Die globalen Finanzmärkte werden erneut aufgeschreckt. Grund ist die taumelnde First Republic Bank. Diese prüft derzeit den Verkauf von Vermögenswerten im Wert von 50 bis 100 Milliarden Dollar. Mit diesem Plan will das Finanzhaus sich aus den Turbulenzen retten, die die Branche im vergangenen Monat erfasst haben.

Die Aktien der First Republic Bank fielen am Mittwoch zum US-Handelsstart auf ein Allzeittief und notierten um 27 Prozent tiefer bei 6.03 Dollar. In diesem Jahr ist der Kurs damit um 95 Prozent gefallen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Aktien stürzten bereits am Dienstag um 49 Prozent auf ein Rekordtief ab. Der Marktwert des Unternehmens halbierte sich somit auf 1,5 Milliarden Dollar. Anfang März war die Bank noch mehr als 22 Milliarden Dollar wert.

Verkauft werden sollen unter anderem auch Hypotheken und Wertpapiere mit langen Laufzeiten. Ein solcher Schritt soll die Diskrepanz zwischen den Aktiva und Passiva der Bank verringern – einer der Faktoren, die First Republic nach einem Bank-Run auf die Einlagen im März ins Taumeln gebracht haben, so mit der Angelegenheit vertraute Personen (siehe Box). 

Potenzielle Käufer, darunter auch grosse US-Banken, könnten Optionsscheine oder Vorzugsaktien als Anreiz für den Kauf von Vermögenswerten über ihrem Marktwert erhalten, sagte eine der Personen. 

Das Problem mit Aktiva und Passiva

Eine Diskrepanz zwischen Aktiva und Passiva kann entstehen, wenn die Zinssätze steigen und die Banken gezwungen sind, den Einlegern einen höheren Zinssatz zu zahlen, als sie den Kreditnehmern berechnen. Bei First Republic ist dieses Problem von besonderer Bedeutung, da ein grosser Teil der Aktiva aus Hypotheken für Einfamilienhäuser besteht, die zu Zeiten historisch niedriger Zinssätze aufgenommen wurden. Eine Veräusserung dieser Kredite würde dazu beitragen, die Diskrepanz zu beseitigen.

Das Problem: Darlehen, die zu Zeiten niedriger Zinsen vergeben wurden, sind heute weniger wert, was bedeutet, dass First Republic beim Verkauf einen Verlust verbuchen müsste, es sei denn, es gelingt ihr, Käufer zu finden, die die Darlehen zu einem annähernden Nennwert aufkaufen. Dafür könnten die Käufer eine Art Versüssung verlangen, zum Beispiel in Form von Optionsscheinen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die First Republic über Jahre hinweg bereit war, reiche Hauskäufer und Immobilieninvestoren mit Tiefstzinsen zu locken. Einige dieser Hypotheken erlaubten es den Kreditnehmern sogar, die Rückzahlung des Kapitals für ein Jahrzehnt zu vermeiden.

Das Taumeln der angeschlagenen Bank drückt auch in Europa auf die Stimmung der Anleger. «Die Bankenkrise scheint oberflächlich zwar abgewendet, jedoch rumort es unter der Oberfläche», sagte Konstantin Oldenburger, Analyst beim Broker CMC Markets. 

Eine Konsolidierung der Bankenlandschaft in den USA scheine unausweichlich, nächste Insolvenzen drohten. Dadurch dürften auch die Kreditvergabebedingungen noch restriktiver werden, was die Verfügbarkeit von Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen weiter einschränke.

Das belastet auch den Schweizer Leitindex SMI. Am frühen Nachmittag notiert er rund 1,2 Prozent tiefer. Nichts anhaben kann die negative Stimmung derzeit den Papieren der UBS. Diese steigen um rund 1,6 Prozent. Auch der deutsche DAX rutscht um rund 0,7 Prozent ab.

Kredite im Fokus

Einen Tag nachdem First Republic einen Gewinn gemeldet hat, der weit hinter den Schätzungen der Analysten zurückblieb, dämmert den Anlegern das ganze Ausmass der Herausforderungen, vor denen die Bank steht. Eine Schlüsselkomponente ihres früheren Erfolgs – das Vermögensverwaltungsgeschäft für sehr reiche Kunden – muss wohl Federn lassen. Hinzu kommt nun, dass ein grosser Teil der Vermögenswerte abgestossen werden muss.

Ein Sprecher des in San Francisco ansässigen Unternehmens lehnte eine Stellungnahme ab. 

Neben dem Verkauf von Vermögenswerten plant die Bank auch, sich auf Kredite zu konzentrieren, die auf dem Sekundärmarkt verkauft werden können, wie sie am Montag mitteilte. Das ist eine scharfe Abkehr von der alten Strategie, nur verzinsliche Mega-Hypotheken anzubieten, ein Service, der Massen reicher Kreditnehmer anlockte und dazu beitrug, das Unternehmen zu einem Vermögensverwaltungsriesen zu machen.

Dieses Geschäft steht nun unter Druck, nachdem Dutzende von Beratern zu Topkonkurrenten wie Morgan Stanley, UBS Group AG und Royal Bank of Canada abgewandert sind. Auch Analysten machen sich Sorgen um die Zukunft des einst boomenden Geschäfts, das Kunden aus wohlhabenden Enklaven in den USA anzog. 

First Republic verfügte am 31. März über ein Gesamtvermögen von 233 Milliarden Dollar, 173 Milliarden Dollar an Krediten und 35 Milliarden Dollar an Wertpapieren, wie aus dem Gewinnbericht für das erste Quartal hervorgeht.

«Wir arbeiten an der Restrukturierung unserer Bilanz»

Nachdem Bloomberg über den geplanten Verkauf von Vermögenswerten berichtet hatte, sanken die Aktien der First Republic weiter. Sie waren bereits am Dienstag gesunken, nachdem das Unternehmen einen unerwartet starken Rückgang der Einlagen im ersten Quartal gemeldet hatte.

Diese fielen auf 104,5 Milliarden Dollar und lagen damit deutlich unter dem Durchschnitt der von Bloomberg zusammengestellten Analystenschätzungen von 137 Milliarden Dollar. In der Gesamtsumme ist eine Finanzspritze von elf der grössten US-Kreditgeber in Höhe von 30 Milliarden Dollar enthalten. 

Letzten Monat hat First Republic einen möglichen Zusammenbruch abgewendet, nachdem eine Gruppe von 11 grösseren Finanzunternehmen zugestimmt hatte, zusammen 30 Milliarden Dollar an Einlagen bei dem Kreditgeber zu parken.

JP Morgan Chase & Co, Bank of America Corp, Citigroup Inc. und Wells Fargo & Co steuerten jeweils 5 Milliarden Dollar an nicht versicherten Einlagen bei, während andere Banken im Rahmen eines gemeinsam mit den US-Aufsichtsbehörden ausgearbeiteten Plans kleinere Beträge einzahlten.

Die Bank bestätigte am Montag, dass sie strategische Optionen prüft. «Wir arbeiten an der Restrukturierung unserer Bilanz», sagte Finanzvorstand Neal Holland in einer Erklärung.

(dob/mit Material von Bloomberg und Reuters)