Herr Baschera, erinnern Sie sich an das erste Mal Elektroauto laden?
Reto Baschera: Ja, das war vor etwa vier oder fünf Jahren. Mein Trauzeuge war der erste in meinem Umfeld, der ein Elektroauto fuhr, einen Tesla S. Er hat eine Wallbox und zeigte mir dort, wie es funktioniert. Das war etwa so einfach wie ein Smartphone laden.
Trotzdem assoziieren viele das Laden mit «kompliziert» – vor allem bei öffentlichen Ladestationen.
Ja, es gibt Berührungsängste bei jenen, die es noch nie gemacht haben. Sie haben die Erfahrung nicht und stellen sich alles extrem kompliziert vor. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass es in den Anfängen technologisch noch instabil war. Aber es hat sich massiv entwickelt und ist viel einfacher und benutzerfreundlicher geworden. Der grosse Teil der Ladesessions geht problemlos über die Bühne. Und das System wird immer noch einfacher werden.
Im Interview spricht Reto Baschera über die Strategie seiner Firma im Bereich Elektromobilität und Ladeinfrastruktur.
Wie können Sie als Anbieter helfen, diese Hemmschwelle weiter sinken zu lassen?
Indem wir den Elektrofahrerinnen und -fahrern den Zugang zum Laden so einfach wie möglich machen. Die Kunden wollen wissen, wo verfügbare Stationen sind. Was das Laden kostet. Und wie es funktioniert. Das alles geht sehr einfach mit der Swisscharge-App. Weiter sorgen wir natürlich auch dafür, dass die Ladestationen stabil sind und funktionieren. Wir investieren sehr viel, damit es für die User so einfach und transparent wie möglich ist. Wir wollen, dass sich die Kundinnen und Kunden nach dem Umstieg aufs E-Auto auch wirklich gut aufgehoben fühlen.
Manchen dauert das Laden noch zu lange. Wann wird es gleich schnell gehen wie das Tanken?
Ich bin nicht sicher, ob das Laden je gleich sein wird wie das Tanken. Warum? Laden ist nicht Tanken. Laden passiert in viel kürzeren Zyklen, man steckt viel öfter unterwegs kurz für eine Viertelstunde ein, als dass man nur noch 5 Prozent Strom hat und vollladen muss. Das kommt vielleicht höchstens mal auf einer Ferienfahrt vor. Man kann aber auch sagen, dass man mit den neusten Elektromodellen und ihrer 800-Volt-Technologie, in nur etwa 15 Minuten 300 Kilometer aufladen kann. Das ist keine Wahnsinnsdauer – und nach 300 Kilometern will ich auch mal auf die Toilette oder einen Kaffee trinken. Wichtig ist aber beim Thema Laden, dass es verschiedene Ladeszenarien gibt, die sich unserem Alltagsverhalten anpassen. Deshalb kommen an verschiedenen Standorten auch unterschiedliche Ladestationen zum Einsatz.
Ladelösungen für jeden Bedarf
Die passende Ladestation für jeden Standort: Jeder vierte Schweizer Neuwagen fährt elektrisch. In zehn Jahren werden es über 90 Prozent sein. Wer vorausdenkt, setzt jetzt auf die flexiblen Lösungen von Energie 360°. Gemeinsam bilden Energie 360°, Gofast und Swisscharge eine schweizweit einzigartige Mobilitätsgruppe. Die Gruppe deckt eine breite Palette entlang der gesamten Wertschöpfungskette der nachhaltigen Mobilität ab – von der Beratung bis hin zu skalierbaren Ladelösungen für Standorte aller Art. Sie berät und plant, installiert und betreibt im Anschluss die Ladestationen.
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Können Sie das erläutern?
Es gibt im Grunde drei Ladeszenarien. Wir gehen davon aus, dass etwa drei Viertel das sogenannte Langsamladen betreffen, das ist zum Beispiel zu Hause oder am Arbeitsort an der Wallbox. Das restliche Viertel teilt sich noch einmal auf in die Hälfte schnelles Laden, das geschieht an Autobahnraststätten und an den Gofast-Stationen bei Aldi oder McDonalds, mit denen wir Partnerschaften eingegangen sind. Und dann gibt es noch die andere Hälfte bei Einkaufszentren, in diesem Bereich haben wir eine Partnerschaft mit Coop abgeschlossen. Dort lädt man das Auto während eines grösseren Einkaufs, also in etwa ein bis anderthalb Stunden. Das sind die drei Hauptszenarien beim Laden.
Wie kommen nun Sie als Unternehmen ins Spiel?
