Der berufsorientierte Weiterbildungsmarkt lässt sich wahrscheinlich am besten mit folgender Redensart umschreiben: «Vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen.» Die Vielzahl an Anbietern und möglichen Abschlüssen ist hierzulande enorm, der Wettbewerbsdruck gross. Transparenzprobleme scheinen die logische Folge. Dem Kunden dürfte es nicht einfach fallen, sich einen Überblick zu verschaffen und einen Weg durch das Dickicht zu schlagen.

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Dominiert wird der Schweizer Markt noch immer von den grossen Weiterbildungsinstitutionen. Dazu gehören private Anbieter wie die Bildungsgruppen des Kaufmännischen Verbands (KV) und von Kalaidos oder die zum Migros-Genossenschafts-Bund gehörende Klubschule Business. Während sich private Kleinbetriebe oftmals nur regional behaupten können, verfolgen die Einheiten das Ziel, sich auch auf nationaler Ebene durchzusetzen.

«Weiterbildungsmarkt ist gesättigt»

So verbindet die KV Bildungsgruppe die sieben führenden KV-Schulen und den KV Schweiz. «Die einzelnen Institutionen bleiben unabhängig. Wir wollen aber zusammen als Gruppe national wahrgenommen werden», erklärt Peter Rüegger, Geschäftsführer von KV Bildungsgruppe. Kollektive Stärke ist auch für Jakob Limacher, Leiter der Kalaidos Bildungsgruppe, ein zentraler Punkt: «Der Markt ist gesättigt. Als Zusammenschluss von Institutionen haben wir uns aber in diesem intransparenten Umfeld eine klar definierte und marktrelevante Position geschaffen.»

Insgesamt werden laut dem Bundesamt für Statistik ungefähr 80 Prozent der besuchten Kursstunden bei privaten Trägern absolviert. Unter den vielen kleinen Institutionen, welche um die Gunst der Teilnehmer buhlen, herrscht daher ein stetiger Wettbewerbsdruck. Der Schweizerische Dachverband für Weiterbildung (SVEB) stellt in seiner letzten Statistik aus dem Jahre 2010 fest, dass sich die Anbieter vor einer weiteren Zunahme der Konkurrenz fürchten, was zu einem «Verdrängungs- und Überlebenskampf auf Kosten der kleinen Anbieter» führen könnte. Die Szene sehe sich gezwungen, innovativ zu bleiben und Nischenprodukte zu bieten.

Von solchen Konkurrenzängsten ist derzeit bei den renommierten und grössten Weiterbildungsorganisationen nichts zu spüren. Sie verlassen sich auf ihren im Markt bereits gefestigten Stellenwert und ihre Reputation. «Wir konzentrieren uns nicht nur auf die Konkurrenz, sondern legen den Fokus auf unsere Marktchancen», sagt Limacher. Gelassen gegenüber der Konkurrenz zeigt sich auch Rüegger und nennt den Namen als Erfolgsgaranten: «KV steht für Qualität, Seriosität und Tradition. Wir bieten bodenständige, praxisnahe Ausbildungen und wollen im Vergleich der Schulen in der oberen Mittelklasse positioniert sein.» Mit diesen Attributen wolle man sich von den jüngeren, sich betont lässig präsentierenden Anbietern abgrenzen.

Die Klubschule Business erwartet im Angebotsbereich Management und Wirtschaft einen höheren Wettbewerbsdruck. Konkurrenz sei dort hauptsächlich von Fachhochschulen mit Weiterbildungsangeboten zu erwarten. «Mit unseren praxisorientierten, eher kürzeren Kursen und Lehrgängen sind wir aber sehr gut positioniert», meint Thomas Schmutz, Leiter der Koordinationsstelle der Klubschule Migros.

Betreffend Geschäftszahlen für 2011 geben sich KV und Kalaidos selbstbewusst und sprechen von einem Wachstum im vergangenen Jahr. Für 2012 rechnen die beiden Bildungsgruppen mit einer moderaten Entwicklung, weil die Weiterbildungsbranche stark vom Zustand der Konjunktur abhängig sei. Genaue Zahlen wurden zum jetzigen Zeitpunkt nicht genannt. Konkreter wird die Klubschule Migros: Sie schloss das Geschäftsjahr 2011 mit einem leichten Rückgang um 1 Prozent ab. Für das Geschäftsjahr 2012 wird dafür eine «leicht positive Entwicklung» erwartet, weil der Auftragsbestand gegenüber dem vergangenen Jahr höher liegt.

