Musk feuert Agrawal bei Twitter: Was gilt bei CEO-Kündigungen?

Die erste Aktion des neuen Twitter-Chefs Elon Musk: Er feuerte den bisherigen CEO Parag Agrawal sowie zwei weitere Topmanager. Musk hat sich stattdessen selbst an die Spitze gesetzt. Er ist jetzt: «Chief Twit». Es dürfte der Auftakt einer juristischen Schlammschlacht sein: Es ist unklar, ob die drei Topmanager ihren Lohnanspruch auf gesamthaft über 100 Millionen Dollar verlieren. Wie sähe es aus, wenn die Situation in der Schweiz spielen würde? Wie verhält es sich bei hochrangigen Rücktritten? Welche Folgen hat eine Entlassung? Wann ist eine Einigung angezeigt? «Im Gegensatz etwa zu Deutschland gilt in der Schweiz der Grundsatz der Kündigungsfreiheit, und zwar auf allen Hierarchiestufen», weiss Marita Hauenstein, Rechtsanwältin und Partnerin bei Fischer Rechtsanwälte. Das heisst: Chefs sind vor Kündigungen nicht gefeit. Wird einer Spitzenmanagerin oder einem Spitzenmanager gekündigt, sind sie häufig ab dem Folgetag freigestellt. Das kann zwei Gründe haben: eine fristlose Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag. «Diese beiden sind jederzeit möglich, eine fristlose Kündigung aber natürlich nur bei Vorliegen von wichtigen Gründen», so Hauenstein. Unruhe vermeiden Gang und gäbe ist der Aufhebungsvertrag: «Dieser erlaubt den Parteien, eine massgeschneiderte Lösung in Bezug auf die Modalitäten und den Ablauf der Trennung zu treffen.» Geregelt werden dabei mitunter die Bonusfrage und die Abgangsentschädigung, aber auch allfällige Ansprüche aus einem Incentive-Plan, die Frage des Konkurrenzverbots sowie der Verschwiegenheitspflicht. Hauenstein betont die Wichtigkeit dieser Lösung auch im Hinblick auf die Reputation einer Firma: «Das Unternehmen ist daran interessiert, dass ein Wechsel an der Führungsspitze im Betrieb keine Unruhe stiftet oder nach aussen grosse Wellen wirft, sondern dass sich die Parteien mit Blick auf die Kontinuität in der Unternehmensleitung in gegenseitigem Einvernehmen trennen.» Meistens funktioniert das gegenseitige Einvernehmen. Die wenigsten Trennungsfälle kommen vor Gericht. Es gibt jedoch Ausnahmen, wie Adrian Weibel, Rechtsanwalt von Swiss Leaders (ehemals Schweizer Kader Organisation SKO), sagt: «Emotionale Konflikte mit Vorgesetzten führen häufig zu erbitterten Rechtsstreitigkeiten, die nicht selten vor Gericht landen. Auch Rachekündigungen oder andere Formen der Missbräuchlichkeit können zu einer Klage führen, wenn die Beweislage es zulässt.»Die neun wichtigsten Fragen zum Kadervertrag Konkurrenzklauseln, Dienstwagen und Bonus-Regeln: Wesentliche arbeitsrechtliche Elemente finden sich in jedem Arbeitsvertrag und somit auch in Managerverträgen. So muss aufgeführt sein, zwischen welchen Parteien der Vertrag abgeschlossen wird, wann das Arbeitsverhältnis beginnt, welche Ferienregeln es gibt und welche Kündigungsfristen gelten. Bei anderen Aspekten unterscheiden sich Kaderarbeitsverträge aber deutlich von normalen Verträgen. Und auch bei den oben genannten Bestandteilen gibt es oft Besonderheiten, die sich nur in Kaderverträgen finden. Den Überblick lesen Sie hier. In Bezug auf Letzteres erhielt der Fall der ehemaligen Insel-Oberärztin Natalie Urwyler medial grosse Aufmerksamkeit. Sie klagte gegen das Berner Inselspital mit der Begründung, dass dieses ihr aus Rache gekündigt hatte. Anlass war eine von Urwyler eingereichte aufsichtsrechtliche Beschwerde, in der sie Diskriminierung als Frau und die Verhinderung ihrer akademischen Karriere geltend machte. Das Regional- sowie im Anschluss auch das bernische Obergericht gaben Urwyler recht. Ein im Gesetz noch nicht abgedeckter Bereich ist derjenige der Alterskündigung: «Im Alter ist es schwierig, eine neue Stelle zu finden. Entsprechend verlangt das Bundesgericht inzwischen, dass Arbeitgeber bei älteren Arbeitnehmenden mit hohem Dienstalter eine gesteigerte Fürsorgepflicht beachten», so Weibel. Das heisst, dass die Arbeitgeberin vorab das Gespräch suchen und die Entlassung vorankündigen muss. Es gilt, andere Lösungen zu finden, mit dem Hauptziel, die Kündigung zu vermeiden. Allerdings hat das Bundesgericht im Fall eines Geschäftsführers mit erheblichen Entscheidkompetenzen und ohne realistischer Alternativbeschäftigung im Unternehmen diese erhöhte Fürsorgepflicht im letzten Jahr abgelehnt. Mist gebaut, Privatvermögen versichert Weibel betont, dass auch CEO am Ende nur Menschen seien. Ihnen werde heutzutage fast zu viel zugemutet. «Bei Problemen haben sie im Unternehmen in der Regel kaum Sparringspartner. Es ist auch für sie nicht immer einfach, eine neue Stelle zu finden.» Ausserdem brauche es viel, bis eine Kündigung effektiv ausgesprochen werde. Normalerweise sei es nämlich Aufgabe und im Sinne der Führungsetage, das Unternehmen erfolgreich weiterzubringen, sodass keine Kündigung nötig wird. Was aber, wenn ein CEO eine Entscheidung trifft und diese verheerende Folgen hat? Für diesen Fall gibt es D&O-Versicherungen. Diese Organhaftpflichtversicherungen (Directors & Officers) schützen Entscheide des Kaders und kommen zum Tragen, wenn sich einer im Nachhinein als Fehlentscheid herausstellt. Logischerweise gilt als Ausgangslage, dass die Entscheidungen zu gegebener Zeit mit bestem Wissen und Gewissen getroffen wurden. Durch den Anstieg neuartiger Risiken wie Pandemie, Klimawandel oder auch der voranschreitenden Digitalisierung mit Gefahren wie Cyberattacken oder ungenügendem Datenschutz erlebten D&O-Versicherungen einen regelrechten Boom. Gleichzeitig zeigte der Fall von Pierin Vincenz auf, dass die Versicherungen Grenzen kennen. Grundsätzlich gilt also: CEO sind nicht besser geschützt als normale Arbeitnehmende. Sie können höchstens ihre Entscheide mittels D&O besser absichern lassen, ansonsten gilt für sie die gleiche rechtliche Grundlage wie für alle anderen. Vorsicht bei einer fristlosen Kündigung Ein Arbeitnehmer könnte eine strafbare Handlung oder eine Pflichtverletzung begangen haben: Was tun bei solch einem Verdacht? Mehr lesen Sie hier.

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Das passiert, wenn die Chefin oder der Chef gehen muss