Raus mit dem Zeug, und zwar schnell. So lautet die Maxime beim Rüstungshersteller Rheinmetall in der Zentrale in Düsseldorf wie auch bei der Tochter in der Schweiz. Der Konzern, Deutschlands grösster Rüstungskonzern, produziert in Zürich und Altdorf Flugabwehrsysteme, Radar, Luftverteidigung und Munition. Und die Firma wittert gerade im Ukraine-Krieg das grosse Geschäft, wie Recherchen zeigen. Nachdem man in der Vergangenheit unter Rüstungskürzungen litt.
Ganz besonders Dampf macht Schweiz-Länderchef Oliver Dürr. In einer Botschaft ans Personal poltert der Industriemann, der früher für General Dynamics in Kreuzlingen TG arbeitete: Das Problem liege in den «extrem langen, zu langen Lieferzeiten». In solchen Krisenzeiten müsse eine Firma parat sein – «und wir sind es leider nicht». Deshalb hat der Rheinmetall-Schweiz-Chef eine Order ans Personal durchgegeben, nämlich die strikte Einhaltung der Produktionszyklen.
Endlich aufs Tempo drücken
Ab Kundenbestellung müsse nun eine Lieferzeit von zwölf Monaten angepeilt werden. Diese Vorgabe müsse nun jedem und jeder in der Firma bewusst sein. Aufmunternd gibt er seinen Leuten mit, sie sollten endlich aufs Tempo drücken. Und vor allem: «Wer will, findet Wege, wer nicht will, findet Gründe.» Etwas sachlicher meint ein Rheinmetall-Sprecher: «Unter den gegebenen Marktbedingungen mit den bekannten Versorgungsengpässen ist uns sehr daran gelegen, unsere Kunden durch vertrags- und termingerechte Lieferungen zufriedenzustellen.» Die Standorte Zürich und Altdorf gehörten einst zur Oerlikon Contraves und zur Ruag-Waffenfabrik.
Die Durchsage Dürrs ist ganz nach dem Gusto von Armin Papperger, Konzernchef von Rheinmetall in Düsseldorf. Auch er will von der gesteigerten Nachfrage und der Gunst der Stunde profitieren, zumal attraktive Aufträge winken, nachdem die Bundesregierung in Berlin zusätzliche 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr stecken will. Man habe der Regierung eine Liste von Gütern in der Höhe von 43 Milliarden vorgelegt, die man kurzfristig liefern könnte, meint Papperger. Darunter seien Munition, Logistik-Fahrzeuge, Puma-Schützenpanzer, Boxer-Radpanzer sowie Hightech-Ausrüstung für Soldaten. Also eine breite Palette von Topprodukten.
Soforthilfe für ukrainische Truppen
Die Weichen bei der Beschaffung würden nun gestellt, sagte der Rüstungschef gemäss Recherchen weiter. Dabei gehe es um Soforthilfe für ukrainische Truppen und die Nato-Verbündeten in Osteuropa. Er schliesst mit der Hoffnung auf eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung und weniger Kritik: «Vielleicht erhalten wir ja als Unternehmen endlich wieder die Wertschätzung, die unsere Arbeit verdient.» Dabei arbeite Rheinmetall an den Grundlagen für Frieden, Freiheit und Sicherheit.
Zumindest die Investoren schätzen die aktuellen Verkaufsanstrengungen von Rheinmetall überaus: Der Wert der Aktie hat sich seit der ersten Angriffswelle von Putins Truppen verdoppelt. Und es dürfte noch mehr drin liegen. Der Umsatz soll «organisch um 15 bis 20 Prozent steigen», schreibt ein Rheinmetall-Sprecher. Bei so viel Engagement dürfte es per Ende Jahr mehr sein.