Entschuldigung vom CS-Management: Deshalb sagten Körner, Lehmann und Thiam erst so spät Sorry

Sie kamen unerwartet, die Worte von CS-Präsident Lehmann am Dienstag: «Ich möchte mich entschuldigen, für alles, was passiert ist.» Lange hat diese Entschuldigung auf sich warten lassen. Obwohl die Bank längst am Boden war, per Notrecht entschieden. Im Gegenteil – während die UBS offiziell davon sprach, die CS mit einer Übernahme «gerettet» zu haben, schrieben CS-Kommunikationsleute noch immer von einer «Fusion», in deren Rahmen die «zwei führenden Schweizer Finanzinstitute mit komplementären Stärken vereint» würden. So ein Kundenbrief von letzter Woche. Die Empörung wuchs. Vor allem auch, nachdem einer nach dem anderen – Axel Lehmann, Ulrich Körner, Tidjane Thiam – ihre Arbeit und das Team lobten, nicht aber von den Schwierigkeiten sprachen und nicht aufzeigten, dass auch das Management Fehler gemacht hat. Das stiess sauer auf, und es stellt sich die Frage: Warum fiel es den Herren so schwer, sich zu entschuldigen? Weshalb wird es auf Führungsstufe schier unmöglich, menschliches Versagen zuzugeben? Denn grundsätzlich heisst es im Arbeitskontext stets: Fehler sind menschlich. Sie gehören zum Alltag, dank Fehlern lernen die Leute. Je höher die Position, desto geringer die Fehlertoleranz Doch dieses Wissen scheint auf Managerstufe vergessen zu gehen – oder wie die Psychologin Monika Matschnig schreibt: «Umso höher die Position einer Person, desto stärker ausgeprägt könnte die Hybris sein.» Laut der Expertin wird die Luft für ehrliche Selbstreflexion und Feedback nach oben hin häufig dünner. «Wer würde schon dem obersten Boss ein ehrliches Feedback geben?», fragt Matschnig. Auch wenn im Arbeitskontext dazu ermuntert wird: Es geschieht selten. Das wiederum vergrössert die blinden Flecken der Führungspersonen, ihre Selbstüberschätzung steigt. «Diese Selbstüberschätzung hat Vor- und Nachteile. Sie lässt risikobereiter agieren, drängt vorwärts, trifft Entscheidungen. Der Nachteil ist das Erkennen der Fehlbarkeit.» Als Grund für das Scheitern wird in der Folge nicht das Ego gesehen, sondern andere Umstände wie die Politik oder die wirtschaftliche Situation. Gleichzeitig gilt es, auf Kaderstufe makellos zu sein, Reputationsverluste führen schnell zum Jobverlust. Je höher die Stelle, umso tiefer der Fall. Beispiele für fehlerhaftes Verhalten gibt es genug, der prominenteste Fall ist der von Pierin Vincenz. Laut Matschnig gilt es aber zu unterscheiden, ob eine Person sich für eine flapsige Äusserung entschuldigt – oder aber ein Unternehmen an die Wand fährt. Eine öffentliche Entschuldigung birgt rechtliche Gefahren Ein weiterer Grund dafür, dass sich Führungspersonen nur selten öffentlich entschuldigen: der rechtliche Aspekt. Entschuldigt sich eine Führungsperson für die Fehler, die während ihrer Amtszeit gemacht wurden, dann macht sie das angreifbar. Anwältinnen und Anwälte sind sich zwar einig, dass grundsätzlich eine Entschuldigung nicht direkte Konsequenzen hätte – doch keine Anwältin würde aktuell ihrem Klienten raten, sich öffentlich zu entschuldigen. Denn in einem gewissen Sinne käme das einem Schuldeingeständnis gleich. Und ein solches wiederum kann Auswirkungen auf die sogenannten Directors- and Officers-Versicherungen, kurz D&O, haben. Diese Versicherungen basieren auf dem OR-Artikel, der gesetzlich regelt, dass Verwaltungsrat und Topmanagement einer Firma persönlich haftbar sind für ihr Handeln und entsprechend zur sorgfältigen Ausübung ihrer Mandate angehalten sind. «Zum Schutz der Organe schliessen Gesellschaften für ihre Organe eine D&O-Versicherung ab», sagt der D&O-Experte Markus Haefeli. Heute verfügen beinahe alle börsenkotierten sowie grösseren KMU über eine D&O-Versicherung, die Manager vor Fehltritten schützt. Klarerweise greift eine D&O-Versicherung nur, wenn Manager und Managerinnen keine strafbaren Handlungen begehen – «Pflichtverletzungen der Organe sind grundsätzlich über die D&O-Versicherung abgedeckt, sofern diese nicht vorsätzlich begangen wurden und kein weiterer Ausschlusstatbestand vorliegt.» Im Falle einer Entschuldigung muss das also nicht heissen, dass sie eine vorsätzlich begangene Handlung zugeben – «eine öffentliche Entschuldigung ist nicht zwingend ein Eingeständnis eines Fehlers» – und eine Entschuldigung würde auch den D&O-Schutz nicht beeinträchtigen. Doch angesichts der Sammelklagen und der laufenden Untersuchungen hüten sich die Führungskräfte im Moment, Sorry zu sagen. Sergio Ermotti solls richten Steigen mit der Ernennung Sergio Ermottis zum neuen CEO nun die Hoffnungen auf einen reflektierten Chef? Gegenüber der «Schweizer Illustrierten» antwortete er auf die Frage, ob man als Konzernchef Schwäche zugeben kann, mit diesem Satz: «Man kann als CEO zugeben, dass man einen Fehler gemacht hat. Man muss dann aber auch zeigen, dass man bereit ist, die Konsequenzen zu tragen. Fehler zugeben können ist doch ein Zeichen von Grösse!» Die Zukunft wird zeigen, ob Ermotti auch als CEO der neuen Superbank hinter seiner Aussage steht. Immerhin hat die ehemalige CS-Spitze sich doch noch zu einem Sorry durchgerungen. Das macht Hoffnung. Die neue UBS Die UBS sollte einst «United Bank of Switzerland» heissen, konnte die Marke dann aber aus rechtlichen Gründen nicht durchsetzen (weshalb «UBS» heute offiziell nichts heisst). Doch jetzt wäre die Bezeichnung so wahr wie nie: Vereinigte Bank der Schweiz. Nach der Übernahme der gefallenen Credit Suisse wird es in der Schweiz nur noch eine einzige Grossbank geben. Die Traditionsmarke Credit Suisse wird verschwinden. Die neue UBS wird den Schweizer Bankenplatz dominieren. Sei es im Hypothekargeschäft, im Firmenkundengeschäft, auf dem Arbeitsmarkt oder ganz einfach bei den Sparkonten: Um die UBS wird künftig kaum noch jemand herumkommen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Entschuldigung vom CS-Management: Deshalb sagten Körner, Lehmann und Thiam erst so spät Sorry

«Je höher die Position, desto geringer die Fehlertoleranz»