Novartis wird zu einer zweiten Roche

Jetzt wird es konkret. Novartis fasst eine Abspaltung von Sandoz ins Auge. Mit der strategischen Überprüfung sollen alle Optionen ausgelotet werden, von der Abspaltung bis hin dazu, das Geschäft zu behalten, sagte Konzernchef Vas Narasimhan in einem Call mit Journalisten zu den Quartalszahlen. Das kommt nicht überraschend. Die Überprüfung passt zur Ambition von Verwaltungsratspräsident Jörg Reinhardt und Konzernchef Vas Narasimhan, den von Daniel Vasella breit aufgestellten Konzern als Innovationsmaschine neu aufzusetzen. Schon in einem seiner ersten Interviews bezeichnete der damals neue Konzernchef Sandoz als «adjancencies», als angrenzende Gebiete. Ein Spin-off wäre folgerichtig Zudem ist die Abspaltung, nach dem Spin-off der Augenheilsparte Alcon, der nächste, folgerichtige Schritt. Auch zwischen dem Geschäft mit den Generika und dem mit patentgeschützten Medikamenten gibt es kaum Synergien. Zudem ist das Geschäft mit den Nachahmerprodukten beinhart. Der Preisdruck ist enorm, vor allem in den USA, wo die Umsätze im dritten Quartal um 20 Prozent sanken. Aber auch in Europa lassen sich mit Generika keine grossen Sprünge machen. Gleichzeitig stehen die Chancen gut, einen ansehnlichen Preis für die Einheit lösen zu können; sei es nun durch einen Verkauf oder durch einen Börsengang. Sandoz ist führend bei den Biosimilars, den komplexeren und deshalb auch interessanteren Nachahmerprodukten der Biologika. Zudem wurde die Einheit in den vergangenen Jahren mit einem Effizienzsteigerungsprogramm für einen möglichen Verkauf flott gemacht. Eine Reihe von Rückschlägen Eine Abspaltung wäre stimmig. Doch das Modell Roche mit nur margenstarken, innovativen Medikamenten birgt auch Risiken. Das zeigt just das Beispiel des Basler Pharma-Pendents. Roche geht gerade durch die vermutlich spektakulärste Pantentklippe der Geschichte der Pharmaindustrie. Rund die Hälfte der Pharmaumsätze von vor ein paar Jahren sind bedroht und müssen durch neue Produkte ersetzt werden. Pharmaunternehmen, die sich ganz auf innovative Produkte fokussieren, brauchen eine Pipeline, die zuverlässig neue, umsatzstarke Produkte ausspuckt. Doch das ist bei Novartis nicht immer der Fall. Das Unternehmen musste in letzter Zeit eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen. Beovu, ein Medikament gegen altersbedingte Makuladegeneration, erfüllte die Erwartungen nicht. Der letzte Rückschlag datiert von dieser Woche. Canakinumab, ein Wirkstoffkandidat gegen Lungenkrebs, scheiterte an der letzten Hürde, der klinischen Phase 3. Die beiden umsatzstärksten Produkte, Cosentyx, ein Medikament gegen Schuppenflechte und eine Arthritis, und das Herzmedikament Entresto sind schon länger auf dem Markt. Ob Novartis die nötige Feuerkraft hat, um ohne die zwar wenig spektakulären, dafür zuverlässig vor sich hin plätschernden Umsätze seiner Generika-Sparte auszukommen? Die Investoren sind offenbar zuversichtlich. Der Aktienkurs von Novartis, der dieses Jahr 7 Prozent verloren hatte, lag heute Morgen um 1,5 Prozent im Plus. Das Projekt Sandoz-Abspaltung hat den ersten Härtetest bestanden.