Rauswurf per Zoom: So viele Firmen kündigen virtuell

Bis vor kurzem war es völlig verpönt, Kündigungsgespräche nicht persönlich durchzuführen. Schriftliche oder virtuelle Kündigungen waren die seltene Ausnahme. Mit der Corona-Pandemie hat sich das aber deutlich verändert. In der jüngsten Vergangenheit wurden in mehr als einem Drittel der Firmen Kündigungen auch virtuell ausgesprochen. Das zeigen Zahlen aus einer neuen Studie zur Kündigungskultur in der Schweiz der Beratungsfirma Von Rundstedt. HZ konnte die Ergebnisse vorab sichten. Trotz den erschwerten Umständen haben fast zwei Drittel der Firmen (63 Prozent) konsequent daran festgehalten, keine virtuellen Kündigungen auszusprechen. Bei 26 Prozent kam es hingegen zu Kündigungen, die virtuell durchgeführt werden. Das heisst, die Mitarbeiter werden zu einem Google-Meet-Call oder Zoom-Anruf gebeten und ihr Vorgesetzter und eine HR-Verantwortliche teilen den Entlassenen die Gründe für den Entscheid mit. Bei 12 Prozent der Unternehmen kam es gar zu einer Art virtueller Kündigungskultur, so die Studie. Sie gaben an, dass sie regelmässig virtuelle Kündigungen aussprechen. Zunahme zu ungünstigem ZeitpunktDie Zunahme der virtuellen Kündigung passierte zum ungünstigsten Zeitpunkt. Seit dem Start der Pandemie ist die Angst um den Arbeitsplatz bei vielen Mitarbeitenden stark gestiegen. So gaben 79 Prozent der befragen Firmen an, dass sie vereinzelt oder sogar flächendeckend eine grössere Unsicherheit bei Mitarbeitenden bezüglich Arbeitsplatzssicherheit gespürt haben. Zudem haben viele Mitarbeitende zu Beginn der Pandemie eine Zeitlang gebraucht, sich an die neuen virtuellen Arbeitsformen zu gewöhnen. Eine Entlassung per Videolink ist daher besonders hart. Eine Kündigung über virtuelle Kanäle stellt Vorgesetzte vor besondere Herausforderungen. Immerhin sind sie dazu angehalten, transparent und wertschätzend zu kommunizieren. Dies ist besonders herausfordernd in einem virtuellen Call. Wenn dann noch Ton- oder Verbindungsprobleme dazukommen, dürfte es unmöglich sein. Zudem sind Mitarbeitende unter stärkerem Druck, wenn sie virtuell entlassen werden. Sie befinden sich entweder zu Hause oder in einem anderen Arbeitsumfeld ausserhalb des Büros und können daher nicht von Arbeitskollegen aufgefangen werden. Die Kündigung als strategische HR-Aufgabe«Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels bekommt die Kündigungskultur eines Unternehmens sogar noch zusätzliche Wichtigkeit, weil soziale Verantwortung für viele Fachkräfte und Talente eine der relevanten Faktoren bei der Auswahl eines Arbeitgebers ist», sagt dazu Von Rundstedt CEO Pascal Scheiwiller. Die Kündigungskultur sei also wichtiger Bestandteil der Arbeitgeberattraktivität und kann daher auch durchaus als strategische HR-Aufgabe betrachtet werden. 950 Führungskräfte beziehungsweise HR-Verantwortliche aus allen Schweizer Sprachregionen gaben Auskunft über ihr Kündigungsverhalten.