Anstehende Berichtssaison: Das sollten Anlegende wissen

Am Dienstag, 11. Oktober, hat Pepsico als erstes Unternehmen in den USA die Öffentlichkeit informiert, wie gut die Geschäfte laufen. Damit ist die Berichtssaison eingeläutet. Nicht nur in den USA, sondern auch in der Schweiz veröffentlichen die Firmen ihre Resultate zum abgelaufenen dritten Quartal. Nestlé etwa am 19. Oktober, die Credit Suisse am 27. Oktober. Kaum je lagen die Gewinnschätzungen der einzelnen Finanzanalysten und Finanzanalystinnen so weit auseinander wie in diesen Wochen. Deshalb könnte sich diese Berichtssaison als richtungsweisender Prüfstein für die Börsenentwicklung der nächsten Monate erweisen. Der Durchschnitt der Analysten und Analystinnen sieht die Unternehmenszahlen optimistisch. Insgesamt wird ein Gewinnwachstum von 3,1 Prozent vorausgesagt, für die 500 Firmen im US-Aktienindex S&P-500. Das Wachstum wird im Vergleich zum Vorjahresquartal berechnet. Ebenfalls noch zu den eher optimistischen Institutionen gehören die Expertinnen und Experten der Bank of America. Sie prognostizieren, dass die Firmen im US-Aktienindex S&P-500 die Quartalsgewinne um 2 Prozent steigern könnten. Auf der anderen Seite stehen pessimistische Schätzungen wie diejenige des Finanzunternehmens Yardeni Research. Es prognostiziert einen Gewinnrückgang der S&P-Firmen von 5,4 Prozent, also viel schlechter als der Konsens und die Bank of America. Sollte sich diese pessimistische Sichtweise als richtig herausstellen, dürfte das für einen ordentlichen Rücksetzer an den Börsen sorgen. Was folgt auf das gute zweite Quartal? Die meisten Analystinnen und Analysten gehen davon aus, dass die aktuellen Probleme, insbesondere die Inflation und die negativeren Konjunkturbedingungen, sich bisher nur in geringem Umfang auf die Resultate der Unternehmen ausgewirkt haben. Das heisst, dies wird sich erst in späteren Quartalen bemerkbar machen. Viele Privatanlegende scheinen von diesen Aussichten wenig beunruhigt und lassen ihr Portfolio so, wie es ist. Auch weil sich manche daran erinnern, dass die Unternehmensgewinne im zweiten Quartal auch grösser ausgefallen sind, als die Märkte erwartet hatten. Deswegen startete damals noch in der sommerlichen Berichtssaison eine veritable Börsenrally – trotz Inflation, trotz Krieg und trotz sich verschlechterndem Wirtschaftsumfeld. Der Gedankengang vieler Privatanlegenden könnte also etwa so sein: Wenn es den Unternehmen im vergangenen Quartal gelungen ist, die Gewinnerwartungen zu übertreffen, warum sollte das nicht wieder möglich sein? Geschicktes Erwartungsmanagement Diese Hoffnung hat etwas für sich. Denn grosse Unternehmen sind sehr geschickt darin, die Gewinnerwartungen zu steuern. Daher ist es der Normalfall, dass die S&P-500-Firmen mehr verdienen als prognostiziert. In den USA übertreffen die Unternehmensgewinne die Erwartungen im Schnitt um 2,7 Prozent, wie Daten der Bank of America zeigen. Das Erwartungsmanagement besteht zu einem grossen Teil darin, die Gewinnhoffnungen des Marktes im Vorfeld der Zahlenpräsentation zu dämpfen, um dann strahlend bessere Resultate verkünden zu können. Manche Anlageprofis haben aufgrund dieser Praktik eine zynische Haltung entwickelt, sodass sie sogar die Rekordzahl von Gewinnwarnungen im August und September als blossen Teil des Erwartungsmanagements ansehen. Im Zuge dieser Gewinnwarnungen haben die grossen Investmentbanken in den vergangenen Monaten ihre Gewinnprognosen für das dritte Quartal denn auch nach unten korrigiert. So haben sich die Gewinnschätzungen für die S&P-500-Firmen seit Juli um 7 Prozent verringert. Es ist also nicht ganz unwahrscheinlich, dass die Unternehmen tatsächlich besser abschneiden als prognostiziert. Tage der Wahrheit Die anstehende Berichtssaison gibt Auskunft darüber, ob die Unternehmen bereits von den Negativwirkungen der Inflation und der sich verlangsamenden Konjunktur betroffen sind. Und auch wenn die meisten Analysten, Analystinnen und Institutionen davon ausgehen, dass dieses Quartal noch passable Resultate verzeichnet werden, gibt es auch einige sehr pessimistische Schätzungen. Sollten diese recht behalten, dürften den Börsen einige unruhige Tage bevorstehen. Aber auch wenn die Zahlen passabel sind, besteht kein Anlass zur Entwarnung. Denn so gross die Meinungsverschiedenheit unter den Analysten und Analystinnen für das dritte Quartal 2022 ist, so klein ist sie, was die weiteren Quartale anbelangt. Die kommenden Quartale werden – so die einhellige Meinung – eindeutig negativ ausfallen. Anlegende müssen deswegen mindestens so sehr auf die Gewinnaussichten achten, welche die Unternehmen präsentieren, wie auf die Quartalsresultate. Was heisst das für Privatanlegende? Zusammengefasst: Es ist möglich, dass die Berichtssaison für tiefere Börsenkurse sorgt, weil die Unternehmensresultate weit unter den Prognosen liegen. Auch wenn dies nicht der Fall ist, könnten die Gewinnaussichten, welche die Unternehmen präsentieren, für ein tieferes Börsenniveau sorgen. Und selbst wenn beides nicht eintritt, besteht eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit, dass die Unternehmen in den zukünftigen Quartalen hinter den eigenen Zielen oder den Prognosen der Analystinnen und Analysten zurückbleiben und die Börsen darum schwächeln. Privatanlegende haben also allen Grund, sich weiterhin vorsichtig zu positionieren – beispielsweise indem sie allenfalls die riskanten Anlagen im Portfolio verringern, also etwa den Aktienanteil im Depot reduzieren.

Anstehende Berichtssaison: Das sollten Anlegende wissen

Darum sind die jetzigen Firmenzahlen entscheidend