Wirtschaftspolitiker fordern, dass wieder eine Frau ins Direktorium der SNB einzieht

Wegen der Krise bei der Credit Suisse ging die Nachricht fast ein wenig unter: Andréa Maechler, die einzige Frau im dreiköpfigen Direktorium der Schweizerischen Nationalbank, verlässt Ende Juni die SNB. Sie wechselt zur Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, die auch als «Notenbank der Notenbanken» bezeichnet wird. Maechler wird dort die Vize-Chefin. Nun wird die Forderung laut, dass auf Maechler wieder eine Frau ins SNB-Direktorium einzieht. «Wie in allen Gremien ist eine angemessene Vertretung von Frauen wichtig», heisst es aus dem Umfeld des Bankrates der SNB. Der Bankrat ist das Aufsichtsorgan der Notenbank und dafür verantwortlich, dem Bundesrat eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für den vakanten Posten vorzuschlagen. Mehrere Mitglieder des Bankrates wollten zur Nachfolge-Suche keinen Kommentar abgeben. Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner reagierte nicht auf eine Linkedin-Anfrage. Machtvolles Gremium Das Direktorium der SNB ist wohl eines der mächtigsten Organe der Schweiz. Denn die Geldpolitik bestimmt die Leitzinsen und den Franken-Wechselkurs. Und von diesen ökonomischen Parametern hängen Millionen Jobs ab und die Frage, wer sich noch eine Hypothek leisten kann und wer nicht. Ausserdem verwaltet die SNB Devisenanalagen in der Höhe von 800 Milliarden Franken. Es wäre nicht sehr zeitgemäss, wenn in einem so wichtigen Gremium nur Männer vertreten wären, zumal es nicht an fähigen Kandidatinnen mangelt. Und es würde den Ruf der SNB, eine konservative, von Männern dominierte Institution zu sein, zementieren. Daher sprechen sich auch namhafte Wirtschaftspolitikerinnen und -politiker dafür aus, dass auf Maechler wieder eine Frau folgt. Auch wenn das Parlament kein Mitspracherecht bei der Besetzung des Topjobs hat, so ist dies dort dennoch ein Thema: «Wenn es eine Kandidatin mit den nötigen Fähigkeiten gibt, wäre eine Frau zu bevorzugen», sagt zum Beispiel FDP-Ständerat Ruedi Noser. Sollte das gelingen, wäre der Wechsel Maechlers zur BIZ nach Basel seiner Ansicht nach sogar eine Win-win-Situation. Denn «es gibt auch bei der BIZ Schweizer Interessen, die es zu verteidigen gilt», so Noser. Im charakteristischen Turm der BIZ, der an einen Skischuh erinnert, treffen sich regelmässig alle wichtigen Notenbankchefinnen und -chefs der Welt, um hinter verschlossenen Türen über Geldpolitik und Finanzstabilität zu beraten. Bei der BIZ ist zudem der mächtige Bankenausschuss angesiedelt, der die Regeln für internationale Grossbanken festlegt, wie das Eigenkapital-Regime «Basel III». «Der Bund hat Vorbildfunktion» Auch die Grünliberalen-Nationalrätin Kathrin Bertschy wünscht sich, dass die Spitze der Nationalbank eine Frau in ihren Reihen hat. «Gremien funktionieren erwiesenermassen besser, wenn sie divers besetzt sind», argumentiert sie, zudem habe der Bund in der Frage der Gleichstellung «eine Vorbildfunktion». Es gebe eine ausreichend grosse Zahl an Ökonominnen, die für den Posten infrage kämen. In dieser Frage ist Mitte-Ständerat Pirmin Bischof etwas zurückhaltender, so gross sei das Kandidatinnenfeld nicht. Eine Frau im SNB-Direktorium sei daher «wünschenswert, aber nicht zwingend». Primär entscheidend sei, dass die