Ob der Hype um ICOs (Initial Coin Offerings), der in den letzten Jahren entstanden ist, nur ein Phänomen war, oder der Beginn einer Revolution, wird sich zeigen. Was aber jetzt bereits klar ist: Es geht um mehr Geld als viele annehmen. Und die Schweiz spielt dabei eine tragende Rolle – beim Thema Blockchain hat sie selbst das kalifornische Silicon Valley überholt. 

430 IOC bringen 4,6 Milliarden Dollar

Das zeigt auch eine neue Studie der Beratungsfirma PwC und der in Zug ansässigen Crypto Valley Assoication: Bis November 2017 gab es weltweit 430 ICOs. 2013 waren es gerade mal zwei. Diese ICOs haben 2017 insgesamt 4,6 Milliarden Dollar eingenommen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Würde man bis Ende des vergangenen Jahres rechnen, wäre die Summe noch höher. Wurden alleine in den letzten zwei Monaten von 2017 nochmals fast eine halbe Milliarde Dollar in Firmen investiert.

Bei einem Initial Coin Offering sammeln Firmen Geld bei Anlegern ein und geben statt Aktien oder Anleihen digitale Anteile (Tokens) aus. Diese werden dann als Kryptowährung an speziellen Börsen gehandelt.

Schweizer ICO bringt 238 Millionen Dollar

Die Schweiz ist bei diesen ICOs ganz vorne mit dabei: Der zweitgrösste ICO 2017 stammt von Tezos, einer Blockchain-Plattform. Tezos wurde von zwei Amerikanern gegründet und hat ihren ICO über eine Schweizer Stiftung durchgeführt. Dabei ist der Firmensitz in Delaware in den USA, der Stiftungssitz in Zug. Sie haben mit ihren «Coins» einen Rekordbetrag von 238 Millionen Dollar eingenommen. Das Fintech Bancor, auf der Top15-Liste auf Platz 4, hat 156 Millionen Dollar bei seinem ICO eingenommen. Dabei hat Bancor den ICO über die Plattform Bitcoin Suisse abgewickelt. 

Mit der Studie werden erstmals die Beträge fassbar, die in diese Firmen fliessen. «Dieser Bericht hat für jeden etwas zu bieten, von Führungskräften über Jungunternehmer bis hin zu passiven, aber interessierten Beobachtern», sagte der Präsident der «Crypto Valley Association», Oliver Bussmann.

Von den USA in die Schweiz

Der Bericht von PwC und der Interessengemeinschaft aus dem «Crypto Valley» zeigt aber noch andere Trends. Die Mehrheit der Macher hinter den Firmen, die ein ICO offerieren, stammen aus den USA. Doch wegen den regulatorischen Unsicherheiten haben diese Anbieter ihre Heimat Richtung Übersee verlassen. Und sind in Zug gelandet. Der prominenteste Zuzug bis dato war Vitalik Buterin, Gründer und Kopf des Weltcomputer-Projekts Ethereum. Er ist nun aber weiter nach Singapur gezogen. Ethereum selbst ist weiterhin in Zug domiziliert.

Zug hat sich zur Brutstätte von Blockchain-Unternehmen entwickelt, wie die erfolgreiche Lancierung von ICOs aus der Schweiz zeigt. Diese Entwicklungen sei durch den schweizerischen Rechtsrahmen unterstützt worden, geht aus der Studie hervor. Dieser spielt bis heute eine aktive Rolle bei der Unterstützung von Unternehmen, die mit Blockchain-Technologien arbeiten. Das Steuersystem der Schweiz ist auch für Fintechs «sehr attraktiv», schreiben die Autoren der Studie. Viele davon sind in der Blockchain-Startup-Community tätig.

Die Studie von PWC und Crypto Valley Association zeigt die 15 erfolgreichsten ICO's von 2017 auf.

Wie lange bleibt die Schweiz für ICO's und Blockchain-Firmen interessant?

Die Schweizer Regierung nimmt Kryptowährungen unter die Lupe: Eine Arbeitsgruppe prüft die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Blockchain-Technologie, auf der diese virtuellen Währungen basieren. Besonderes Augenmerk soll auf die ICOs gerichtet werden, wie das beim Finanzministerium angesiedelte Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) mitteilte. 

«Die Beobachtung der Entwicklung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Mainstream der ICOs. Wir müssen genau hinschauen, was passiert, damit die Regulierungen die Branche fördert und nicht behindert. Firmen, die ICOs lancieren, sind in die Schweiz gekommen, um hier zu bleiben», sagt Bussmann

Telegram möchte 1, 2 Milliarden Dollar einsammeln

Obwohl in der Schweiz eine steigende Besorgnis vor Regulierungen zu beobachten ist und die Preise für digitale «Tokens» gesunken sind, ist das Thema ICOs nicht vom Tisch. 

Der mit Verschlüsselung operierende Nachrichtendienst und Whatsapp-Konkurrent Telegram plant das bislang grösste «Coin»-Angebot: Das ursprünglich aus Russland stammende Unternehmen hinter dem Messenger-Dienst mit über 150 Millionen Usern möchte 1,2 Milliarden Dollar in einem Verkauf sammeln, wie das amerikanische Startup-Portal TechCrunch berichtet.

Das Portal hatte Einsicht in das White Paper von Telegram. Dort steht, dass der Messaging-Dienst eine eigene Blockchain-Plattform, das Telegram Open Network (TON), samt eigener Kryptowährung lancieren möchte. 

Mit dieser Summe hätte eine neue Art von Zahlungssystem via Kryptowährungen eine Chance, sich breiter zu etablieren.