Warum der Streit zwischen Comparis und der Finma auch Google treffen könnte

Der Streit zwischen Comparis und der Aufsicht Finma hat das Potenzial, die Branche der Vergleichsportale durcheinanderzuwirbeln. Und er wirft die Frage auf, ob auch Firmen wie Google künftig beaufsichtigt werden müssten. Seit August 2019 liegt das Vergleichsportal Comparis mit der Aufsicht im Clinch. Es geht dabei um die Frage, ob Comparis sich als Versicherungsvermittler registrieren lassen muss. Die Aufsicht verlangt dies, Comparis wehrt sich dagegen. 2021 hatte die Finma in dem Fall ein Enforcement-Verfahren eingeleitet und droht nun damit, die Gewinne aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen rückwirkend ab dem Jahr 2015 einzuziehen. Was ist Kunden-Info, was Makler-Tätigkeit? Vergangene Woche kündigte Comparis an, Rückstellungen für die Kosten des Streits zu bilden. Auch deswegen sei 2022 ein Verlust angefallen. Zudem liefen die Geschäfte schlecht. Als Folge kündigte Comparis Massenentlassungen an. Derzeit beschäftigt das Portal 200 Menschen. Comparis ist Marktführer unter den Vergleichsportalen in der Schweiz. Im Kern dreht sich der Streit um die Frage, wo das reine Informieren der Konsumentinnen und Konsumenten aufhört und wo die regulierte Vermittlertätigkeit anfängt. Wettbewerber von Comparis wie Moneyland verfolgen den Streit sehr genau, denn das Ergebnis könnte Folgen für die gesamte Branche haben. Moneyland-Gründer und -Chef Benjamin Manz meint, dass sein Unternehmen unter Umständen Anpassungen bei einzelnen Versicherungsvergleichen vornehmen könnte. So funktionieren die Portale Um den Streit zu verstehen, ist ein Blick unter die Motorhaube der Vergleichsportale wie Comparis, Moneyland oder Financescout24 nötig. Diese stellen ihren Nutzerinnen und Nutzern Produktvergleiche zur Verfügung, etwa zu Hypotheken oder zu Auto- oder Krankenversicherungen. Im einfachsten Fall ist in der Vergleichstabelle hinter jedem Anbieter ein Button. Wer draufklickt, landet beim jeweiligen Finanzanbieter. Für den Klick bekommt das Portal vom Anbieter Geld. Daneben gibt es das sogenannte Lead-Modell, um das der Streit tobt. «Dabei schlägt das Portal Finanzprodukte wie Versicherungen vor, der Kunde füllt ein Formular aus und willigt ein, dass diese Daten an den Anbieter gehen. Für diese Daten zahlt der Versicherer eine Vergütung», erklärt Moneyland-Chef Manz. Nach Eingang der Kundendaten sendet dann der Versicherer dem entsprechenden Kunden eine Offerte. Der Portalanbieter würde aber nicht erfahren, ob es zu einem Abschluss kommt oder nicht. Comparis argumentiert, dass dies ein wichtiger Unterschied zu den Maklern sei. Denn diese bekommen eine Provision, wenn ein Kunde eine Versicherung dank der Vermittlung durch den Makler kauft. Comparis dagegen würde lediglich Informationen gegen Vergütung weiterreichen. Für die Finma ist dies aber bereits eine Vermittlertätigkeit, daher müsse sich Comparis als Makler beaufsichtigen lassen. Mehr zum Thema Finma droht Comparis mit Gewinneinzug Comparis nimmt nach Kritik Produktportfolio unter die Lupe Die Rechtslage ist derzeit unklar Wer hat recht? Die aktuelle Rechtslage ist etwas schwammig, meinen Fachanwälte. Laut Artikel 40 im Versicherungsaufsichtsgesetz sind Vermittler Personen, die «im Interesse von Versicherungsunternehmen oder anderen Personen Versicherungsverträge anbieten oder abschliessen». Laut einem befragten Experten ist derzeit die reine Adressvermittlung nicht als Maklertätigkeit einzustufen. Doch die Auflistung von Angeboten, die dazu führe, dass ein Kunde davon eines auswählt, liege im «Graubereich» der Maklertätigkeit. Die Finma lege hier den Gesetzestext weit aus. Die Finma selbst macht zu dem Streit keine Angaben. Mit ihrer Haltung greift die Finma offenbar bereits einer Neuerung der Aufsichtsverordnung vor, die derzeit in Arbeit ist. Die Verordnung will den Vermittlungsbegriff weiter fassen und die Portale regulieren. Als Vermittlung gelten soll demnach bereits «das Bereitstellen von Informationen über einen oder mehrere Versicherungsverträge aufgrund von Kriterien, die eine Versicherungsnehmerin oder ein Versicherungsnehmer über eine Website oder andere elektronische Medien wählen kann». Doch noch ist die Verordnung nicht in Kraft. Keine Klagemöglichkeit Und Comparis argumentiert, dass es nicht die Rolle der Finma sei, die derzeit geltende gesetzliche Definition der Vermittlertätigkeit schon heute auszuweiten. Die Betroffenheit der Portale ist dabei unterschiedlich. So will Moneyland prüfen, wie aufwendig eine Maklerregistrierung sei, sollten die bisher gebotenen Versicherungsvergleiche künftig als regulierte Dienste gelten. Eine Alternative sei eine Umstellung des Angebots. Dagegen ist Moneypark seit seiner Gründung 2012 als Versicherungsmakler registriert. Auch Financescout24 hat nach eigenen Angaben kein Problem, weil die Muttergesellschaft, die Swiss Marketplace Group AG, den Versicherer Mobiliar als Kernaktionär hat. Damit gelte Financescout24 als sogenannter gebundener Vermittler, diese müssen sich nicht bei der Finma registrieren lassen, teilte das Unternehmen mit. Was Fachanwälte stört, ist der Fakt, dass die Finma gegen Comparis bis heute keine Verfügung verhängt hat, gegen die sich das Unternehmen vor Gericht wehren kann. Es sei normal, dass es zwischen Aufsicht und Firmen zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen komme, so ein Fachjurist. Doch die Rechtsauslegung der Finma müsse durch Gerichte geprüft werden können. Comparis prüft nun, ob das Unternehmen eine Rechtsbeschwerde dagegen einreichen wird, dass die Finma noch keine Verfügung erlassen hat. Und was ist mit Google? Der Fall hat auch eine industriepolitische Dimension: Denn bei der Produktsuche ist die Suchmaschine Google der dominante Player. Google bietet zwar keine Vergleichstabellen an, aber mit seiner Suchfunktion listet Google ebenfalls Anbieter auf, auf deren Links die Suchenden dann klicken können, um auf der Anbieterseite eine Versicherung abzuschliessen. Bei einer weiten Auslegung der Vermittlertätigkeit, wie sie der Finma vorschwebt, müsste auch Googles Verkauf von Werbebuttons darunterfallen, argumentiert Comparis. Andernfalls würden die Vergleichsportale gegenüber dem US-Riesen benachteiligt.

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Der Streit zwischen Comparis und der Finma zieht Kreise