Keine wesentlichen Auswirkungen auf das Geschäft habe bis jetzt die Euro-Krise gehabt, so Jakob Limacher von der Kalaidos Bildungsgruppe. «Die Erfahrung zeigt aber, dass sich die Folgen wirtschaftlicher Krisen oftmals verzögert in unserer Branche niederschlagen», ergänzt er. Die Teilnehmerzahlen seien zwar bereits in einigen Studiengängen leicht zurückgegangen. Schwierig dürfte es allerdings erst werden, wenn nach dem Ende der derzeitig laufenden Studiengänge Neuanmeldungen ausbleiben würden. Ein wichtiger Vorteil der grossen Anbieter ist, dass sie in Bezug auf ihre Palette breit diversifiziert sind. «Damit lassen sich negative Nachfrageentwicklungen leichter kompensieren», sagt Rüegger von KV Bildungsgruppe.

Dennoch konnte bei den drei Anbietern die Tendenz festgestellt werden, dass die Unternehmen zurzeit weniger bereit sind, ihren Mitarbeitenden die Weiterbildung zu finanzieren. Die Investition in die Angestellten kommt bei innerbetrieblichen Sparmassnahmen als Erstes unter die Räder, was sich längerfristig auf die Teilnehmerzahl auswirkt. Gemäss Rüegger dürfte die finanzielle Beteiligung der Firmen an den Schulungen vielfach von 80 auf 50 Prozent zurückgegangen sein. Ein drastisches Absacken der Neuzugänge könnte von einem Anstieg der Arbeitslosenquote ausgehen. «Die Veränderung der Beschäftigungsrate hat zwangsläufig einen Einfluss auch auf unsere Branche», bestätigt Limacher.

Teilnehmer müssen oft selber zahlen

Auch die Klubschule Business beobachtet, dass in Krisenzeiten die Teilnehmer ihre Weiterbildungen häufiger selber bezahlen müssen. Dies betrifft insbesondere die kürzeren Kurse, die von den Arbeitgebern bevorzugt werden. «Für Unternehmen steht heute mehr denn je der unmittelbare Nutzen der Ausbildung für den jeweiligen Aufgabenbereich an erster Stelle», sagt Schmutz von der Klubschule Migros. Es seien gerade diejenigen Schulungen gesucht, bei denen die Mitarbeitenden Kompetenzen erlangten, die am Arbeitsplatz auch wirklich benötigt würden. Doch gerade diese kürzeren Schulungseinheiten werden von den Betrieben immer weniger finanziert.

 

Marktführer: Drei grosse Schweizer Weiterbildungsorganisationen

Kalaidos Bildungsgruppe
Die 1993 gegründete Kalaidos Bildungsgruppe mit Sitz in Zürich vereinigt Bildungsinstitute von der Volksschul- und Gymnasialstufe über die berufliche Aus-und Weiterbildung bis zur Fachhochschul- und Universitätsstufe. Im Rahmen einer One-Brand-Strategie wurden AKAD Hochschule für Berufstätige, PHW Hochschule Wirtschaft und Athemia per 1. April 2010 zur Kalaidos Fachhochschule Wirtschaft fusioniert. Die WE’G Hochschule Gesundheit wurde per 1. Januar 2012 zur Kalaidos Fachhochschule Gesundheit umfirmiert.

Klubschule Migros
Die Klubschule Migros ist die grösste Weiterbildungseinrichtung der Schweiz. Jedes Jahr besuchen rund eine halbe Million Menschen einen Kurs oder Lehrgang an den insgesamt 50 Standorten. Zur Auswahl stehen mehr als 600 Angebote. Neben dem etablierten Freizeitangebot profiliert sich die Klubschule Migros mit der Klubschule Business seit 2007 verstärkt als Aus- und Weiterbildungspartnerin im beruflichen Bereich, auch mit Angeboten für ganze Firmen. «Bildung für alle»: Diesen Leitgedanken verfolgt die Klubschule Migros seit über 60 Jahren.

KV Bildungsgruppe Schweiz
Die 2009 lancierte KV Bildungsgruppe Schweiz mit Sitz in Zürich ist die grösste Anbieterin für Aus- und Weiterbildung im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Berufsfeld. Sie ist ein Zusammenschluss der sieben grössten KV-getragenen Schulen unter Mitwirkung des Kaufmännischen Verbandes Schweiz. 2011 verzeichnete die KV Bildungsgruppe Schweiz rund 22000 Weiterbildungsstudierende, 15000 Grundbildungslernende sowie 600000 Lektionen mit einem Umsatz von 190 Millionen Franken in der Grund- und Weiterbildung.

 

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