Kreditplattform: CG24 deklariert 18 Millionen Franken als Ausfall

Am Dienstagmittag bekamen die Investoren, die über die Kreditplattform CG24 Geld verliehen haben, ein E-Mail der unangenehmeren Art. «Mit diesem Schreiben informieren wir Sie darüber, dass Sie von diesem Clean-up betroffen sind. Damit fällt heute Nacht mindestens ein Kredit direkt oder indirekt aus, welcher einen Einfluss auf Ihr virtuelles CG24-Depot hat», heisst es in dem Kundenschreiben. Konkret hat CG24 Kredite im Volumen von 18 Millionen Franken als Ausfall deklariert. Das Unternehmen bestätigt einen entsprechenden Bericht des Portals Inside Paradeplatz. Zum Vergleich: Insgesamt hat die Plattform derzeit ein Kreditvolumen von 163 Millionen Franken ausstehen, das heisst, die Ausfallquote beträgt 11 Prozent – was im Branchenvergleich viel ist. Mängel bei der Kreditprüfung «Die fraglichen Kredite stammen aus der Startphase von CG24. Sie hätten strenger geprüft werden können, entsprachen jedoch der damaligen Kreditprüfungspolitik. Die notwendige Verschärfung der Politik haben wir entsprechend im Jahr 2020 vorgenommen», erklärt Patrick Winterhoff, Chief Operating Officer. Rund 95 Prozent der fraglichen Problemkredite seien Ausleihungen an KMU und stammen aus der Zeit zwischen 2017 und 2019. CG24 ist keine Bank: So funktioniert Crowdlending Die Idee beim Crowdlending ist, dass Investoren direkt in Kredite investieren, ohne dass eine Bank dazwischengeschaltet ist. Das soll die Margen senken: Investoren erhalten mehr Zins, Kreditnehmende bezahlen weniger dafür. Allerdings tragen Investorinnen und Investoren auch direkt das Kreditrisiko. Fällt ein Kredit aus, weil der oder die Kreditnehmende das Geld nicht zurückbezahlen kann, wird das zu einem direkten Verlust für die Anlegerinnen und Anleger. Anders als bei einer Bank, welche die Ausfälle tragen muss. Die meisten Plattformen empfehlen daher, das Geld in Tranchen an mehrere Kreditkunden zu verteilen, statt alles in einen einzelnen zu investieren. Bei CG24 gilt ein Spezialfall: Verluste werden anteilig auf alle Investoren verteilt, die in die gleiche Art Kredit investiert haben (siehe Erklärung im Haupttext). Neben einer mangelnden Prüfung der Schuldner räumt Winterhoff Schwächen im Umgang mit den Problemkrediten ein. «Rückblickend und in Anbetracht der zwischenzeitlichen ökonomischen Schocks – Covid und dramatische Zinsanstiege – hätten wir die Kredite früher als technischen Ausfall deklarieren müssen», sagt der CG24-Manager. Warum hat das Unternehmen dann so lange zugewartet? «Zum einen hofften wir zunächst auf eine schnelle Verwertung der Sicherheiten. Gerade aber die Verwertung von Immobilien zieht sich in einigen Fällen sehr in die Länge», erklärt Winterhoff. «Zum anderen hofften wir, das Problem quasi auswachsen zu können», fügt er an. Sprich, CG24 hatte gehofft, dass das Kreditbuch schneller wächst, auf diese Weise wäre die Quote der notleidenden Kredite geringer geworden. Hoffen auf die Verwertung der Sicherheiten Noch seien die 18 Millionen nicht komplett verloren, sagt Winterhoff. So laufe die Verwertung der Kreditsicherheiten, etwa von Immobilien. Doch das dauert eben. Das Unternehmen schätzt, dass mindestens 40 Prozent der ausstehenden 18 Millionen so wieder reinkommen. Bei CG24 kommt noch eine Besonderheit hinzu: Im Unterschied zu anderen Plattformen wie Lend gibt es bei CG24 eine sogenannte Solidaritätsvereinbarung. Das