Indem wir innerhalb dieser drei genannten Bedarfsgruppen die entsprechenden Partner aussuchen und zusammen mit ihnen die Ladeinfrastruktur entwickeln und auch laufend verbessern. Unsere Vision ist es, die E-Mobilität für die Schweiz zur beliebtesten Form der Mobilität zu machen neben Velo und öffentlichem Verkehr, mit den drei Elementen Energie 360°, Swisscharge und Gofast. Mit Energie 360° bauen wir hauptsächlich private Ladestationen in Liegenschaften aber auch Ladestationen im erwähnten Bereich des Destination Charging, also etwa bei Einkaufszentren. Mit Gofast decken wir die Schnellladestationen ab. Und mit Swisscharge haben wir zum einen das grösste Schweizer Ladenetz für E-Auto-Fahrende und zum anderen unterstützen wir auch andere Ladestationsbetriebe, indem wir für sie zum Beispiel das Handling mit Kundenerkennung und Abrechnen abwickeln. Wir decken die Welt der Elektromobilität in allen Bedürfnisvariationen ab.
Was ist Ihre Strategie?
Wir sind mit unserer Energie 360° Mobilitätsgruppe der führende unabhängige Ladeanbieter der Schweiz. Aktuell nutzen hierzulande bereits etwa 200’000 Elektroautofahrerinnen und -fahrer unsere Ladekarten oder Lade-App, damit sind wir mit rund 70 Prozent Marktanteil die Nummer eins. Ähnliches gilt mit Gofast für den Bereich Schnellladen. Wir werden vermehrt als Gruppe auftreten und die gemeinsame Stärke unserer Teilbereiche ausspielen. So übernehmen wir technisch eine führende Rolle – damit das Laden für unsere Kundinnen und Kunden noch einfacher, transparenter und praktischer wird. Wir wollen die Elektromobilität in der Schweiz aber auch als Ganzes voranbringen, damit wir den Wandel zu weniger CO2-Emissionen im Verkehr gemeinsam schaffen.
Für Reto Baschera ist klar, dass sich das Laden anders in unserem Alltag etablieren wird, als es das Tanken bisher tat.
Herausforderungen gibt es politischer Art. So haben zum Beispiel viele Mietenden keinen Zugang zu einer privaten Ladestation.
In unserer Rolle als führende Mobilitätsgruppe sind wir auch auf der politischen Seite aktiv. So unterstützen wir zum Beispiel das Recht auf Laden zuhause und positionieren uns dort klar. Die meisten Menschen leben hierzulande in Mietwohnungen, und es wird entscheidend sein, dass jede und jeder dort laden kann, wo er wohnt. Diese Hürde müssen wir nehmen. Wir gehen in diesem Bereich Partnerschaften mit führenden Immobilienbesitzern ein, die schweizweit tätig sind. Wir unterstützen aber auch Industrie- und Unternehmenskunden, damit sie ihren Arbeitnehmenden die Möglichkeit zum E-Laden geben, denn wir denken beim einfachen Zugang zum Laden auch an die Arbeitswelt. Denn der Punkt ist: Wo sind viele Fahrzeuge tagsüber? Am Arbeitsort. Ergo braucht es auch dort die entsprechende Ladeinfrastruktur.
Zuletzt gabs für die Elektromobilität hierzulande einen Dämpfer, das Wachstum verlangsamte sich. Was denken Sie, wie es weiter geht?
Wir glauben, dass sich die Branche nach der Baisse 2024 im laufenden Jahr wieder erholt. Wir sehen im ersten Quartal eine positive Entwicklung. Für die Zukunft gehen wir davon aus, dass sich der Markt in einer gewissen S-Kurve entwickelt. Das sehen wir auch in anderen Märkten, etwa in Norwegen und Schweden. Das entscheidende Datum ist dasjenige des Verbrenner-Aus aufgrund der CO2-Grenzwerte. Das ist momentan gesetzt für 2035. Wenn es dabei bleibt, gehen wir davon aus, dass es im Jahr 2027 richtig anfängt, anzuziehen. Im Jahr 2031, 2032 dürften wir in Richtung über 90 Prozent Elektroanteil gehen, bevor dann in den restlichen Jahren eher langsam noch die letzten 10 Prozent folgen.
Kommen wir zurück zu Ihrer privaten Ladesituation. Wie gings nach Ihrem ersten E-Laden vor fünf Jahren weiter?
Ich bin erst vor kurzem aufs Elektroauto umgestiegen, aufgrund des beruflichen Wechsels in diese Branche. Aber mir geht es so wie vielen, die es gewagt haben: Wer mal Elektro gefahren ist, ist Fan – und will nicht mehr zurück!