Universität St. Gallen: Ist die HSG eine Gründer-Schmiede?

Julian Teicke von Wefox, Valentin Stalf von N26, die Shippo-Chefin Laura Behrens Wu, Raffael Wohlgensinger von Formo – was haben diese vier bekannten Gründer gemeinsam? Sie haben alle im Nordosten der Schweiz studiert, genauer gesagt an der Universität St. Gallen, der HSG. Weshalb bringt die HSG so viele bekannte Startup-Gründerinnen und -Gründer hervor, was macht die Wirtschaftsuni besonders? Und vor allem: Kann man Gründen an der Uni lernen? Sarah Maria Nordt glaubt schon. Die 25-Jährige hat ihre ganze Unilaufbahn in St. Gallen verbracht: Bachelor in Business Administration, Master in Unternehmensführung, nun schreibt sie auch noch ihren PhD am Lehrstuhl für Entrepreneurship. Parallel dazu hat sie selbst gegründet, das Fashiontech Sanoge. Durch ihre Unikurse habe sie sich gut vorbereitet gefühlt aufs Gründerinnendasein, sagt sie. Nordt belegte etwa Kurse zum Thema Innovationsentwicklung, im Kurs Entrepreneurship 1 lernte sie die Basics zu Fundraising und Entrepreneurial Finance. Auf dem Lehrplan in St. Gallen stehen aber auch Kurse wie «Lean Startup», Design Thinking oder ein Einführungskurs, in dem Studierende lernen, wie man ein Pitchdeck baut. Auch ihre jetzige Mitgründerin lernte Nordt über einen Kurs an der Uni kennen. Gemeinsam arbeiteten die beiden ihre Idee für Sanoge in einem Praxisprojekt aus, sechs Credit-Punkte konnten sie sich dafür anrechnen lassen. «Der Praxisbezug ist mega wichtig hier», sagt Nordt.Business Insider Dieser Text wurde zuerst unter dem Titel «Studieren in St. Gallen: So tickt die elitäre Kaderschmiede der Startup-Szene» im «Business Insider Deutschland» publiziert. Das hat auch mit der finanziellen Ausstattung der Uni zu tun. Die HSG hat einen der höchsten Anteile an Drittmitteln in der Schweiz. Das heisst, die Lehrstühle müssen eng mit Firmen zusammenarbeiten, um sich zu finanzieren. So entstehen natürlicherweise praxisnahe Projekte. Die Praxisnähe zeigt sich auch in den berufsbegleitenden Master-Programmen, bei denen die Uni mit Firmen kooperiert. Philipp Schröder etwa, Gründer des hochfinanzierten Energie-Startups 1Komma5, absolvierte 2012 in seiner Zeit als Tesla-Manager ein solches Programm, am Lehrstuhl für erneuerbare Energien. Für ihn eine sehr positive Erfahrung: «Die Uni war eine der ersten, die schon damals sehr konsequent auf das Thema Nachhaltigkeit im Wirtschaftsbereich gesetzt hat, das fand ich bemerkenswert», sagt er zu Gründerszene. «Die konnte ich mir damals nicht leisten» Auch Julius Bachmann hat mal an der HSG studiert. Heute berät er Gründerinnen und Gründer und hat mit JRNY sein eigenes Coaching-Startup gegründet. Er ist überzeugt: Alles, was er an der Uni übers Gründen und über Startups gelernt habe, das habe er eher aus seinem Engagement bei studentischen Initiativen mitgenommen als aus den Unikursen. «Das hat mir auch ein viel besseres Netzwerk gebracht.» Zwar habe es bestimmte Zusatzausbildungen gegeben zum Thema Entrepreneurship. «Die konnte ich mir damals aber nicht leisten», erzählt Bachmann. «Und für manch andere Elite-Programme an der Uni waren meinen Noten dann doch zu schlecht.» Geld ist generell ein Thema in St. Gallen. Wer hier studieren will, muss einiges an finanziellen Rücklagen mitbringen – insbesondere wer keinen Schweizer Pass besitzt. Schweizerinnen und Schweizer bezahlen für ein Bachelor-Semester nämlich 1229 Franken, während ausländische Studierende mehr als doppelt so viel hinblättern müssen: 3129 Franken sind es für Nicht-Schweizer pro Semester. So kommen allein für die Studiengebühren im Bachelor 18’402 Euro zusammen. Das ist zwar immer noch weniger als etwa die deutsche Privatuni WHU verlangt, dort kostet ein Bachelor-Semester 7500 Euro. Dafür sind die Lebenshaltungskosten in der Schweiz deutlich höher als im rheinland-pfälzischen Vallendar, dem Standort der WHU. Keine Frage, das Studium an der HSG ist ein teures Vergnügen – und eigentlich nur machbar für diejenigen, deren Eltern es sich leisten können. Kleiner Ort, enges Netzwerk Nicht nur bei der Höhe der Studiengebühren gibt es einen Unterschied zwischen Schweizern und Nicht-Schweizern, viele von ihnen Deutsche. Sie machen den grössten Teil der internationalen Studierendenschaft aus, insgesamt 20 Prozent. Ausländische Studieninteressierte müssen eine schriftliche Zulassungsprüfung absolvieren, Schweizer können sich hingegen einfach so einschreiben. Das liegt daran, dass die HSG den Anteil an ausländischen Studierenden gedeckelt hat, als bislang einzige Uni in der Schweiz: Nur 25 Prozent dürfen ihren Schulabschluss nicht in der Schweiz gemacht haben. Das ist laut einer Sprecherin der Universität schon seit 1963 so. All diese Unterschiede sorgen dafür, dass es tendenziell eher eine Trennung gibt zwischen Schweizern und Internationalen. So erzählen es ehemalige und aktuelle Studierende gegenüber «Gründerszene». Weil der Ort so klein ist, sei das Netzwerk zwar sehr eng. Doch tendenziell blieben die unterschiedlichen Gruppen eher für sich, auch und gerade die Deutschen. «Positiv formuliert: Die deutsche Community ist sehr stark!», sagt etwa eine HSG-Studentin aus Deutschland. Es gibt studentische Initiativen wie etwa den Ausländerclub, in dem vor allem Deutsche aktiv sind. Der Club ist bekannt für seine skandalträchtigen, dekadenten Partys und hat dadurch nicht den besten Ruf an der Uni. Legendär ist er dadurch allemal geworden. Wichtige Kontakte Ob Schweizer oder Deutsche – bereitet einen ein Studium an der St. Galler Hochschule also darauf vor, ein erfolgreicher Gründer zu werden? JRNY-Gründer Julius Bachmann ist da zumindest skeptisch. «Akademisch gründen zu lernen, ist Quatsch», sagt er. Das Wichtigste seien doch eigentlich die Kontakte, das glaubt auch Gregor Müller, der selbst im Bachelor an der HSG studierte und der im Alter von 23 Jahren die Lernplattform Gostudent mitgründete. «Geht raus und hängt mit den Leuten ab, das ist das Wichtigste!» Das riet Müller auf einem Panel der diesjährigen Start-Konferenz in St. Gallen, die traditionell von Studierenden organisiert wird. Das Prestige der HSG sei ihm persönlich aber nicht so wichtig, sagt er. «Wenn wir neue Leute bei Gostudent einstellen, schauen wir nie darauf, von welcher Uni die kommen.» Auch Gründerin und PhD-Kandidatin Sarah Maria Nordt glaubt, dass vor allem das Netzwerk der HSG wichtig sei: «Beim Fundraising helfen die ganzen Kontakte aus dem Alumni-Netzwerk», sagt sie.

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Was nützt das HSG-Studium, um eine eigene Firma zu gründen?