Zertifikat-Gegner versuchen Firmen auf ihre Seite zu ziehen

Der Bundesrat zieht im Kampf gegen Corona wieder die Zügel an. Ab dem kommenden Montag gilt eine Zertifikatspflicht in Innenbereichen von Bars und Restaurants. Auch ins Theater, Kino, Casino, Schwimmbad, Museum und weitere Freizeiteinrichtungen darf nur mehr, wer ein Zertifikat vorzeigen kann. Zudem will der Bundesrat Firmen ermöglichen, das Zertifikat bei ihren Arbeitnehmenden zu überprüfen, «wenn es dazu dient, angemessene Schutzmassnahmen festzulegen oder Testkonzepte umzusetzen». Falls eine Firma von ihren Teams einen Test verlangt, muss sie die Kosten dafür selber tragen. Berufung auf WirtschaftsfreiheitFür Gegner der Zertifikatspflicht sind die Verschärfungen untragbar. Sie organisieren sich inzwischen auf Onlineportalen wie Animap.ch. Das Portal listet über 4'000 Schweizer Unternehmen auf, welche die neuen Zertifikatspflichten nicht umsetzen wollen. Darunter Gastrobetriebe, Freizeiteinrichtungen wie Boulderhallen, Bäckereien, Handwerker und IT-Unternehmen. In Zürich sind 271 Betriebe gelistet. In der Umgebung von Rapperswil 232. In Basel Stadt und Basel-Landschaft sind es über 300 Betriebe. Wer sich auf der Liste einträgt, verzichtet nach Angaben der Portalbetreiber ausdrücklich darauf, Kundinnen und Kunden auf ihren Gesundheitszustand anzusprechen und den Vorweis von Gesundheitsdokumenten zu verlangen. Die Organisatoren der Seite berufen sich auf die Wirtschaftsfreiheit und das Diskriminierungsverbot. Unternehmen wie Toth's Chimney Cake aus Zürich, das Cateringservices und Takeaway anbietet, sehen ihre Präsenz auf dem Portal als Statement. Geschäftsführerin Nicole Toth erklärt gegenüber HZ: «Wir wollen niemand ausschliessen und diskriminieren. Es soll weiterhin Freiheit und Recht bestehen auf ein normales Leben für die nicht geimpft sind.» Firmen auch ohne ihr Wissen gelistetEinige Unternehmen scheinen aber auch gegen ihren Willen auf der Liste auf. «Wir haben zu keinem Zeitpunkt darum gebeten, in eine Liste aufgenommen zu werden», sagt Daniel Cyganek von der Restaurantkette Stripped Pizza. «Wir wurden einfach mit erwähnt in deren Aufzählung. Des Weiteren haben wir bereits darum gebeten, von der Animap-Teilnehmerliste gelöscht zu werden.» Wie die Liste genau zustande kommt und wer die Unternehmenseinträge freigibt, ist nicht klar. Die Zertifikatgegner mobilisieren jedenfalls auf allen Kanälen. Auf Seiten wie reaktion.org werden passende Merchandise-Artikel für die Anti-Zertifikat-Firmen vertrieben. So etwa der Aufkleber «Kein Covid-Zertifikat» im Fünferpack für 2 Franken. Bereits im Sommer startete mit Animap.Jobs ein Jobportal für Ungeimpfte. Das Portal hat auch Ableger in Deutschland und Österreich. Das Ziel: Die Vermittlung von Arbeitsplätzen, bei denen Test- und Impfzertifikate ignoriert werden. Grossen Anklang scheint das Portal bisher aber nicht zu finden. Für die Schweiz gibt es noch fast keine Inserate. Und auch in Deutschland und Österreich ist die Zahl der Unternehmen, die gezielt nach Ungeimpften suchen, sehr überschaubar. Mehr Freiheiten für FirmenDen Vorwurf, der Bundesrat führe mit der ausgeweiteten Zertifikatspflicht indirekt einen Impfzwang ein, wies der Bundesrat zurück. Das Covid-Zertifikat stehe allen offen – auch Personen, die sich testen lassen, sagte Bundespräsident Guy Parmelin. Die Massnahme sei volkswirtschaftlich tragbarer als alle anderen Optionen. Parmelin erwähnte weitere Vorteile der ausgedehnten Zertifikatspflicht beispielsweise in Restaurants: Das Zertifikat gebe den Unternehmen mehr Freiheiten, weil die Maskenpflicht falle, keine Trennwände mehr nötig seien und keine Abstandsregeln mehr gälten. Wer sich nicht an die neuen Regeln hält, kann mit hundert Franken gebüsst werden. Einrichtungen und Veranstaltungen, welche die Zertifikatspflicht nicht beachten, können auch geschlossen werden. Für die Kontrolle sind die Kantone zuständig.