Wie Sie mit Long Covid am Arbeitsplatz umgehen

Covid, Corona, die Pandemie – alles scheint bereits in weite Ferne gerückt, der Alltag hat wieder Einzug gehalten. Aber nicht für alle. Ein Gespenst geht noch immer um: Long Covid – eine Diagnose mit vielen Facetten. Es gibt keine Marker, die in einer Blutuntersuchung festgestellt werden können, und Betroffene klagen über unterschiedliche Symptome. Die häufigsten – chronische Erschöpfung (Fatigue), Atembeschwerden, starke Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen – sind nicht nur im Privatleben einschränkend, sondern beeinträchtigen auch das Arbeitsleben. Schätzungen zufolge sind 5 bis 10 Prozent aller Menschen, die sich mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert haben, von Langzeitfolgen betroffen. Dabei unterscheidet die Medizin zwar zwischen Long Covid und Post Covid – Fachpersonen sprechen von Long Covid, wenn die Dauer der Symptome ein bis drei Monate beträgt, alles ab zwölf Wochen bezeichnen sie als Post Covid –, doch Long Covid hat sich im Volksmund als Diagnose der Langzeitfolgen eingebürgert. Nicht nur physiologische Symptome im Fokus Das Buch «Long Covid – Hilfe für Betroffene und Angehörige» beantwortet Fragen und gibt Antworten rund um die neue Diagnose. Es ersetzt nicht die Konsultation einer Fachperson. In den ersten Kapiteln folgt eine Übersicht der Symptome und der häufigsten Therapiemöglichkeiten. Dabei wird auch detailliert auf das Thema Prophylaxe und Therapie eingegangen. Denn chronische Krankheiten wie Long Covid bergen aufgrund ihrer Dauer und Unsicherheit ein Risiko für Angst- und Depressionszustände. Einen grossen Teil nimmt der Aspekt ein, wie Betroffene am Arbeitsplatz mit Long Covid umgehen sollen. Bereits für gesunde Menschen kann ein Krankheitsfall verwirrend sein, doch bei einem längeren Ausfall nehmen die Hürden zu. Und im Fall eines noch jungen und grösstenteils unerforschten Krankheitsbilds stellen sich zusätzliche Fragen. Grundsätzlich gilt, dass Arbeitnehmende sich zuerst mit ihrem Vertrag und dessen Bedingungen auseinandersetzen sollten. Darauf aufbauend bietet das Buch verschiedene Theorieblöcke, ergänzt mit Fallbeispielen aus der Praxis, die die Rechtslage veranschaulichen. In der Essenz liefert das Buch fünf zentrale Learnings für den Arbeitsplatz: 1. Die Arbeitgeberin muss nicht alles wissen Was für jeden Krankheitsausfall gilt, gilt auch für Long Covid: Die Arbeitgeberin hat kein Recht, zu erfahren, an welcher Krankheit man leidet. Die Kommunikation der Diagnose ist freiwillig. Die Arbeitgeberin darf aber fragen, mit welchem Ausfallumfang zu rechnen ist und welche Tätigkeiten nicht mehr möglich sind. Das ist notwendig, damit sie die Kontinuität des Geschäfts sicherstellen und wenn nötig eine Stellvertretung organisieren kann. 2. Detailliertes Arztzeugnis verlangen Ein Arztzeugnis muss in den meisten Unternehmen ab dem dritten oder vierten Krankheitstag vorgewiesen werden. Bei einem gebrochenen Arm ist ein solches selbstverständlicher als bei Long Covid. Hier lohnt es sich, das «detaillierte Arztzeugnis» zu bestellen. In einem solchen zeigt die Ärztin genau auf, in welchem Zeit- und Leistungsumfang noch gearbeitet respektive welche Tätigkeiten die betroffene Person nicht mehr durchführen kann. Dafür benötigt die Ärztin vom Patienten detailliertes Wissen in Bezug auf Arbeitsaufgaben und -umgebung. 3. Arzttermine gehören in die Freizeit Während der Arbeitszeit gilt eine Erbringung der Arbeitsleistung. Entsprechend dürfen Long-Covid-Patienten und -Patientinnen ihre Arzttermine nicht auf die Arbeitszeit legen. Liegt beispielsweise ein Arztzeugnis vor, das das Pensum auf 50 Prozent reduziert, so müssen Arzttermine oder Therapien ausserhalb dieser 50 Prozent oder zu Randzeiten stattfinden. Bei Gleitzeiten gilt es, die für die Therapie benötigte Zeit innerhalb des Arbeitstages nachzuholen. Die Autorenschaft des Buches «Long Covid – Wissen und Hilfe zum Thema Long Covid» sind Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Sozialwissenschaften und Recht. Der Ratgeber soll Betroffene und Angehörige mit medizinischem Hintergrundwissen und Erklärungen zu der Rechtslage versorgen sowie mit Übungen und Fallbeispielen aufzeigen, was man selber tun kann, um mit der Situation umzugehen. 4. Gesicherter Lohn bei einem Ausfall Ein Ausfall am Arbeitsplatz heisst nicht automatisch keinen Lohn. Denn auch wenn sie ausfällt, ist die Person nach wie vor auf ein Einkommen angewiesen. Entsprechend gibt es im Schweizer Gesetz einen Teil zu den sogenannten Lohnfortzahlungen. Diese sind unterschiedlich geregelt und hängen von der Arbeitgeberin ab: Ist eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen, übernimmt die Versicherung. Besteht kein solcher Vertrag, muss die Arbeitgeberin für die Lohnfortzahlung aufkommen. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) oder einem Einzelvertrag. Es gilt, sich hier rechtlich abzusichern und bei der Arbeitgeberin nachzufragen. In Bezug auf die Dauer der Lohnfortzahlung ist der Gesetzesartikel ungeschickt formuliert. Er besagt, dass während «einer beschränkten Zeit der darauf entfallene Lohn» auszuzahlen sei. Die Zeit wird jedoch nicht genauer definiert. Einzelne Kantone wie Basel, Bern oder Zürich haben diesbezüglich Skalen entwickelt, an denen sich Arbeitgeberin und -nehmer sowie Gerichte orientieren können. Die Skalen weichen untereinander ab – die Basler und Berner Skala fordern bei einem Ausfall im dritten Dienstjahr für zwei Monate den vollen Lohn, die Zürcher Skala empfiehlt hingegen neun Wochen. Das Gericht nimmt dann meist die Skala zur Hand, die den Arbeitnehmenden zugunsten kommt. 5. Kündigungsschutz bei Krankheit Erfolgt eine Erkrankung und entsprechend der Ausfall für längere Zeit, so ist es der Arbeitgeberin verboten, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Dieser Kündigungsschutz entfällt jedoch nach einer bestimmten Zeit, eine nach Ablauf ausgesprochene Kündigung ist gültig. Der rechtliche Kündigungsschutz orientiert sich dabei an der Anzahl geleisteter Dienstjahre: Im ersten Dienstjahr beträgt er beispielsweise 30 Tage, bei sechsjähriger Dienstzeit erhöht sich dieser Wert auf 180 Tage. Eine freiwillige Kündigung kann jederzeit erfolgen.

Wie Sie mit Long Covid am Arbeitsplatz umgehen

Arbeiten mit der Diagnose «Long Covid»