Es gibt mittlerweile viele, welche die Sanktionen des Westens gegen Putins Russland für unwirksam halten. Zu ihnen gehöre ich nicht. Es ist richtig, dass der Kriegstreiber aus dem Kreml und seine Entourage aus alten Geheimdienstlern und Apparatschiks hart angefasst werden. Dazu sind auch jene Unternehmer zu zählen, die direkt vom Krieg profitieren oder dem kriegsführenden Staat zudienen. Zu nennen ist Igor Setschin, langjähriger Chef von Rosneft, dem grössten Ölkonzern Russlands, der Putins Kriegskasse jedes Jahr 15 Milliarden Dollar Gewinn zuführt.

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Fragwürdig und wenig zielführend ist es allerdings, wenn Unternehmer auf schwarze Listen gesetzt werden, die vorab wegen ihres Milliardenvermögens als Kriegsverbrecher und Putin-Adlaten abgekanzelt werden. Zu ihnen gehört in meinen Augen Viktor Vekselberg. Vieles deutet darauf hin, dass die USA ihn ins Visier nahmen, weil sie einen prominenten Namen brauchten – bekannt in London, Zürich, Tel Aviv und New York –, um mit ihrer Aktion weltweite Schockwellen auszulösen. Dieses Ziel haben sie erreicht. Allerdings setzen sie sich dem Vorwurf aus, eine Hexenjagd ausgelöst zu haben.

Dass das Vorgehen verhältnismässig oder rechtsstaatlich wäre, kann man kaum behaupten. Zum einen ist Vekselberg nicht der Putin-Freund und Kreml-Intimus, wie ihn die US-Behörden zeichnen. Auch ist er nicht in der Energieproduktion tätig, wie sie in ihrer Strafbegründung behaupten, vielmehr er ist bereits 2013 aus dem russischen Ölgeschäft ausgestiegen. Und mit der Waffenproduktion oder gar mit dem Elend in Kriegsgebieten in Syrien oder in der Ukraine hat er nichts am Hut. Vielmehr hat er, dessen jüdische Familie in der heutigen Ukraine von SS-Soldaten umgebracht wurde, sich weltweit für Aussöhnung und Dialog eingesetzt. Das hat ihm auch in den USA viel Respekt und Auszeichnungen eingetragen.

In meinen Augen ist die Sanktionierung von Oligarchen wie ihn sogar kontraproduktiv. Denn sie spielt Putin direkt in die Hände. Die Westbanken, darunter UBS und Credit Suisse, haben den Investor nach dem Machtwort der Amerikaner subito fallen lassen und ihm die Firmenkredite aufgekündigt, worauf er sich bei zwei russischen Staatsbanken andienen musste. Seither kassieren diesen Banken alljährlich 120 Millionen Franken an Zinsen. Ein Geldsegen, der Putin zweifellos freut.

Erstaunlich ist auch, wie wenig sich die Schweiz für die Causa Vekselberg interessierte. Der Bundesrat erklärte sich für nicht zuständig, und in Gesprächen mit US-Behörden wurde das Thema erst gar nicht angesprochen. Dabei hat Vekselberg mit hunderten Millionen Franken den Industriekonzern Oerlikon - und damit 10’000 Industriearbeitsplätze - vor dem Untergang bewahrt. Nein, es haben sich für ihn andere eingesetzt, darunter der ehemalige Ferrari-Chef Luca di Montezemolo, der ehemalige deutsche Aussenminister Sigmar Gabriel und der Deutsche Gewerkschaftsbund. Der Italiener, weil er Vekselbergs Sanktionierung für falsch hält, Gabriel und die Syndikalisten aus Deutschland, weil sie sich um Arbeitsplätze in Europa (auch in der Schweiz) sorgten. Ihre Lobbyarbeit hat offenkundig gewirkt, denn die EU hat den Russen – im Gegensatz zu den Amerikanern – nie auf eine schwarze Liste gesetzt. 

An der Schweizer Regierung lag es definitiv nicht. Dabei war der Bundesrat früher ungleich standhafter, wie das Beispiel Marc Rich aus den 80er Jahren zeigt. Als die Amerikaner die Auslieferung des Zuger Rohstoffhändlers verlangten, weil sie ihm Steuervergehen vorwarfen, stieg der Bundesrat auf die Barrikaden. Eine Überstellung kam nicht in Frage. Auch die Forderung nach Aktenübergabe schmetterten die Behörden ab. Die Amerikaner schluckten leer und hielten sich fortan zurück. Heute bleibt ganz ein anderer Eindruck: Wenn die Amerikaner Forderungen stellen, kuscht der Bundesrat. Und mit ihm die Banken.