne Rettung drohenden Insolvenz über ein Schutzschirmverfahren den Aktionären ein Totalverlust ihrer Anlagen gedroht hätte.

tim/Reuters