Nachfolgerin oder der Nachfolger Maechlers «bestens mit geldpolitischen Fragen» vertraut ist. Die SNB selbst will sich zur Frauen-Frage nicht weiter äussern. Zuständig für die Besetzung des SNB-Direktoriums sei der Bankrat, wählbar sind laut Artikel 44 des Notenbankgesetzes alle Persönlichkeiten «mit einwandfreiem Ruf und ausgewiesenen Kenntnissen in Währungs-, Bank- und Finanzfragen». Und: Der oder die Neue muss das Schweizer Bürgerrecht haben und im Land wohnen. So läuft der Suchprozess Der Suchprozess dürfte bereits im Gange sein. Welcher Headhunter den Bankrat dabei unterstützt, ist nicht bekannt. Der Ernennungsausschuss sichtet das Aspiranten-Feld, externe wie interne, stellt die Favoriten dann dem Gesamtbankrat vor, der dann dem Bundesrat einen finalen Vorschlag macht. Selbstverständlich hat auch die SNB-Spitze um Präsident Thomas Jordan ein Wort mitzureden. Und welcher Top-Frau werden nun Chancen nachgesagt? Eine aussichtsreiche externe Kandidatin ist Marlene Amstad, die aktuelle Finma-Präsidentin. Die Titularprofessorin der Uni Bern arbeite Anfang der 2000er Jahre bereits für die SNB, und zwar in der Forschungsabteilung des Departements Geldpolitik. Sie bringt jede Menge internationale Erfahrung mit und arbeitete zum Beispiel von 2004 bis 2005 bei der Fed-Distriksnotenbank New York. Ab 2012 wirkte sie in Asien, unter anderem bei der BIZ in Hongkong und lehrte an der dortigen Universität. Amstad ist nicht jemand, die mit ihrer Meinung hinter dem Berg hält, was ihr Reibereien mit dem früheren Finma-Chef Mark Branson eingebracht haben soll, der es nicht gewohnt war, eine aktive Präsidentin über sich zu haben. Branson übernahm dann im Sommer 2021 die Leitung der deutschen Aufsicht Bafin. Auch interne Kandidatinnen Die SNB hat auch interne Kandidatinnen für die Vakanz: Als Erstes ist hier Petra Gerlach zu nennen, die seit August 2022 stellvertretendes Dirketoriumsmitglied der Nationalbank ist. Die promovierte Ökonomin fing 2004 bei der SNB an, wechselte 2009 bis 2011 zur BIZ nach Basel und forschte danach am berühmten Trinity College in Dublin. Bei der SNB legte sie eine steile Karriere hin, so war sie 2017 für geldpolitische Analysen zuständig, 2021 wurde sie Vize-Chefin des Bereichs Volkswirtschaft und wurde schon ein Jahr später zur Vize-Direktorin befördert. Sie kennt die SNB also bestens. Doch genau das könnte ein Nachteil sein, weil mit Thomas Jordan und Martin Schlegel bereits zwei SNB-Eigengewächse im Direktorium sind. Immer wieder genannt wird auch Beatrice Weder di Mauro, die schon als Starökonomin bezeichnet werden kann. In den 1990er Jahren arbeitete sie beim IWF und der Weltbank, nach einem Abstecher in Tokio war sie zwischen 2004 und 2012 Mitglied im deutschen «Rat der Wirtschaftsweisen», wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gerne genannt wird. Allerdings hat die frühere Verwaltungsrätin der UBS nie für eine Zentralbank gearbeitet. Wer immer das Rennen macht: Eine ruhige Kugel wird die neue Spitzenkraft im SNB-Direktorium nicht schieben können. Die Inflation ist hartnäckig und die Zinswende sorgt derzeit für Stress in den Märkten, wie das Beispiel Credit Suisse eindrucksvoll zeigt.

Wirtschaftspolitiker fordern, dass wieder eine Frau ins Direktorium der SNB einzieht

Es braucht wieder eine Frau im SNB-Direktorium