Das durchschnittliche Aufwand-Ertrag-Verhältnis der Schweizer Banken stieg in den letzten fünf Jahren um etwa 6 Prozentpunkte, während die Eigenkapitalrendite um fast ein Fünftel auf 5,7 Prozent sank. Damit die Situation stabil bleibt, müssen die Banken strukturelle Schwächen sowohl auf der Kosten- als auch der Ertragsseite beheben, die durch Markttrends wie die Digitalisierung zusätzlich verstärkt werden. Das ist das Ergebnis des Schweizer Banking Reports 2017 von Oliver Wyman, in dem mehr als 300 im Schweizer Inlandsgeschäft tätige Banken untersucht wurden. 

 

Alternative Ertragsquellen sind wichtig

Derzeit hängen die Banken beunruhigend stark vom Zinsgeschäft ab. Der Ertragsanteil liegt aktuell bei 55 Prozent, bei kleineren Instituten sogar bei bis zu 80 Prozent. Doch langfristig ist nur noch mit einem Minimalwachstum der Zinserträge von einem Prozent pro Jahr bis 2022 zu rechnen. Hinzu kommt, dass Versicherungen und Pensionskassen in das bisher bankendominierte Hypothekargeschäft drängen. Alternative Ertragsquellen wie das Wealth und Asset Management, das Geschäft mit kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie den Verkauf von Versicherungsprodukten haben Banken bisher noch nicht hinreichend erschlossen, um zusätzliches Wachstum generieren zu können. 

 

Steigende Kosten erzwingen Investitionen

Während im europäischen Bankensektor insgesamt ein Beschäftigungsabbau stattfand, tragen Schweizer Banken hohe Personalkosten durch jährlich um 0,4 Prozent wachsende Beschäftigtenzahlen sowie Personalausgaben, die pro Mitarbeiter jedes Jahr um 1,7 Prozent steigen. Die Kosten wachsen damit deutlich schneller als die Erträge. Investitionen sind notwendig, um den wachsenden strukturellen Kosten entgegenzuwirken. Insbesondere muss in die End-to-End-Automatisierung, die Standardisierung der Kernbetriebsprozesse sowie das Back- und Middle-Office investiert werden.

 

Mut zu unkonventionellen Strategien

Folgende Massnahmen können Schweizer Retailbanken bei einem Strategieschwenk helfen:

  • Weniger Filialen: Bisher leisten sich die Schweizer Banken ein sehr dichtes Filialnetz. In Skandinavien und den Benelux-Ländern beispielsweise bieten Banken nicht einmal mehr halb so viele Filialen pro Einwohner an. Die Zukunft liegt in bargeldlosen Filialen an guter Passantenlage, wo Kunden primär beraten werden.
  • Kooperationen zwischen Retailbanken: Dies umfasst beispielsweise die Nutzung von Shared Services, wie gemeinsame Netzwerke von Geldautomaten, Hypothekarprozessen, Abwicklungsplattformen oder das Teilen von sonstigen Kostenblöcken, die nicht zum Kerngeschäft gehören.

 

Digitale Zugänge und personalisierte Lösungen

Um sich nicht von Nichtbanken und Drittanbietern von den Kunden abkoppeln zu lassen, investieren Retailbanken massiv in die Digitalisierung der Kommunikations- und Interaktionsschnittstellen. Allerdings bergen neue digitale Angebote und Zugangsmöglichkeiten für die Kunden die Gefahr, lediglich die Kosten der Banken zu steigern. Daher ist eine zeitgleiche, grundlegende Transformation des Bankengeschäftsmodells wichtig.

Helfen kann ein digitales „Target Operating Model“. Dieses sollte eigene Omni-Channel-Schnittstellen zur Kundeninteraktion umfassen sowie einen zentralen Datenpool, von dem ausgehend automatisch individuelle Lösungen für Kunden entwickelt werden können. Solche Veränderungen sind ein zunächst mühsamer, kostenintensiver, aber langfristig ertragssteigernder Neuanfang.

Weitere Informationen: www.oliverwyman.ch