Das scheinbar Unmögliche wird in der Geldpolitik immer wieder wahr. Galten quantitative Lockerung, Null- oder Negativzinsen vor einiger Zeit noch als reine Hirngespinste, so bestimmen sie heute unsere Wirklichkeit. Man darf vermuten, dass die gegenwärtige Debatte um Helikoptergeld in der gewohnten Bahn verlaufen wird: Heute gilt es als völlig ausgeschlossen und morgen ist es da. Wir sollten es also verstehen, um zu begreifen, was da auf uns zukommt.

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Der Begriff Helikoptergeld wurde im Jahr 1969 von Milton Friedman als Alternative zum Kreditgeld geprägt. In unserem gegenwärtigen Geldsystem schaffen Geschäftsbanken Giralgeld, indem sie Kredite vergeben. Das von Banken erzeugte Geld wird als Zahlungsmittel akzeptiert, weil diese versprechen, es jederzeit auf Verlangen in das von den Zentralbanken als Banknoten emittierte gesetzliche Zahlungsmittel zu tauschen. Giralgeld ist also ein auf gesetzliche Zahlungsmittel ausgestellter, privater Schuldschein.

Zentralbanken mit immer drastischeren Mitteln

Brauchen die Banken Bargeld, wenn jemand den Schuldschein einlösen will, so können sie sich dieses von der Zentralbank leihen, indem sie die zur Schaffung des Giralgelds gegebenen Kredite an die Zentralbank verpfänden. Im Kreditgeldsystem sind also Giralgeld wie auch das gesetzliche Zahlungsmittel durch Kredite gedeckt. Daher sein Name.

Im Kreditgeldsystem kann nur mehr Geld geschaffen werden, wenn Banken mehr Kredite vergeben. Seit der Finanzkrise versuchen Zentralbanken nun mit immer drastischeren Massnahmen, die Kreditvergabe anzustacheln. Da die Banken jedoch sehr risikoscheu geworden sind und das zur Kreditvergabe notwendige Eigenkapital knapp ist, hatten die Bemühungen der Zentralbanken bisher nur mässigen Erfolg. Mit Helikoptergel könnte nun Geld direkt und ohne Kreditvergabe geschaffen und unter die Leute gebracht werden.

Helikoptergeld kann zu einer Vertrauenskrise ins Geld führen

Friedman stellte sich vor, Geldscheine würden aus einem Helikopter geworfen. Realistisch wäre heute eine Verteilung über den Staat oder die Banken. Zum Beispiel könnte die Zentralbank dem Staat selbst geschaffenes Geld leihen, der damit zusätzliche Ausgaben finanzieren würde. Allerdings dürfte die monetäre Staatsfinanzierung mancherorts unpopulär sein. Daher könnte die Zentralbank die Banken auch verpflichten, das gegen Zentralbankgeld geschaffene Giralgeld den Bürgern direkt aufs Konto einzuzahlen. Das wäre dann so, also ob jeder Bürger einen aus dem Helikopter abgeworfenen Tausenddollarschein ergattern würde, wie es sich Friedman vorgestellt hat.

Am Beispiel der direkten Verteilung wird klar, dass Helikoptergeld kein Kreditgeld ist. Dem von der Zentralbank für die Verteilung neu geschaffenen Zentralbankgeld steht kein Kredit gegenüber. Entsprechend schwindet das Eigenkapital der Zentralbank und erscheint auf der Aktivseite ihrer Bilanz, wenn das Helikoptergeldvolumen grösser ist als ihr Eigenkapital. Wird das Helikoptergeld über den Staat verteilt, kann die Zentralbank zwar eine Forderung auf der Aktivseite ihrer Bilanz einbuchen. Aber sie wird keine Rückzahlung verlangen können. Daraus wird deutlich, dass Helikoptergeld seinen Wert nur durch die Erwartung erhält, dass man es gegen andere Dinge eintauschen kann. Helikoptergeld ist nicht durch Kredite, sondern nur durch seine Reputation gedeckt. Man könnte es Reputationsgeld nennen.

Helikoptergeld ist riskant

Reputationsgeld ist nicht neu. Schon Gold erhielt seinen Wert vor allem dadurch, dass es die Reputation hatte, leicht gegen andere Dinge eintauschbar zu sein. Doch entsteht eine gute Geldreputation nur dann, wenn sicher ist, dass der Geldemittent das Geldangebot nicht zu seiner Bereicherung manipulieren kann. Gutes Reputationsgeld ist so gestaltet, dass die Funktion des Geldes als Mittel zum Tausch und zur Wertaufbewahrung optimiert wird.

Die Einführung von Helikoptergeld ist also riskant. Entsteht der Eindruck, dass eine Zentralbank Helikoptergeld verteilt, um ihr Inflationsziel zu schwächen, kann daraus leicht eine Vertrauenskrise ins Geld entstehen. Wer würde schon einem Produkt vertrauen, das der Hersteller so konstruiert hat, dass es seine Funktionsfähigkeit garantiert verlieren wird? Schwindet die Geldreputation, kann dies kurzfristig die Güterzirkulation anregen, da man schlechtes Geld loswerden will. Langfristig schadet es aber, wenn auf Geld kein Verlass mehr ist.

Die Einführung von Helikoptergeld bringt also einen Systemwechsel mit sich, der gut gestaltet sein muss. Geschäftsbanken verlieren ihre Funktion bei der Geldschaffung, die nun allein von der Zentralbank ausgeübt wird. Sie muss allein die Funktion des Geldes als Mittel zum Tausch und zur Wertaufbewahrung optimieren. Inflationsziele höhlen dagegen die gute Reputation des Geldes aus. In einem Reputationsgeldsystem muss Geld knapp und begehrt sein. Als Mittel zur Stimulanz der Güterzirkulation kann gutes Geld nicht taugen.