Farmy-Investor Dominique Locher über Jiffy

Sie betätigen sich neu bei Jiffy. Was genau ist Ihre Rolle beim Londoner Quick-Commerce-Unternehmen? Dominique Locher: Neben der Rolle als Gründungsinvestor bin ich als Coach und Mentor bei Jiffy aktiv und habe in dieser Charge auch das Management-Team mit ausgesucht. Alles Spitzenleute, die von Firmen wie Sainsbury’s, Deliveroo, Revolut und Alibaba kommen. Wer sind die weiteren Investoren des Unternehmens, das jüngst mit einem Startkapital von 3,6 Millionen Dollar gegründet wurde? Die erste Investment-Runde wurde angeführt vom Wagniskapitalgeber LVL1 Group; zu den Investoren gehört unter anderen auch Oskar Hartmann, der jüngst das deutsche Startup Flaschenpost.de an die Oetker-Gruppe verkauft hat. London ist heute schon ein umkämpfter Platz für E- und Quick-Commerce-Unternehmen. Wie sticht da Jiffy aus der Masse heraus? Jiffy wird in den nächsten Tagen loslegen, zu Beginn mit fünf Depots in London. Später im Jahr sollen zwanzig weitere solche Logistik-Stationen – wir nennen sie «Cloud Stores» oder «Dark Stores» – in ganz England hinzukommen. Wir starten mit 2000 Produkten, die wir in maximal 15 Minuten ausliefern. In England und ganz besonders in London ist die Akzeptanz für Online-Foodbestellungen im Europavergleich rekordmässig hoch mit bereits über 15 Prozent Anteil am Detailhandel – die Schweiz liegt im Vergleich per 2020 bei 3,5 Prozent –, und der Markt wächst rasant weiter. Vor der Online-Konkurrenz ist mir also überhaupt nicht bange. Zumal es gar nicht unsere Hauptkonkurrenz ist. Wer ist die Hauptkonkurrenz? Das sind all die physischen kleinen Läden im Liefergebiet, die oft lange Öffnungszeiten haben. Aber auch davor fürchte ich mich nicht. Läden sind ein Relikt der Vergangenheit beziehungsweise der Prä-Internet-Ära. Alle Quick-Commerce-Unternehmen starten immer in Gebieten, wo die Ladendichte sehr hoch ist. Ein Paradox? Nein, das ist Teil des Geschäftsmodells, das nur in Ballungsgebieten funktioniert. Im 3-Kilometer-Radius eines Lieferdepots muss es eine ausreichend grosse Kundschaft geben, sonst funktioniert es nicht. Jiffy wurde in Rekordzeit und mitten in der Pandemie gegründet. Waren Sie dafür in London vor Ort? Leider nein. Wir steuerten die ganze Sache remote, ich zum Beispiel aus dem Homeoffice in der Romandie und von einer Alphütte im Aostatal aus. Logistik-Standorte etwa fanden wir per Google Maps. Das Kick-off-Meeting hatten wir Mitte Dezember, dann ging es los. Das war und ist eine Blitzoperation par excellence. Hatten Sie eine Art Erleuchtungserlebnis bezüglich Quick-Commerce? An einer VR-Sitzung bei Migros Türk in Istanbul bestellte ich einst online ein Getränk. Innert weniger Minuten stand es gut gekühlt auf dem Tisch. Da merkte ich, welche Power und Kraft, um Konsumgewohnheiten zu ändern, in solchen Lieferdiensten steckt. Daraufhin half ich Migros Türk, Anfang 2019 den Quick-Commerce-Anbieter Hemen (auf Türkisch: «Jetzt») auf die Beine zu stellen. Was sind die erfolgskritischen Merkmale von Jiffy und vom Quick-Commerce generell? Fünf harte Faktoren – und ein weicher. Der weiche zuerst: der Smile auf dem Gesicht des Kunden. Die harten Faktoren: operationelle Exzellenz – Null-Fehler-Toleranz im Kundenversprechen. Das Liefervolumen pro Standort muss eine gute Grösse haben, der Warenkorbwert soll maximiert werden. Die Einkaufskonditionen für den Warenmix müssen stimmen. Die Usability der App muss einfach sein und die Auslieferung – sie geschieht bei Jiffy per Velo – muss effizient und pünktlich erfolgen.Der E-Food-Evangelist Dominique Locher war von 2000 bis 2017 bei LeShop, ab 2013 übernahm er beim Online-Händler von Migros den CEO-Posten. Seit dem ist er Investor und Berater für diverse Lebensmittelhändler. Locher hat er beispielsweise den Supermärkten von Migros Türk in der Türkei, Edeka in Deutschland oder Ozon in Russland zum Online-Handel verholfen. Heute ist er für den Schweizer Online-Lebensmittel-Markt Farmy tätig und seit neustem auch bei Jiffy dabei.

Farmy-Investor Dominique Locher über Jiffy

«Wir starten mit 2000 Produkten, die wir in maximal 15 Minuten ausliefern»