Firmengründung, erste Erfolge und im Idealfall ein ruhmreicher Exit. Das ist das, was sich wohl die meisten Schweizer Gründerinnen und Gründer von ihrem Abenteuer Selbstständigkeit wünschen. Wie oft es zu so einem Weg kommt und wie oft das Abenteuer im Konkurs, im Ausstieg der Gründer oder in anderen Problemen endet, zeigt der kürzlich erschienene «Swiss Startup Radar» der Autoren Stefan Kyora, Chefredaktor von Startupticker, und Michael Rockinger, Professor an der Universität Lausanne.

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Aufgrund von Handelsregistermeldungen lasse sich der typische Lebenszyklus von Schweizer Startups nachzeichnen, so der Report. Im Durchschnitt nach drei Jahren finden zwei wichtige Veränderungen statt: Das Startup meldet einen Umzug und die Rechtsform wird geändert, in der Regel von einer GmbH zu einer AG. Beide Schritte seien Indikatoren dafür, dass das neue Unternehmen einen gewissen Reifegrad erreicht hat. Statt einer Privatadresse eines Gründers oder der Adresse einer Universität wird nun eine eigene Adresse angegeben. Damit ist das Unternehmen zu einer auch von aussen wahrnehmbaren, eigenständigen Organisation geworden.

Neuorientierung nach fünf Jahren

Nachdem die Startups sich als eigenständige Organisation formiert haben, setzt offenbar bei vielen Unternehmen eine Phase des Suchens und der Unsicherheit ein, analysieren Kyora und Rockinger. «Ein guter Viertel ändert den im Handelsregister beschriebenen Unternehmenszweck. Da diese Beschreibung in der Regel ohnehin recht allgemein gehalten ist, dürfte der Anteil der Startups, die sich in dieser Phase neu orientieren, noch darüber liegen.» Bei der Änderung beträgt das durchschnittliche Alter der Unternehmen fünf Jahre. Nicht alle Startups überstehen diese Phase. Das durchschnittliche Alter von Unternehmen, die Konkurs anmelden müssen oder liquidiert werden, betrage sechs Jahre.

Bewältigt ein Unternehmen diese Klippe, sinkt die Wahrscheinlichkeit, zu scheitern, deutlich. Die Autoren konnten durch die Datenanalyse damit eine Art «Tal des Todes» aufzeigen, in dem viele helvetische Startups verschwinden, nämlich vor allem um das fünfte bis sechste Jahr des Bestehens. Eine sehr kritische Phase für ein Jungunternehmen sei aber auch der Markteintritt. «Scheitern können Unternehmen hier entweder, weil die Nachfrage für ihr Angebot nicht gross genug ist oder weil sie nicht in der Lage sind, bei Investoren die notwendigen Geldmittel für den Marktaufbau zu beschaffen.»

Investieren Geldgeber in ein Startup, beträgt der Anlagehorizont in der Regel fünf bis sieben Jahre. Danach erzielen die Investoren im Normalfall eine Rendite, wenn das Unternehmen verkauft wird oder in einigen wenigen Fällen auch an die Börse geht – beides wird als Exit bezeichnet. «Gemäss unseren Datensätzen erfolgt der Verkauf von Jungunternehmen durchschnittlich neun Jahre nach der Gründung, wobei der Verkaufszeitpunkt relativ breit um diesen Mittelwert streut», so Kyora und Rockinger.

Nur wenige schaffen einen Exit

Auffällig sei, dass nur 6 Prozent der Startups einen Exit realisieren konnten. Bei diesen niedrigen Zahlen müsse aber beachtet werden, dass sich seit 2005 die Zahl der jährlichen Neugründungen von Startups verdreifacht hat. Insofern ist ein Anstieg der Quote wahrscheinlich. Umfassende Statistiken zu Exits von Schweizer Startups bestünden aber bisher nicht. Die Auflistung der ETH Zürich zu Spin-off-Firmen und deren Exits erlaube aber einen Vergleich. Von den ETH-Spin-offs schafften bisher 7,9 Prozent einen Exit. Das ist eine ähnliche Grössenordnung wie bei der Analyse von Kyora und Rockinger.

Die Zahl der Mitarbeitenden, die Gründer und Gründerinnen einstellen, ist naturgemäss überschaubar. «In der Schweiz klettert die Zahl der Angestellten erst gegen Ende der ersten Zehnjahresperiode über zehn», so der Report. In der zweiten Zehnjahresperiode wird nicht nur von einer höheren Basis aus gestartet, auch die Wachstumsrate ist höher. Liegt sie in den ersten zehn Jahren bei durchschnittlich 6,7 Prozent pro Jahr, steigt sie in den folgenden zehn Jahren deutlich auf 13,6 Prozent. In der zweiten Dekade wachsen die Unternehmen damit doppelt so stark wie in den ersten zehn Jahren. Die typischen Schweizer Gründer und ihre Jungfirma entwickeln sich also in den meisten Fällen nicht zu Börsen-Highflyern, sondern eher im Verlauf von zwanzig Jahren zu einem KMU mit etwa fünfzig Mitarbeitenden.

Vergleich mit anderen Ländern

Der internationale Vergleich zeichnet ein wenig schmeichelhaftes Bild. In den ersten zehn Jahren wachsen die Unternehmen in der Schweiz langsamer als in allen anderen verglichenen Ländern. In der zweiten Zehnjahresphase liegt die Schweiz dann im Mittelfeld. Insgesamt liegt die Schweiz nach zwanzig Jahren damit immer noch am unteren Ende der Rangliste. Insbesondere Startups in Deutschland beschäftigen nach zwanzig Jahren durchschnittlich deutlich mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Gründe sehen die Autoren vor allem darin, dass die Entwicklung komplexer Produkte langsameres Wachstum mit sich bringe als etwa bei einem typischen Internet-Startup. Zudem würden Schweizer Startups viele Nebentätigkeiten an Zulieferer auslagern. Und in welchen Bereichen sind Schweizer Gründer am erfolgreichsten? Hier zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen Risiko und Chancen. Im Softwarebereich gehen gut 20 Prozent der Startups in Konkurs, aber es schaffen auch 16,5 einen Exit. Im Dienstleistungsbereich schaffen das nur 5 Prozent, der Anteil der Liquidationen liegt bei 5,8. Medizintechnik bewegt sich etwa dazwischen mit 9,2 Prozent Liquidationen, aber fast 9 Prozent Exits.

Stefan Mair
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