Richemont entlässt Piaget-Chefin Chabi Nouri

Seit Anfang Juni ist Chabi Nouri nicht mehr Chefin von Piaget. Die Schmuck- und Uhrenmarke im Besitz von Richemont hat Nouri still und leise ersetzt. Ihr Nachfolger heisst Benjamin Comar. Er arbeitete bis im vergangenen November als Chef der LVMH-Schmuckmarke Repossi und war zuvor bei Chanel. Richemont hat den Wechsel nicht offiziell bekannt gegeben. Dem Branchenportal «Miss Tweed» allerdings wurde ein internes Memo mit der entsprechenden Mitteilung zugespielt. Nouris Absetzung hat zwar einen guten Grund, ist aber dennoch doppelt erstaunlich. Seit Jahren in den roten Zahlen Nachvollziehbar ist der Personalwechsel, weil es Nouri nicht gelungen ist, den Niedergang der Marke zu stoppen. Noch vor wenigen Jahren machte Piaget allein mit Uhren fast 700 Millionen Franken Umsatz, letztes Jahr waren es - je nach Schätzung - noch knapp die Hälfe oder gar noch weniger (siehe Animation unten). Klar ist: Schon lange vor dem Corona-Einbruch war Piaget unterdurchschnittlich erfolgreich. Oder eben erfolglos. Seit Jahren soll die Marke rote Zahlen schreiben. Auch Nouri, so anonyme Quellen gegenüber «Miss Tweed», trage daran Schuld. Sie habe sich zu sehr auf hochwertigen Schmuck, den Nahen Osten und Asien konzentriert und soll Piagets Kunden im Uhrenbereich in anderen Regionen vernachlässigt haben. Nouri hat zwar Piaget verlassen, nicht aber Richemont. Sie ist neu strategische Beraterin von Konzernchef Jérôme Lambert. Bei dem Posten dürfte es sich allerdings um einen Schleudersitz handeln. Erstens, weil Lambert selbst gemäss diversen Quellen vor der Ablösung steht. Zweitens, weil Luxuskonzerne, auch LVMH und Kering, abgesetzte Chefs und Chefinnen vor dem endgültigen Aus gerne auf gesichtswahrenden Berater-Posten zwischenlagern. Abgang nur der Auftakt zu grösseren Veränderungen? Viele Kenner von Richemont sehen im Abgang von Nouri denn auch den Auftakt zu weiteren Management-Umbauten. Sobald der sommerliche Tiefschlaf der Uhren- und Schmuckindustrie vorbei sei, ist zu hören, würden bei Richemont weitere Posten neu besetzt. Möglicherweise muss auch eine weitere Frau aus der Führungsriege daran glauben. Denn auch Catherine Rénier, die Chefin der Uhrenmarke Jaeger-LeCoulte, hat es seit der Ernennung im Jahr 2018 nicht geschafft, die Marktanteilsverluste aufzufangen. Ihre Performance beim einstigen Zugpferd sei ähnlich glanzlos wie jene von Nouri. Die Ernennung beider Chefinnen war Teil von Richemonts Bemühungen, mehr Frauen auf entscheidende Posten innerhalb des Konzerns zu hieven. Beide engagierten sich zwar in Sachen Diversity und Empowerment, entpuppten sich aber nicht als dynamische, mutige oder gar visionäre Fühungspersonen. Dabei galten beide noch vor wenigen Jahren als Hoffnungsträgerinnen. Die graue Eminenz im Hintergrund: Emmanuel Perrin Doch das Problem bei Richemont könnte auch sein, dass bei den Uhrenmarken kein Weg an Emmanuel Perrin, dem Chef der Uhrensparte, vorbei führt. Böse Zungen behaupten gar, die Chefs der Uhrenmarken seien eigentlich gar keine richtigen Chefs, sondern bloss gut bezahlte Ausführende von Perrin, der alles kontrolliere und mikro-manage. Perrin sitze, so Kritiker, auch deshalb fest im Sattel, weil er der Neffe von Cartier-Legende Alain-Dominique Perrin sei. Und Cartier wiederum ist das wichtigste Asset von Richemont, in Sachen Prestige, Umsatz und Gewinn.