Im vergangenen Jahr verursachten Überschwemmungen, Stürme, Waldbrände und andere Katastrophen weltweit volkswirtschaftliche Schäden von 270 Milliarden Dollar.

Dies gab der Branchenprimus am Dienstag bekannt. Das war zwar weniger als 2021 mit Schäden von 320 Milliarden Dollar, reihte sich aber in die "schadenintensiven" vergangenen fünf Jahre ein. Finanziell schwerwiegendste Katastrophe des vergangenen Jahres war demnach mit 100 Milliarden Dollar Schaden der Hurrikan "Ian", der Ende September die US-Ostküste traf.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Naturkatastrophen werden auch für Versicherungen zunehmend teuer: Von den 270 Milliarden Dollar Gesamtschaden waren rund 120 Milliarden versichert. "Wir haben so etwas wie eine neue Normalität mit 100 Milliarden jährlichen Schäden für die Versicherungswirtschaft", sagte Ernst Rauch, Leiter der Geoforschung bei der Munich Re. "Wir haben in der jüngeren Vergangenheit fünfmal diese Grenze überschritten. In Zukunft werden wir die hundert Milliarden immer häufiger erreichen oder überschreiten."

Nordamerika oft am härtesten getroffen

Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten Naturkatastrophen, da die Daten für die Berechnung der Versicherungsbeiträge von Bedeutung sind. Nordamerika wird häufig am schwersten getroffen, so auch im vergangenen Jahr mit 150 Milliarden Dollar Gesamtschaden.

Hurrikane sind dabei ein massgeblicher Faktor. "Die Hurrikanstatistik im Atlantik geht bis 1851 zurück", sagte Rauch. "Im Mittel gab es seither etwa elf bis zwölf benannte tropische Wirbelstürme pro Jahr, allerdings sind die Beobachtungsdaten aus früheren Jahrzehnten nicht unbedingt vollständig."

Gesicherte Daten gebe es seit Beginn der Satellitenbeobachtung Ende der 1970er Jahre. "Und seither hatten wir eine durchschnittliche Zahl von etwa 14 bis 15 benannten Stürmen pro Jahr, viele davon in Hurrikanstärke. Auch unsere Beobachtung in den letzten Jahren ist, dass die Zahl der Stürme im Nordatlantik zugenommen hat."

US-Ostküste im Auge der Hurrikans

Die Munich Re geht davon aus, dass der für die US-Ostküste und die Karibik beunruhigende Trend anhält: "Zugenommen hat auch der Anteil der besonders starken Stürme, und dieser wird im Zuge des Klimawandels weiter zunehmen", sagte Rauch.

An zweiter Stelle der Naturkatastrophenschäden folgt die Region Asien/Pazifik mit rund 70 Milliarden Dollar. Die Schäden in Europa beliefen sich auf etwa 25 Milliarden. Ungewöhnlich waren nach Einschätzung der Geowissenschaftler des Unternehmens vor allem extreme Trockenheit und Temperaturen.

"In Hamburg und in London hatten wir erstmals über 40 Grad, und wieder - ähnlich wie 2018 - eine starke Dürre gesehen", sagte Rauch. Es gibt nicht viele Jahre, in denen man in Deutschland den Klimawandel so unmittelbar spüren kann." Rauchs Erwartung für die Zukunft: "Diese Kombination von Hitze und Dürre werden wir in Zukunft öfter sehen."

Nach Auswertungen des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus war der Sommer 2022 der wärmste bisher gemessene in Europa, das Gesamtjahr 2022 das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen 1979. Heisser war bislang nur das Jahr 2020.

Viel gravierendere Schäden

Hinzu kommt, dass einzelne Naturkatastrophen mittlerweile in manchen Weltregionen sehr viel gravierendere Schäden als in der Vergangenheit verursachen: "Die Überschwemmungen in Australien zeigen eine sprunghafte Schadenentwicklung, die wir in manchen Ländern und bei manchen Naturgefahren zunehmend beobachten", sagte Rauch.

So summierten sich die Flutschäden in Australien auf 4,7 Milliarden Dollar, deutlich mehr als das Doppelte des bis dahin grössten Überschwemmungsschadens von 1,8 Milliarden.

Das betrifft auch Deutschland: "Im Ahrtal übertraf der versicherte Schaden mit acht Milliarden Euro den vorherigen Schadenrekord durch Hochwasser in Deutschland um den Faktor vier", nannte Rauch die Flut des Sommers 2021 als Beispiel.

Nach den Analysen des EU-Programms Copernicus sind die Temperaturen in Europa in den vergangenen 30 Jahren mehr als doppelt so schnell gestiegen wie im globalen Durchschnitt, von allen sieben Kontinenten erwärmt sich Europa am stärksten. Die Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre sind demnach 2022 auf Rekordwerte gestiegen: Im Jahresdurchschnitt auf 417 ppm (Teile pro Million) für Kohlendioxid und 1894 ppb (Teile pro Milliarde) für Methan.

Die Messungen zeigten, "dass die atmosphärischen Konzentrationen weiter ansteigen, ohne dass es hierbei Anzeichen für eine Verlangsamung gibt", sagte Vincent-Henri Peuch, Leiter des Copernicus-Monitoring-Dienstes. Grundlage der Beobachtungen sind Messungen am Boden, in Luft und Wasser sowie von Erdbeobachtungs- und Wettersatelliten.