Wie Omikron die Airlines belastet und die Kunden nervt

Nein, so hatten sich Airline-Manager den Winter nicht vorgestellt. Eigentlich, so der Plan, sollte es zwar etwas ruhiger zugehen in der kalten Jahreszeit, was ihr Angebot angeht. Aber die Richtung, die war klar: Aufwärts sollte es gehen, endlich weiter Richtung Normalität: mehr Passagiere, mehr Flieger, mehr Geschäft. Zurück zu den guten alten Zeiten fast ohne Corona – zumal auch der Sommer 2021 einigermassen gut gelaufen war. Stattdessen herrscht jetzt wieder Corona-Frust: Alle reden von Omikron. Von Quarantäne. Von PCR-Tests und so weiter. Die Aviatikwelt spürt den Druck sofort und intensiv. Sobald es neue Reisebeschränkungen gibt, gehen ruck, zuck die Buchungszahlen wieder runter. Die Branche, die mit Staatshilfe gerettet werden musste, bangt erneut um ihre Einnahmen. «Der Winter ist eine Challenge», sagt Edelweiss-Chef Bernd Bauer. Man müsse nun einigermassen über die Runden kommen. Ähnlich klingt es bei der Swiss und anderen Airlines. Überall gibt es «operationelle Schwierigkeiten». Das Problem: Wie sollen die Airlines seriös planen können in diesen Zeiten? Wie soll ein Flugprogramm entstehen, das irgendwie Bestand hat und obendrein wirtschaftlich Sinn ergibt? Mehr zum Thema Interview: Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi Pour spricht im Gespräch mit der «Handelszeitung» ausführlich über die Omikron-Folgen, Wartezeiten im Call Center und was die neue Buchungsplattform bringen soll. Einheitliche Reiseregeln fehlenInternational seien «einheitliche und transparente Reisebestimmungen nötig – dies ist aber aktuell leider nicht der Fall». So formulierte Swiss-Kommerzchef Tamur Goudarzi Pour kürzlich im Interview mit der «Handelszeitung» die Situation. Doch einheitliche Reiseregeln in Sachen Corona – das ist schon seit Beginn der Krise Wunschdenken. Und daran hat sich bis heute auch nicht wirklich etwas geändert. Jedes Land, jede Region agiert allein, der Durchblick fehlt. So ist es auch keine Überraschung, dass manche Passagiere erst gar nicht buchen wollen oder ihre geplanten Reisen wieder stornieren. Obendrein sind viele gefrustet, weil sie stundenlang in der Warteschleife der Callcenter hängen, da sie nicht wissen, was nun für ihre Reise gilt: Soll ich noch fliegen? Kann ich stornieren? Das Anrufvolumen sei sehr hoch, rechtfertigt sich die Swiss: Um mehr als das Doppelte – und zu Peak-Zeiten sogar noch mehr – seien die Anrufe im Vergleich zur Vorkrisenzeit gestiegen. Und das alles, obwohl derzeit nur rund die Hälfte der Flugkapazitäten angeboten werde im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Also bleibt den Anbietern wie etwa der Swiss nicht viel anderes übrig, als wiederholt Busse zu tun: «Wir entschuldigen uns nochmals ausdrücklich bei den Kundinnen und Kunden für die teilweise sehr langen Wartezeiten», so Goudarzi Pour. Er verspricht: «Gleichzeitig arbeiten wir an Lösungen. Wir haben mehr Mitarbeitende in den Callcentern eingestellt, 500 Mitarbeitende sind es innerhalb der Lufthansa Group, einschliesslich der Swiss.» Frühzeitig die Reiseregeln prüfen Auch Edelweiss will besser werden in Sachen Kundenservice und Callcenter-Verfügbarkeit. Die Airline zog zuletzt einiges an Ärger auf sich, weil sie Ferienflüge verschob, annullierte und statt Direktflügen Reisen mit Zwischenstopps machte. Das mit den Zwischenstopps sei sicher nicht ideal und daher auch keine Dauerlösung, so Edelweiss-Chef Bauer. Edelweiss sei ja für ihre Direktflüge bekannt. Aber bei manchen Routen, wie zum Beispiel nach Luxor, würden sich Zwischenstopps wohl auch in Zukunft nicht ganz vermeiden lassen, prophezeit Bauer. Die Nachfrage bei solchen Strecken sei derzeit leider nur sehr schwer abzuschätzen. Bauer klagt wie seine Mitstreiter bei anderen Fluggesellschaften, dass die Nachfrage nur sehr kurzfristig komme. Die Kunden zögern eben. Bauer hatte in der Krise bereits zwei Langstreckenflieger aus seiner Flotte an Eurowings Discover abgegeben. Edelweiss fehlen einfach die Passagiere, um diese beiden Maschinen im Einsatz zu halten. Und was bedeutet die Gemengelage nun für die Kundinnen und Kunden? Wer fliegt, muss sich zwangsläufig darauf einstellen, dass es – auch kurzfristig – Änderungen gibt. Daher sollten Passagiere frühzeitig die Reiseregeln der jeweiligen Länder genau studieren. Und penibel darauf achten, dass alle geforderten Nachweise zum Reiseantritt vorliegen. Das mag alles ziemlich banal klingen, doch manche Passagiere wurden am Flughafen schon abgewiesen. Oder müssen draufzahlen, für zusätzliche Corona-Tests und neue Tickets, weil sie ihren ursprünglichen Flug verpasst haben. Das ist superärgerlich. Swiss und Edelweiss: Impfpflicht für CrewsAirlines setzen derweil darauf, dass jetzt im Winter, gerade auf die Weihnachtstage hin, weiterhin viele Menschen fliegen wollen. Und die vielen Touristen, die in die Schweiz kommen wollten, etwa zum Skifahren? Tja, das sieht wohl weniger gut aus. Im nächsten Frühjahr dann, so die Hoffnung, soll alles wieder etwas besser sein. In wenigen Tagen will die Swiss ihr Sommerprogramm für das Jahr 2022 verkünden. Edelweiss ist damit schon so weit und hat kürzlich mitgeteilt, 75 Ferienziele in 32 Ländern anzufliegen. Auch Nordamerika steht dann wieder auf dem Plan. Fliegen bald nur noch geimpfte Passagiere? Den Airlines wäre das nicht unrecht. Fordern würden sie das aber natürlich nie, zumal solche Entscheide Sache der Regierungen wären. Doch beim eigenen Personal ziehen sie schon die Schrauben an. Nachdem die Swiss bereits ein Impfobligatorium fürs fliegende Personal hat, hat nun auch Edelweiss mit dieser Verpflichtung nachgezogen.