heisst, die Kreditgeber haften kollektiv für Ausfälle. Diese Vereinbarung sieht vor, dass alle Kreditgeber anteilig für Kreditausfälle im entsprechenden Kreditportfolio haften. Beispiel: Der Topf der KMU-Kredite umfasst 1 Million. Gläubiger eins hat einen Kredit von 100'000 Franken gesprochen, der Schuldner eins zahlt. Doch ein anderer Kredit von Schuldner zwei in dem Topf fällt aus. Da Gläubiger eins einen Anteil von 10 Prozent am Gesamttopf der KMU-Kredite hält, haftet er solidarisch für den Kreditausfall von Gläubiger zwei mit 10 Prozent. Das System sollte Investoren eine zusätzliche Sicherheit zu bieten. Jetzt führt die Solidarhaftung dazu, dass Investoren auch bluten müssen, deren eigenen Kredite nicht notleidend sind. Dämpfer für den Wachstumsmarkt? Der Vorfall könnte nun der Erfolgsstory von Crowdlending in der Schweiz einen empfindlichen Dämpfer verpassen, befürchtet Andreas Dietrich, Professor am Institut für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern. «Das war immer ein Schreckensszenario der Branche, dass ein Anbieter mit Negativschlagzeilen auffällt», sagt Dietrich. Angesichts des Gesamtvolumens von rund 600 Millionen Franken an Crowdlendingkrediten seien die notleidenden Ausleihungen von 18 Millionen der CG24 ein «signifikantes Volumen», so der Experte. Mittlerweile tummeln sich 14 Anbieterinnen und Anbieter auf dem Markt, die bisher ein ansehnliches Wachstum verzeichnen. Auch Banken und Versicherer mischen mit. 2022 übernahm die Vaudoise die Plattfom Neocredit.ch komplett. Im Dezember 2021 beteiligte sich die Basellandschaftliche Kantonalbank an der Swisspeers AG. Nicht alle Plattformen haben dasselbe Angebot. CG24 ist zusammen mit Lend und Cashcare in allen Kreditkategorien präsent, Splendit und Lendora sind auf Konsumkredite spezialisiert, Neocredit und Swisspeers wiederum vermitteln nur Firmenkredite. Als Konsequenz der aufgeschobenen Ausfälle der fraglichen Kredite hat CG24 nun entschieden, dass ein Kredit als technischer Ausfall gilt, wenn der Schuldner 180 Tage mit seinen Zahlungen im Verzug ist. Zudem soll die Solidaritätsvereinbarung überarbeitet werden. Details dazu seien noch in Arbeit, sagt COO Winterhoff. Unterschiedliche Ausfall-Definitionen Mit der 180-Tage-Regel hat CG24 aber immer noch mehr Geduld als im Branchenschnitt. So arbeitet die Branchenorganisation Swiss Marketplace Lending Association mit einer 120-Tage-Frist, ab der ein Kredit als Ausfall gilt. Bei Lend beläuft sich die Frist nur auf 90 Tage. Lend publiziert auf seiner Website transparent die Ausfälle pro Jahrgang eines Kredits. Die Ausfallraten können dabei auch schwanken. Der Grund: Können die Ausstände durch die Verwertung von Sicherheiten zum Teil eingetrieben werden, sinkt die Ausfallquote. Zu sehen ist das expemplarisch bei KMU-Krediten aus dem Jahr 2019: Bei dieser Tranche erreichte die Ausfallrate nach 20 Monaten den Höchststand von 6,55 Prozent. Diese ist dann im Verlauf auf rund 4 Prozent gefallen. Und so hofft auch CG24, dass von den ausstehenden 18 Millionen die eine oder andere Million noch durch die Verwertung von Sicherheiten reinkommt. Doch wie viel Kredit die Croudlending-Plattform bei Investoren mit dem verspäteten Frühjahrsputz im Portfolio verspielt hat, das vermag derzeit noch niemand zu sagen.

Kreditplattform: CG24 deklariert 18 Millionen Franken als Ausfall

Kreditplattform CG24 verzeichnet hohe Ausfälle